Rote Lilien
schnitt noch ein paar Blumen für den Korb und zupfte bei anderen die welken Blüten ab. »Und du hast keinerlei Mitspracherecht dabei. Ich ziehe bei dir ein. Mir wäre es lieber, wenn du und Lily zu mir ziehen würdet, aber es ist wohl besser, wenn ich vorübergehend in dein Zimmer ziehe, da ihr zu zweit und ich allein bin. Wenn diese Sache vorbei ist, überdenken wir das Ganze noch einmal.«
»Überdenken.«
»Genau.« Er hatte sie die ganze Zeit über noch nicht richtig angesehen, und jetzt entfernte er sich einige Schritte von ihr, um noch mehr Blumen abzuschneiden. »Es fällt mir schwer, unter diesen Umständen zu einer Entscheidung darüber zu gelangen, wie das mit uns weitergehen soll.«
»Also hast du dir gedacht, dass wir unter diesen Umständen erst einmal zusammenleben, und wenn es die Umstände nicht mehr gibt, sehen wir uns das Ganze noch einmal an.«
»Genau.« Vielleicht sollte sie doch mit ihm streiten. »Hättest du mich nicht fragen können?«
»Klar. Aber ich habe dich nicht gefragt. Im Gartencenter arbeitest du die ganze Zeit mit jemandem zusammen, mit Stella, Mutter oder mir. Nie allein.«
»Wer hat dich denn so plötzlich zu meinem Boss gemacht?« Er arbeitete einfach weiter und ignorierte sie völlig. »Einer von uns wird dich hinfahren und wieder abholen.«
»Soll das etwa heißen, dass jedes Mal, wenn ich zur Toilette muss, einer von euch mitkommt?«
»Wenn es sein muss. Wenn du bleiben willst, sind das die Bedingungen dafür.« Der Kolibri kam zurück, doch dieses Mal hatte sie kein Auge für seine Schönheit. »Bedingungen? Harper Ashby, jetzt hör mir mal gut zu ...«
»Nein. So wird es gemacht. Du hast dir in den Kopf gesetzt zu bleiben und die Sache durchzuziehen. Und ich habe mir in den Kopf gesetzt, auf dich aufzupassen. Ich liebe dich, und damit ist die Sache erledigt.« Sie machte den Mund auf und klappte ihn sofort wieder zu. Dann atmete sie tief durch. »Wenn du das mit dem >Ichliebe dich< ganz am Anfang gesagt hättest, wäre ich erheblich offener für eine Diskussion gewesen.«
»Es gibt keine Diskussion.« Ihre Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. Wenn er doch nur endlich aufhören würde zu arbeiten und sie ansehen würde. »Wenn du es drauf anlegst, kannst du ein solcher Dickschädel sein.«
»Ich musste mir nicht viel Mühe geben.« Er bückte sich, nahm die Blumen im Korb und arrangierte sie zu einem lockeren Strauß. Dann drehte er sich um und seine schmalen braunen Augen sahen sie an. »Hier.« Sie nahm den Strauß und runzelte die Stirn. »Sind die für mich?« Ein Lächeln erschien auf seinem Gesicht. »Für wen sonst?« Sie seufzte. Der Strauß enthielt Ziertabak, und als sie di Nase in die Blumen steckte, sog sie den betörenden Duft davon ein.
»Es ist zum Verzweifeln mit dir: Wie kannst du nur in einem Moment so unglaublich aggressiv sein und im nächsten dann wieder so süß. Sie sind wirklich schön.«
»Du auch.«
»Weißt du, ein anderer Mann hätte mit den Blumen, den Komplimenten und dem >Ich liebe dich< angefangen, um mich weich zu kochen. Aber du rollst die Sache von hinten auf.« Harper zuckte nicht einmal mit der Wimper. »Es ging mir nicht darum, dich weich zu kochen.«
»Das hab ich schon verstanden. Du wartest nicht darauf, dass ich sage, in Ordnung, Harper, wir machen alles so, wie du das willst. Du sorgst einfach dafür, dass ich es tue.«
»Kluges Köpfchen.« Hayley musste lachen. Sie hielt den Strauß mit einer Hand fest und schlang die Arme um seinen Hals. »Falls es dich interessiert - ich bin froh, dass du zu mir ziehst. Wenn es mir das nächste Mal kalt über den Rücken läuft, wäre es mir lieber, wenn du da bist.«
»Ich werde da sein.«
»Wenn du noch eine Weile hier draußen arbeiten willst ...«
Sie brach ab, als Logan den Pfad entlangkam. »Tut mir Leid, wenn ich störe, aber es ist etwas passiert«, sagte er. »Ihr kommt besser wieder ins Haus.«
Hayley spürte die Aufregung wie ein Summen in der Luft, als sie wieder in die Bibliothek ging. Auf dem Boden vor dem Kamin, den David in den Sommermonaten immer mit Blumen füllte, spielte Lily mit Gavin und Luke. Als Lily ihre Mutter sah, fing sie an zu plappern und kam mit einem großen Kipper aus Plastik in der Hand auf sie zu. Doch in dem Moment, in dem Hayley sie hochheben wollte, streckte sie schon die Arme nach Harper aus. »Wenn du in der Nähe bist, bin ich wie immer zweite Wahl«, meinte Hayley, als sie ihm ihre Tochter reichte. »Sie hat
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