Rote Lilien
da.«
Im Wohnzimmer hatte es sich Harper mit einem Bier in der Hand in einem der Sessel bequem gemacht. Er beobachtete, wie Mitch immer wieder seine Mutter berührte - ihr Haar, ihren Arm -, während die beiden Logan, Stella und den Jungs von ihren Flitterwochen erzählten. Er kannte das meiste davon, da er am Nachmittag für eine Stunde ins Haus gekommen war, und eigentlich hörte er ihnen gar nicht zu. Er saß nur da und sah die beiden an, während er dachte, wie gut es war, dass seine Mutter endlich jemanden gefunden hatte, der bis über beide Ohren in sie verliebt war. Harper freute sich für sie - und er war erleichtert. Seine Mutter kam zwar sehr gut allein zurecht und hatte dies auch mehr als einmal bewiesen, trotzdem war es für ihn ein Trost, dass sie jetzt einen klugen, kompetenten Mann an ihrer Seite hatte. Wenn Mitch nach dem, was im letzten Frühjahr passiert war, nicht bei Roz eingezogen wäre, hätte Harper es getan. Aber mit Hayley im Haus wäre das wohl etwas problematisch geworden. Er war der Meinung, dass es für alle Beteiligten einfacher war, wenn er weiterhin im Kutscherhaus wohnen blieb.
Geografisch gesehen war es natürlich keine große Entfernung, aber vom psychologischen Standpunkt her war es am besten so. »Ich habe ihm gesagt, dass er verrückt ist«, fuhr Roz fort und gestikulierte mit dem Weinglas in der einen Hand, während ihre andere Mitchs Oberschenkel tätschelte. »Windsurffen? Warum um alles in der Welt sollten wir uns auf ein wackeliges Stück Holz stellen, an dem ein Segel befestigt ist? Aber er wollte es unbedingt ausprobieren.«
»Ich habe es auch schon mal probiert.« Stellas rotes Haar fiel ihr über die Schultern, als sie sich setzte. »Als ich noch auf dem College war. Wenn man den Dreh erst mal raus hat, macht es viel Spaß.«
»Das habe ich auch gehört«, murmelte Mitch. Roz fing an zu lächeln. »Er ist immer wieder auf das Ding geklettert, aber jedes Mal hat es nach zwei Sekunden platsch gemacht, und er lag im Wasser. Er stellt sich auf das Brett, ich denke schon, jetzt hat er es kapiert, aber dann - platsch.«
»Das Brett war kaputt«, behauptete Mitch, während er Roz einen Finger zwischen die Rippen stieß. »Ja, natürlich.« Roz verdrehte die Augen. »Eines muss man Mitch aber lassen - er ist ganz schön hartnäckig. Ich weiß nicht, wie oft er sich aus dem Wasser auf dieses Brett gehievt hat.«
»Sechshundertzweiundfünfzigmal.«
»Und wie ist es bei dir gelaufen?« Logan, der neben Stella noch größer und breiter wirkte, wies mit dem Bierglas auf Roz. »Oh, ich will mich nicht selbst loben.« Roz musterte eingehend ihre Fingernägel. »Doch, sie will.« Mitch trank einen Schluck von seinem Mineralwasser und streckte seine langen Beine aus. »Sie will. Und wie.«
»Mir hat es Spaß gemacht.«
»Sie ist einfach ...« Mitch fuhr mit der Hand durch die Luft, um die Bewegung zu veranschaulichen. »Davongesegelt, als wäre sie auf einem dieser verdammten Dinger geboren worden.«
»Wir Harpers sind in der Regel sehr sportlich veranlagt und besitzen einen hervorragend ausgeprägten Gleichgewichtssinn.«
»Aber sie will sich ja nicht selbst loben«, unterstrich Mitch. Als er das Klicken von Absätzen auf dem Parkett hörte, hob er den Kopf.
Harper tat das Gleiche, und er spürte, wie ihn sein gerade noch gepriesener Gleichgewichtssinn im Stich ließ. Sie sah einfach umwerfend aus. Das knappe rote Kleid und die hohen Schuhe ließen ihre Beine endlos lang aussehen. Beine, die jeden Mann auf dumme Gedanken brachten. Ihre neue Frisur war verdammt sexy, und ihr Mund leuchtete verführerisch in einem kräftigen Rot. Sie trägt ein Baby auf dem Arm, ermahnte er sich. Er sollte, wenn sie Lily bei sich hatte, nicht darüber nachdenken, was er mit diesem Mund, diesem Körper anstellen wollte. Logan stieß einen langen, bewundernden Pfiff aus, der Hayley zum Strahlen brachte. »Hallo, meine Schöne. Du siehst ja zum Anbeißen aus. Du siehst aber auch gut aus, Hayley.« Sie lachte ihr heiseres Lachen, stöckelte zu Logan und setzte ihm Lily auf den Schoß. »Das hast du jetzt davon.«
»Möchtest du ein Glas Wein?«, fragte Roz. »Eigentlich hätte ich lieber ein Bier.«
»Ich hol dir eins.« Harper war schon aus dem Sessel und auf dem Weg in die Küche, bevor sie antworten konnte. Er hoffte, dass der Gang in die Küche und zurück seinen Blutdruck wieder auf ein normales Maß senken würde. Sie war so etwas wie seine Cousine, ermahnte er
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