Rote Lilien
fürchterlich aufgeregt. Er wollte mich und Lily sofort ins Auto setzen und uns zu Stella und Logan fahren. Aber ich wollte nicht gehen. Ich kann einfach nicht.« Mitch kritzelte auf einem Block herum. »Wenn ich Roz vor ein paar Monaten aus diesem Haus bekommen hätte, hätte ich es sofort getan - selbst wenn ich dafür Dynamit gebraucht hätte.«
»Habt ihr euch deshalb gestritten?«
»Eigentlich nicht.« Er schmunzelte. »Aber schließlich bin ich älter als Harper und weiß, wann ich im Umgang mit störrischen Frauen besser den Mund halte.«
»Habe ich Unrecht?«
»Es steht mir nicht an, diese Frage zu beantworten.«
»Wenn ich dich darum bitte, schon.«
»Gefangen zwischen Eis und Feuer.« Er lehnte sich zurück und nahm seine Brille ab. »Ich weiß genau, wie Harper sich jetzt fühlt und warum, und ich kann ihm keinen Vorwurf daraus machen. Ich respektiere, wie du fühlst und warum, und dir kann ich genauso wenig einen Vorwurf daraus machen. Beantwortet das deine Frage?« Sie brachte ein ironisches Lächeln zustande.
»Sehr geschickt - und nein, das beantwortet meine Frage nicht.«
»Ein weiterer Vorteil davon, ein alter weiser Mann zu sein. Aber als überbesorgter Mann werde ich jetzt noch etwas hinzufügen. Ich glaube nicht, dass du längere Zeit allein sein solltest.«
»Da trifft es sich ja gut, dass ich gern unter Menschen bin.« Als sein Mobiltelefon klingelte, stand sie auf. »Nimm es ruhig an. Ich geh dann.« Da sie Harper draußen im Garten gesehen hatte, verließ sie das Haus durch die Hintertür. Sie hoffte, dass Stella nichts dagegen hatte, noch eine Weile auf Lily aufzupassen, und ging den schmalen Pfad entlang in den Teil des Gartens, in dem die Schnittblumen wuchsen. Der Sommer hatte noch alles in seinem verschwitzten Griff, aber die Hitze tat ihr gut. Sie war so echt.
Hayley wollte die Realität genießen, wann immer sie sich ihr bot. Die riesigen blauen Kugeln der Hortensien hingen schwer über den Blättern der Büsche, die Taglilien reckten sich elegant in die Höhe, und auf den Ranken der Passionsblumen leuchteten die lilafarbenen Blüten. Blumenduft und Vogelgesang lagen in der schwülheißen Luft, und überall flatterten Schmetterlinge umher.
Als sie um die Kurve im Pfad bog, sah sie Harper. Er stand breitbeinig und leicht vornübergebeugt da, während seine geschickten Finger die welken Blüten abzupften und sie dann in einen kleinen Beutel an seinem Gürtel fallen ließen.
Zu seinen Füßen lag ein flacher Weidenkorb, der bereits mit Gänseblümchen, Löwenmäulchen, Rittersporn und Kosmeen gefüllt war.
Es sah so unglaublich romantisch aus - der Mann, der Abend, das Meer von Blumen -, dass ihr das Herz überging und ein dicker Kloß in ihrer Kehle entstand. Ein bunter Kolibri schoss über Harpers Kopf hinweg und verharrte dann in der Luft über einer fedrigen, tiefroten Blüte der Indianernessel, um zu trinken. Hayley sah, wie Harper erstarrte, mit der einen Hand auf einem Stängel und der anderen auf einem Fruchtstand. Und wünschte, sie könnte malen. Die bunten Farben des Spätsommers, so lebendig und frisch, und der Mann dazwischen, der so geduldig war und seine Arbeit unterbrach, um eine Blüte mit einem Vogel zu teilen. Liebe durchfloss sie wie ein heißer Strom. Der Kolibri flog davon, ein kleiner grellbunter Edelstein. Harper sah dem Vogel nach, während sie den Mann beobachtete. »Harper.«
»Die Kolibris gehen gern an die Indianernesseln«, sagte er, während er zu seiner Schere griff und ein paar Blüten abschnitt. »Aber es ist genug für uns alle da. Sie breitet sich sehr gut aus.«
»Harper«, sagte sie noch einmal, während sie zu ihm ging, von hinten die Arme um ihn schlang und ihre Wange auf seinen Rücken legte. »Ich weiß, dass du dir Sorgen machst, und ich mache dir auch keinen Vorwurf deshalb. Aber sei mir bitte nicht böse.«
»Ich bin nicht böse auf dich. Ich bin hergekommen, um mich ein bisschen abzuregen. Normalerweise funktioniert das ganz gut. Inzwischen bin ich nur noch leicht verärgert und besorgt.«
»Und ich bin eigentlich hergekommen, um mit dir zu streiten.«
Hayley rieb ihre Wange an seinem Hemd. Sie roch Seife und Schweiß, was beides sehr männlich wirkte. »Dann habe ich dich gesehen und jetzt will ich mich nicht mehr streiten. Ich kann nicht tun, was du von mir verlangst, wenn alles in mir nein schreit. Selbst wenn es falsch ist, ich kann einfach nicht.«
»Dann bleibt mir nichts anderes übrig.« Er
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