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Rote Jägerin - Wells, J: Rote Jägerin - Red-Headed Stepchild

Titel: Rote Jägerin - Wells, J: Rote Jägerin - Red-Headed Stepchild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaye Wells
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Leitungen waren an ihrem Körper angebracht und saugten ihr wie blutdürstige Schlangen das Leben aus dem Leib. Als ich sie und die anderen dort so hilflos gesehen hatte, hatte sich etwas Ähnliches wie ein Gewissen in mir zu Wort gemeldet. Aber das konnte ich Adam schlecht erzählen.
    »Ich weiß, wo sie sind«, sagte ich und warf alle bisherigen Bedenken über Bord.
    Er riss den Kopf hoch und starrte mich fassungslos an. Die Bewegung weckte Giguhl.
    »Was? Wo sind sie? Sag mir sofort, wo sie sind«, forderte Adam.
    »Ich kann nicht«, erwiderte ich.
    Er fasste über den Tisch nach meiner Hand und drückte sie so fest, als wollte er die Wahrheit aus mir herauspressen. »Sabina, bitte.«
    Das Wissen um die sterbenden Magier lastete zentnerschwer auf mir. »Ich kann es dir nicht sagen, Adam«, beteuerte ich erneut.
    »Worin du auch immer verwickelt sein magst, ich muss es wissen.« Seine Augen glühten vor Intensität. Ob wohl jemand, den er kannte, in diesem kalten Raum lag, der nach Tod stank? Vielleicht sogar jemand, den er liebte?
    »Du darfst es nicht wissen. Es ist viel zu … zu kompliziert.«
    »Nichts ist zu kompliziert.«

    Auch wenn ich dieser Äußerung normalerweise jederzeit zugestimmt hätte, konnte ich ihm doch nicht erzählen, was ich wusste. Durch meinen Kopf schossen zu viele Gedanken. Ich musste erst einmal in Ruhe nachdenken. Dann konnten wir weitersehen.
    »Also, ich …«
    In diesem Moment klingelte mein Handy. Adam sah mich aufmerksam an und wartete. Ich hielt einen Zeigefinger hoch und holte das Gerät heraus. Die Dominae waren die Einzigen, die diese Nummer hatten. Ich drückte also auf einen Knopf, um den Anruf entgegenzunehmen.
    »Hallo, hier Sabina«, meldete ich mich.
    »Wir müssen miteinander sprechen.« Es war meine Großmutter. Ihre Stimme jagte mir einen eisigen Schauder über den Rücken. Nachdem ich ihr zwei Minuten lang zugehört hatte, war unser Gespräch beendet. Ich legte auf.
    Adam wirkte so, als seien seine Nerven zum Zerreißen gespannt.
    »Hör zu. Es ist etwas dazwischengekommen. Ich muss jetzt los.«
    Er stand auf und sah mich entsetzt an. »Was? Jetzt sofort?«
    »Tut mir leid. Aber es ist wichtig.«
    »Das war bestimmt nicht unser letztes Gespräch, Sabina«, sagte er.
    »Doch, Adam. Das war es. Ich kann und will dich da nicht mit hineinziehen.«
    Ich hob Giguhl hoch, der maunzte, als ich ihn aus dem Schlaf riss. Ohne auf seinen Protest zu achten, klemmte ich ihn mir wieder unter den Arm und ging zur Tür.
Adam packte mich am Ellbogen. »Dir ist klar, dass ich alles herausfinden werde, was du weißt, Sabina«, erklärte er wütend.
    Ich starrte ihn an, ohne mich von seiner finsteren Miene einschüchtern zu lassen. »Das kannst du gerne versuchen. Aber der Tag, an dem ich freiwillig mit einem Magier zusammenarbeite, ist auch der Tag, an dem ich kein Blut mehr trinken werde.«

20

    Eine Limousine holte mich an der vereinbarten Stelle in der Nähe von Fisherman’s Wharf ab. Einige Minuten später fuhr sie über die Golden Gate Bridge. Nebel hing über der Bucht und die Lichter tauchten die Brücke in einen unwirklichen zinnoberroten Dunst. Der Wagen rollte auf der 101 weiter Richtung Norden nach Marin. Ich fragte mich gerade, ob ich wohl zum Weingut gebracht werden sollte, als wir in der Nähe von Muir Beach den Highway verließen.
    Nach einer Weile bog das Auto von der kurvenreichen Straße ab und fuhr in eine Kieseinfahrt, die hinter einer Reihe von Bäumen verborgen lag. Die Einfahrt erwies sich als Einbahnstraße, an deren Ende ein bescheidenes Wochenendhaus stand. Wenn ich bescheiden sage, dann meine ich damit nach dem Standard von Marin County, wo eine Blockhütte für eine Million Dollar ein echtes Schnäppchen darstellt.
    Ich öffnete die Limousinentür und ging auf das Haus zu. Draußen gab es keine Lampen, doch mit Hilfe meiner Nachtaugen schaffte ich es auch so, dem Weg zu folgen, der auf das Gebäude zulief. Ich konnte nirgendwo Sicherheitspersonal entdecken, spürte aber ihre Präsenz. Vermutlich beobachteten sie mich versteckt hinter Büschen und Bäumen.

    Ich machte mir nicht die Mühe, anzuklopfen, sondern ging einfach hinein.
    Der Mann, der im Flur stand, war nicht überrascht, mich zu sehen. Er gab mir nur ein Zeichen, dass ich ihm folgen sollte. Diese ganze Nacht-und-Nebel-Atmosphäre machte mich noch nervöser, als ich es ohnehin schon war. Ich ballte die Hände zu Fäusten und versuchte das Adrenalin, das sich in meinem Körper staute, abzubauen.

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