Rote Jägerin - Wells, J: Rote Jägerin - Red-Headed Stepchild
nichts zu hören.
»Willst du ihn fragen, wie man mich wieder zurückschicken kann?«, flüsterte Giguhl.
»Noch nicht«, sagte ich. Sein kleiner Körper wurde vor Enttäuschung ganz schlaff. Ich seufzte. »Jetzt hör mir mal zu. Wenn du jetzt mitspielst und ein braver kleiner Kater bist, dann verspreche ich dir, dass ich ihn bald fragen werde. Ehrlich.«
»Okay.« Er klang ziemlich niedergeschlagen, fügte sich aber seinem Schicksal.
Ich verdrängte mein schlechtes Gewissen und klopfte erneut an die Tür. Warum war Adam nicht da, wenn er wusste, dass ich jeden Augenblick eintreffen sollte?
Da mir keine andere Wahl blieb – zumindest kam es mir so vor -, beschloss ich, trotzdem einzutreten. Giguhl protestierte zwar, aber ich zischte ihm zu, die Klappe zu halten, während ich sein nacktes Skelett unter meinen linken Arm klemmte. Dann drehte ich am Türknauf und
drückte gleichzeitig heftig mit der rechten Schulter gegen das Holz. Die Tür ging auf. Ich schaute nach rechts und links, um sicherzustellen, dass mich niemand bei meinem Einbruch beobachtete, und glitt dann lautlos ins Zimmer.
Drinnen schob ich die Tür wieder zu, so dass sie den zersplitterten Holzrahmen verdeckte. Von außen würde man zumindest nichts erkennen. Ich drehte mich um und hielt abrupt inne.
Vor mir stand ein nasser, finster dreinblickender Magier, der nichts weiter als ein weißes Handtuch um seine Hüften geschlungen hatte. Giguhl entwand sich endgültig meinem Griff, sprang auf den Boden und verschwand unter dem Bett.
»Was zum Teufel soll das?«, fuhr mich Adam an. Während er mit einer Hand sein Handtuch festhielt, zerrte er mich mit der anderen weiter ins Zimmer hinein. »Und was bitte schön war das da?« Er zeigte unter sein Bett.
»Äh … Sorry«, murmelte ich. »Du hast mein Klopfen nicht gehört, und da dachte ich, dass du vielleicht nicht da oder verletzt bist oder so. Und das da«, fügte ich hinzu und zeigte ebenfalls unter das Bett, »das ist mein Kater.« Ich war noch nicht bereit, ihm den Dämon vorzustellen, den er mir auf den Hals gehetzt hatte.
»Also, erstens war das kein Kater. Das sah eher aus wie ein nacktes Wiesel oder so.« Er betrachtete die kaputte Tür. »Und zweitens: Ist dir nicht der Gedanke gekommen, mich zuerst noch einmal auf dem Handy anzurufen, ehe du dir hier einfach gewaltsam Zugang verschaffst?«
Ich antwortete nicht. Ich war nämlich viel zu sehr von dem Anblick abgelenkt, den er bot – sein feuchter, durchtrainierter Oberkörper und die sandblonden Härchen, die sich über seine Brust Richtung Süden zogen, um dann
unter dem Handtuch zu verschwinden. Knapp über dem Frotteestoff entdeckte ich eine kleine Tätowierung, die aussah wie ein dreizackiges Labyrinth in einem Kreis. Ich kannte das Symbol nicht, aber die Stelle genau über seinem Glücksdrachen war … Nun ja, sagen wir mal faszinierend. Zum ersten Mal fiel mir auf, dass Adam wirklich ein verdammt attraktives Exemplar der Magierspezies darstellte.
Er verschränkte die Arme und lenkte meine Aufmerksamkeit wieder auf den Bereich oberhalb seiner Taille. Als ich merkte, dass er offenbar noch immer wütend war, versuchte ich mich auf das Wesentliche zu konzentrieren. »Als du mein Klopfen nicht gehört hast, habe ich ehrlich befürchtet, dass du verletzt sein könntest«, schwindelte ich. »Mir blieb keine Zeit, da noch groß nachzudenken.«
»So sehr der Gedanke, du wolltest mir zu Hilfe eilen, mich auch rührt, ich glaube dir kein Wort.«
Ich wollte nicht zugeben, dass ich in Wahrheit insgeheim gehofft hatte, er würde nicht da sein. Dann hätte ich nämlich Zeit gehabt, mich in seinem Zimmer umzusehen. »Ich werde für den Schaden aufkommen. Versprochen.«
Er atmete laut aus, so dass sein Handtuch etwas verrutschte. Einen Moment lang hielt ich die Luft an. Würde ich zumindest einen raschen Blick auf das gelobte Land werfen können? Adam räusperte sich, so dass meine Augen wieder nach oben wanderten. Er zog seine rechte Augenbraue hoch. »Und? Was entdeckt, was dir gefällt?«
Meine Wange begannen zu glühen. Ich hatte allerdings nicht vor, zuzugeben, wie peinlich mir das Ganze war. »Mir ist nur deine Tätowierung aufgefallen«, erwiderte ich betont lässig.
Er sah nicht so aus, als würde er mir glauben, ging aber
nicht weiter darauf ein. »Es ist das Rad der Hekate – auch wenn es keine Tätowierung ist«, erklärte er mir stattdessen.
Ich blickte ihn verständnislos an, und er fügte hinzu: »Alle Magier haben dieses
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