Rote Jägerin - Wells, J: Rote Jägerin - Red-Headed Stepchild
Vampir, der einen Karren vor sich herschob, lief direkt auf die Tür zu. Auf dem Karren befand sich ein Defibrillator und mehrere Beutel mit Blut. Nicht gerade die typische Ausrüstung für die Weinherstellung, dachte ich.
»Okay«, flüsterte ich. »Ich stelle ihn kalt, ziehe seine Uniform an und gehe dann hinein.« Ich wollte gerade los, als mich eine Katzenpfote am Hosenbein festhielt.
»Nein, Dummerchen. Ich laufe einfach zum Wagen und springe hinauf. Er wird mich gar nicht sehen. Wenn ich drinnen bin, schaue ich mich um. Okay?«
»Und wie willst du wieder rauskommen?«, wollte ich wissen.
»Natürlich mit Hilfe meines Katzengenies.« Er schoss davon, ehe ich ihn aufhalten konnte.
Eine Sekunde lang sah ich ein schwarzrotes Etwas durch den Raum schießen, und schon in der nächsten verschwand sein rattenartiger Schwanz zwischen zwei Kisten, ganz unten auf dem Karren. Der Vampir, der seinen blinden Passagier nicht bemerkt hatte, schob seine Codekarte in das Lesegerät. Die Doppeltür öffnete sich mit einem zischenden Geräusch, und Giguhl wurde ins Innere des geheimnisvollen Raums gefahren.
Ich wartete einige Sekunden, ob Alarm geschlagen werden würde, da ich befürchtete, dass irgendwelche Überwachungskameras den Dämonenkater beim Herunterspringen bemerken könnten. Als nichts passierte, setzte ich mich auf den Boden. Schon bald begann ich jedoch unruhig zu werden – und das nicht nur wegen des harten Betons unter meinem Hintern. In Gedanken durchlief ich zahllose Katastrophenszenarios, und die Zeit schien stillzustehen.
Als ich wieder Schritte hörte, sprang ich auf. Ich blickte vorsichtig hinter dem Palettenstapel hervor und entdeckte eine weitere Mitarbeiterin. Diesmal handelte es sich um eine rotblonde Vampirin, die einen großen Korb Wäsche vor sich herschob. Mir blieb keine Zeit mehr,
lange nachzudenken, da sie sehr schnell näher kam. Also schlich ich hinter den Palettenstapel und rannte dann an einigen leeren Eichenfässern entlang, um schließlich direkt hinter ihr aufzutauchen – und zwar an einer Stelle, wo mich die Sicherheitskamera nicht erfassen konnte.
»Entschuldigen Sie«, sagte ich. Sie drehte sich erschrocken herum. Als sie mich sah, wurden ihre Augen schmal und misstrauisch.
»Dieser Bereich ist nur für Mitarbeiter, Madam«, erklärte sie scharf.
Ich machte einen Schritt auf sie zu. »Ich habe nur die Toilette gesucht.«
Sie musterte mich argwöhnisch von Kopf bis Fuß, doch ich ließ ihr keine Zeit zum Nachdenken. Ehe sie etwas erwidern konnte, stürzte ich mich auf sie. Da ich meine Pistole im Auto gelassen hatte, benutzte ich die einzige Waffe, die mir zur Verfügung stand – meine Fäuste. Ein schneller Kinnhaken mit der Rechten ließ sie rückwärts taumeln. Ich griff nach ihr, ehe sie umfallen konnte. Dann drehte ich sie mit dem Rücken zu mir und presste ihr meine Hand auf den Mund.
»Ich will Sie nicht töten. Aber wenn Sie mich dazu zwingen, werde ich nicht zögern«, flüsterte ich ihr ins Ohr. »Haben wir uns verstanden?«
Sie nickte, spannte jedoch gleichzeitig die Muskeln an, um zu schreien. »Wenn ich es mir allerdings recht überlege …«, sagte ich – und brach ihr den Hals. Für einen Vamp stellte das keine tödliche Verletzung dar, aber diese Vampirin war noch jung und würde zumindest einige Zeit bewusstlos bleiben. Außerdem bräuchte sie später erst einmal eine gehörige Portion Blut, um wieder auf die Beine zu kommen.
Nachdem ich ihr die Zugangskarte abgenommen hatte, die an ihrer Bluse festgeklemmt war, versteckte ich ihren bewusstlosen Körper auf dem Wagen unter der Wäsche. Jetzt konnte ich nur noch hoffen, dass zu dem Sicherheitssystem nicht so etwas Schickes wie ein Fingerabdruck-Scanner gehörte. Langsam schob ich den Wäschewagen auf die Doppeltür zu.
Ich zog die Karte durch das Lesegerät. Ein leises Surren ertönte und ein rotes Lämpchen begann zu blinken. Mein Blutdruck stieg rapide an. Ich betrachtete die Karte und stellte fest, dass ich sie falsch herum hineingeschoben hatte. Mich innerlich für meine Nervosität verfluchend drehte ich sie um und zog sie noch einmal durch. Diesmal öffnete sich die Tür mit zischendem Geräusch.
Der hell erleuchtete Raum, der mich erwartete, sah eher aus wie ein OP-Saal als wie eine Weinkellerei. Der kurze Korridor war mit weißem Linoleum ausgelegt. Ich ging mit dem Wäschewagen weiter. Eines der Rädchen quietschte unangenehm und, so schien es mir zumindest, laut wie eine Sirene. Am Ende des
Weitere Kostenlose Bücher