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Rote Lilien

Rote Lilien

Titel: Rote Lilien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Mister Harper eingestellt hat, ist sehr tüchtig und dem Kleinen von Herzen zugetan. Meines Wissens nach hat die Herrin das Kinderzimmer noch kein einziges Mal betreten. Das Kindermädchen ist Mister Harper unterstellt und hat mit der Herrin rein gar nichts zu schaffen. Unter uns gesagt, Alice, das Kindermädchen, klatscht gern, wie junge Mädchen eben so sind. Mehr als einmal habe ich sie davon reden hören, dass die Herrin das Kind noch nie besucht hat, dass sie es noch nie auf den Arm genommen hat, sich noch nie nach seinem Wohlergehen erkundigt hat. <«
    »Was für ein kaltherziges Rabenaas«, sagte Roz leise. »Ich bin froh, dass sie nicht zu unseren Vorfahren gehört. Ich bin lieber verrückt als grausam.« Dann hob sie die Hand.
    »Tut mir Leid, Mitch. Ich hätte dich nicht unterbrechen sollen.«
    »Schon in Ordnung. Ich habe diesen Absatz jetzt schon mehrmals gelesen und neige dazu, dir zuzustimmen. Mary Havers schreibt weiter«, sagte er. »> Es steht mir natürlich nicht an, die Herrin zu kritisieren. Aber es kommt mir doch sehr unnatürlich vor, wenn eine Mutter keinerlei Interesse an ihrem Kind zeigt, vor allem nicht an dem Sohn, der in diesem Hause so sehnsüchtig erwartet wurde. Man kann von der Herrin nicht behaupten, dass sie eine ausgesprochen warmherzige Frau oder sehr mütterlich veranlagt wäre, aber um die Mädchen kümmert sie sich doch etwas mehr. Ich kann gar nicht zählen, wie viele Kindermädchen und Gouvernanten in den letzten Jahren gekommen und gegangen sind. Mrs Harper ist da sehr eigen. Und doch hat sie Alice bis jetzt noch kein einziges Mal Anweisungen gegeben, wie sie sich gegenüber Master Reginald zu verhalten habe. Liebste Lucy, wir wissen zwar beide, dass die Herrschaften sich nur wenig für die Haushaltsführung interessieren - es sei denn, sie hätten unter Unannehmlichkeiten zu leiden -ŸŸ, aber ich habe die Befürchtung, dass es bei dieser Angelegenheit nicht mit rechten Dingen zugeht, und ich muss einfach jemandem von meinen Befürchtungen erzählen ... <«
    »Sie hat gewusst, dass in dem Haus etwas nicht stimmte«, unterbrach ihn Hayley. »Tut mir Leid«, sagte sie entschuldigend. »Aber man hört es förmlich, auch zwischen den Zeilen.«
    »Außerdem hat sie das Kind gern.« Stella spielte mit ihrem Weinglas. »Sie macht sich Sorgen um ihn. Auch das hört man. Lies weiter, Mitch.«
    »Sie schreibt: >Ich habe dir zwar von der Geburt des Kindes berichtet, aber ich habe in meinen Briefen nicht erwähnt, dass es in den Monaten davor keine Anzeichen dafür gegeben hat, dass Mrs Harper in anderen Umständen gewesen ist. Ihr Tagesablauf, ihr Aussehen änderten sich nicht im Geringsten. Als Dienstboten kommen uns natürlich von Zeit zu Zeit vertrauliche Details über den Haushalt und dessen Angehörige zu Ohren. Das ist unvermeidbar. Für dieses Kind wurden keinerlei Vorkehrungen getroffen. Niemand redete über Kindermädchen oder die Säuglingsausstattung. Es gab kein Wochenbett für Mrs Harper, keine Besuche des Arztes. Eines Morgens war das Baby einfach da, ganz so, als wäre es tatsächlich vom Storch gebracht worden. Es gab zwar Gerede unter den Dienstboten, aber dem habe ich schnell ein Ende gemacht und so war auch wieder Ruhe, zumindest, wenn ich dabei war. Es steht uns nicht an, die Angelegenheiten der Herrschaften in Frage zu stellen. Aber, liebste Lucy, sie ist diesem Kind gegenüber so kalt, dass es mir das Herz bricht. Und daher habe ich mich gewundert. Es besteht kein Zweifel daran, wer der Vater des Jungen ist, da er Mister Harper wie aus dem Gesicht geschnitten ist. Aber was die Mutter angeht, so habe ich doch meine Zweifel.< «
    »Dann haben sie es also gewusst.«
    Harper wandte sich an seine Mutter. »Diese Havers hat es gewusst und die anderen Dienstboten auch. Und sie haben nichts unternommen.«
    »Was hätten sie denn tun sollen?«, fragte Hayley mit erstickter Stimme. »Das sind Dienstboten gewesen, Angestellte. Selbst wenn sie etwas gesagt hätten, wer hätte auf sie gehört? Man hätte sie entlassen und hinausgeworfen, aber das hätte auch nichts geändert.«
    »Du hast Recht.« Mitch trank einen Schluck Mineralwasser.
    »Es hätte nichts geändert. Und es hat auch nichts geändert. Sie hat noch mehr geschrieben.« Er stellte sein Glas ab und nahm sich die nächste Seite vor. » >Heute Morgen kam eine Frau nach Harper House. Sie war so bleich und so dünn, und in ihren Augen stand tiefe Verzweiflung und noch etwas anderes, das mich an Wahnsinn denken

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