Rote Lilien
sich. Und eine Angestellte. Hausgast seiner Mutter. Mutter eines Kindes. Jedes einzelne dieser Argumente bedeutete: Hände weg, Zählte man sie zusammen, war Hayley absolut tabu für ihn.
Außerdem waren die Gefühle, die sie für ihn hegte, alles andere als romantisch.
Wenn ein Mann unter solchen Umständen mit einer Frau zu flirten begann, war das der beste Weg, eine schöne Freundschaft zu zerstören. Er holte ein Pils aus dem Kühlschrank. Als er das Bier in ein Glas goss, hörte er ein lautes Kreischen und das Klappern von Absätzen auf Holz. Er drehte sich um und sah Lily, die in die Küche gerannt kam, Hayley dicht auf den Fersen. »Will sie etwa auch ein Bier?« Lachend hob Hayley ihre Tochter auf, doch Lily wurde knallrot im Gesicht und wollte von ihr weg. »Sie will kein Bier. Sie will dich. Wie immer.«
»Komm her, Kleines.« Er nahm ihr das Kind ab und warf es in die Luft. Sofort hellte sich das trotzig verzerrte Gesichtchen auf, und Lily fing an zu lachen. Hayley tat so, als wäre sie beleidigt, und goss den Rest ihres Biers ein. »So viel zur Qualität der Mutter-Kind-Beziehung.«
»Du hast das Bier, ich das Kind.« Lily umarmte Harper und legte ihren Kopf an seine Wange. Hayley nickte und hob ihr Glas. »Den Eindruck habe ich auch.«
Es war schön, wieder einmal alle um sich zu haben, mit der ganzen Familie, wie Hayley ihre Freunde nannte, am Tisch zu sitzen und Davids in Honig glasierten Schinken zu genießen. Hayley hätte gern eine große Familie gehabt, doch sie war ganz allein mit ihrem Vater aufgewachsen. Nicht, dass sie das Gefühl hatte, etwas verpasst zu haben. Sie und ihr Vater waren ein Team, eine Einheit gewesen, und er war der freundlichste, lustigste und warmherzigste Mann gewesen, den sie jemals kennen gelernt hatte. Aber Mahlzeiten wie diese hatten ihr immer gefehlt - ein voll besetzter Tisch, lautes Stimmengewirr, selbst die Streitereien und Eifersüchtelein, die ihrer Meinung nach in großen Familien an der Tagesordnung waren. Lily würde damit aufwachsen, denn Roz hatte sie und ihre Tochter in Harper House aufgenommen. Und daher würde Lily viele, viele Mahlzeiten wie diese erleben, mit Onkeln, Tanten und Cousins. Großeltern, dachte Hayley, während sie einen verstohlenen Blick auf Roz und Mitch warf. Und wenn Roz' Söhne oder Mitchs Sohn Josh zu Besuch kamen, würde die Familie komplett sein. Eines Tages würden Roz- Söhne und Josh heiraten. Und vermutlich eine ganze Horde Kinder bekommen. Ihr Blick wanderte zu Harper, und sie zwang sich, den kleinen Stich zu ignorieren, der sie bei dem Gedanken daran quälte, dass er heiraten und Kinder bekommen würde, mit einer Frau, deren Gesicht sie sich nicht vorstellen konnte. Natürlich würde sie ausnehmend hübsch sein. Vermutlich blond, kurvenreich und aus einer reichen Familie. Das Miststück. Wer auch immer sie sein würde, egal, wie sie aussehen oder welchen Charakter sie haben würde, Hayley beschloss, ihre Freundin zu werden. Selbst wenn es sie umbrachte. »Stimmt was nicht mit den Kartoffeln?«, murmelte David neben ihr. »Hm ... Nein, nein, sie sind fantastisch.«
»Ich habe mich nur gefragt, warum du ein Gesicht machst, als müsstest du bittere Medizin runterschlucken.«
»Oh, ich habe nur an etwas gedacht, dass ich erledigen muss und am liebsten liegen lassen würde. Es gibt so viele unangenehme Dinge im Leben. Aber diese Kartoffeln hier gehören eindeutig nicht dazu. Vielleicht kannst du mir ja mal bei Gelegenheit einige deiner Gerichte beibringen. Ich kann recht gut kochen. Daddy und ich haben uns die Arbeit in der Küche geteilt, und die Grundlagen haben wir beide ganz gut beherrscht - manchmal habe ich sogar etwas Komplizierteres zustande gebracht. Aber Lily wächst mit deiner Art zu kochen auf, und daher sollte ich in der Lage sein, ihr selbst was zu machen, wenn es mal sein muss.«
»Oh, ein Kochlehrling. Jemand, den ich zu meinem Abbild formen kann. Mit Vergnügen!« Als Lily anfing, ihr Essen auf den Boden zu werfen, sprang Hayley auf. »Ich glaube, du bist fertig, meine Süße.«
»Gavin, Luke, könntet ihr mit Lily nach draußen gehen und eine Weile mit ihr spielen?«, fragte Stella ihre Söhne. »Nein, nein.« Hayley schüttelte den Kopf. »Sie brauchen doch nicht auf Lily aufzupassen.«
»Klar, machen wir«, meldete sich Gavin. »Sie läuft so gern hinter dem Ball und dem Frisbee her.«
»Also, wenn ihr unbedingt wollt ...« Gavin war fast zehn und recht groß für sein Alter. Sein Bruder
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