Rote Jägerin - Wells, J: Rote Jägerin - Red-Headed Stepchild
von Magiern gesagt?«
Ich schüttelte verwirrt den Kopf. Worauf wollte er hinaus?
Clovis holte einen braunen Umschlag aus einer Schublade. Er legte ihn vor sich auf den Schreibtisch und sah
mich ernst an. »Uns liegen mehrere Berichte vor, denen zufolge einige Magier spurlos verschwunden sind – Freunde unserer Mitglieder und andere. Ich habe meine Leute ausgesandt, damit sie sich umhören. Ich wollte meine Hilfe anbieten. Und was wir erfahren mussten, ist schockierend.«
Ich verstand nicht im Geringsten, was die Magier mit der Weinproduktion der Dominae zu tun hatten, und wartete auf eine Erklärung.
»Ich habe eine Frage, Sabina«, fuhr Clovis fort. »Du weißt doch sicher, was passiert, wenn ein Vampir das Blut eines Magiers in sich aufnimmt?«
Ich setzte mich mit einem Ruck auf, da ich auf einmal verstand, worauf er hinauswollte. »Der Vamp absorbiert einen Teil der magischen Kraft«, antwortete ich langsam. »Wollt Ihr damit andeuten, dass die Dominae diese verschwundenen Magier entführt haben?«
»Ich will nichts mehr andeuten. Die Dominae kidnappen die Magier tatsächlich und ernten dann ihr Blut.«
Das kann nicht sein, dachte ich. Jedes Kind wusste, dass der Rat der Hekate den Vampiren auf der Stelle den Krieg erklären würde, wenn er von einem solchen Verbrechen erführe. Der Jahrhunderte alte Waffenstillstand zwischen den Geschlechtern wäre damit hinfällig, und wir würden in eine neue kriegerische Auseinandersetzung gerissen werden.
»Aber …«, fing ich an. »Warum sollten die Dominae die Magier so gegen sich aufbringen wollen? Das kann ich mir nicht vorstellen.«
»Ganz einfach. Es geht ihnen um Macht. Den Dominae ist klargeworden, dass sie immer weniger Kontrolle über die Vampirgemeinschaft haben. Ist dir eigentlich klar, dass
ich während der vergangenen sechs Monate Hunderte von Vampiren für meine Sache gewonnen habe?«
Ich wusste, dass das stimmte. Hatten mich die Dominae nicht genau deshalb zu ihm geschickt? Wollten sie nicht, dass ich ihn umbrachte, weil er ihnen zu gefährlich und mächtig geworden war?
»Aber warum wollen sie dann die Magier gegen sich aufbringen? Sie müssen doch wissen, dass so etwas nur zu einem Krieg führen kann.«
Clovis verschränkte die Arme und sah mich eindringlich an. »Welche bessere Methode gibt es, als einen gemeinsamen Feind zu bekämpfen, wenn man die ganze Bevölkerung wieder hinter sich vereinen will?«
Er hatte Recht. Ich konnte es zwar noch immer nicht glauben, aber die Logik seiner Überlegungen ließ sich nicht leugnen.
»Denk doch einmal nach, Sabina«, fuhr er fort. »Wenn die Dominae es schaffen würden, ihre Vampir-Armee mit magischem Blut zu versorgen, wird sie so gut wie unbesiegbar sein.«
Mir wurden die Knie weich. Wann immer es in den Jahrhunderten zuvor zu einem Krieg zwischen Vampiren und Magiern gekommen war, hatten stets die Magier die größere Macht besessen. Ein Vampir musste seinem Feind sehr nahe kommen, um ihn angreifen zu können, denn seine Reißzähne mussten die Halsschlagader erreichen. Die Magier hingegen waren in der Lage, ihre Zauberkraft über Meilen hinweg einzusetzen. Wenn ein Vamp nun auf einmal die Macht eines Magiers besäße – und darüber hinaus seine angeborene bessere Kampftechnik – könnte das die totale Auslöschung aller Magier bedeuten.
Das ließ meine Mission auf einmal in einem völlig
neuen Licht erscheinen. Wenn mich die Dominae beauftragten, Clovis zu töten, angeblich um einen Krieg zu verhindern, warum hielten sie es dann für nötig, eine geheime Waffe in der Hinterhand zu haben? Das konnte nur bedeuten, dass sie selbst aktiv werden wollten. Falls der Rat der Hekate herausfand, dass die Dominae hinter dem Verschwinden der Magier steckten, würde er sich dazu gezwungen sehen, ihnen den Krieg zu erklären. Hätte ich es nicht besser gewusst, wäre ich fast auf die Idee gekommen, dass die Dominae mit voller Absicht einen Krieg heraufbeschwörten. Aber warum?
Halt, dachte ich, vergiss nicht, dass Clovis ein notorischer Lügner ist. Die Dominae würden so etwas Gefährliches niemals tun. Und selbst wenn – was ging es mich an?
»Also gut. Wenn Eure Behauptung tatsächlich stimmt, dann weiß ich noch immer nicht, was das mit mir zu tun hat. Ich bin Vampir.«
»Du bist nur zur Hälfte Vampir, Sabina. Vergiss das nicht. Würde es dich denn gar nicht quälen, dass deine eigenen Leute ausgelöscht werden?«
»Da ich kein einziges Mitglied meiner Magier-Familie jemals kennengelernt habe
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