Rote Lilien
auf ihren Bauch hinunter und legte eine Faust auf ihren Nabel. »So eine Art Magnet für Spermien?« Sie blieb auf der Toilette sitzen und vergrub das Gesicht in beiden Händen.
Hayley hätte es zwar vorgezogen, sich in den Schrank unter dem Waschbecken zu verkriechen und für die nächsten neun Monate dort zu bleiben, aber sie hatte nicht viel Zeit, in Selbstmitleid zu versinken. Sie spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht, um die Spuren ihrer Tränen zu tilgen. »Weinen wird dir jetzt mit Sicherheit helfen«, schimpfte sie mit sich selbst. »Es wird alles ändern, und wenn du dir dieses verdammte Stäbchen noch einmal ansiehst, wird darauf stehen: Hayley, du bist nicht schwanger. Weil du zehn Minuten auf der Kloschüssel gesessen und geheult hast. Idiot.« Schniefend unterdrückte sie die nächste Tränenflut und sah sich im Spiegel an. »Das hast du jetzt davon. Reiß dich endlich zusammen.«
Etwas Make-up half. Die Sonnenbrille, die sie aus ihrer Handtasche zog, half noch etwas mehr. Sie vergrub die Verpackungen der Schwangerschaftstests in der Schublade, in der sie ihre Unterwäsche aufbewahrte. Wie ein Junkie, der seine Drogen versteckte. Als sie aus ihrem Zimmer kam, war David schon halb die Treppe herauf. »Ich wollte gerade mein Waldhorn holen.« Sie starrte ihn verständnislos an. »Was?«
»Um damit die Kavallerie zu holen, Herzchen. Du warst länger als fünfzehn Minuten weg.«
»Tut mir Leid. Ich habe ... tut mir Leid.« David lächelte und wollte ihre
Reaktion schon ignorieren, doch dann schüttelte er den Kopf. »Nein, ich werde nicht so tun, als hätte ich nicht bemerkt, dass du geweint hast. Was ist los?«
»Ich kann nicht.« Selbst bei diesem kurzen Satz wollte ihr die Stimme versagen. »Ich komme zu spät zur Arbeit.«
»Die Welt wird sich trotzdem weiterdrehen. Du wirst dich jetzt hier zu mir in mein Büro setzen.«
Er nahm ihre Hand und zog daran, bis sie neben ihm auf der Treppe saß. »Und Onkel David erzählen, was für Schwierigkeiten du hast.«
»Ich habe keine Schwierigkeiten. Ich bin in Schwierigkeiten.« Sie wollte es ihm nicht erzählen, sie wollte es keinem erzählen. Erst, nachdem sie Zeit zum Nachdenken gehabt hatte. Nachdem sie für ein paar Tage den Kopf in den Sand gesteckt hatte. Doch als ihr David den Arm um die Schultern legte, sprudelte es aus ihr heraus. »Ich bin schwanger.«
»Oh.« Seine Hand strich über ihren Arm. »Das ist etwas, das sogar mein geheimer Vorrat an Schokoladentrüffeln nicht richten kann.« Sie vergrub ihr Gesicht an seiner Schulter. »Ich bin so eine Art Fruchtbarkeitsbombe, David. Was soll ich machen? Was zum Teufel soll ich machen?«
»Das, was für dich das Richtige ist. Aber bist du sicher, dass du schwanger bist?« Schniefend hob sie ihren Hintern von der Treppe und zog das Stäbchen aus der Tasche ihrer Hose. »Was steht da?«
»Du hast Recht. Der Adler ist gelandet.« Er legte ihr die Hand unters Kinn und sah sie an. »Wie fühlst du dich?«
»Mir ist schlecht. Ich habe Angst. Und ich bin so dumm gewesen. Wir haben doch Kondome benutzt, David. Wir sind nicht wie zwei liebestolle Teenager auf dem Rücksitz eines Chevy übereinander hergefallen. Wahrscheinlich produzieren meine Eierstöcke Supereizellen, die über Barrieren nur lachen und die Spermien ansaugen.« Er lachte und zog sie an sich. »Tut mir Leid. Ich weiß, dass das für dich nicht lustig ist. Werfen wir mal einen Blick auf die Umstände. Du liebst Harper.«
»Natürlich liebe ich ihn, aber ...«
»Und er liebt dich.«
»Ja, aber ... Oh, David, es ist doch alles noch so frisch. Unsere Beziehung, unsere Liebe. Ich habe mir zwar schon ausgemalt, wie es später einmal sein könnte, aber langfristige Pläne haben wir noch nicht gemacht. Wir haben noch nicht einmal darüber gesprochen.«
»Dann werdet ihr eben nicht später, sondern früher darüber sprechen. Und zwar jetzt.«
»Ich will ihn nicht überrumpeln. Aber das tue ich, wenn ich jetzt zu ihm gehe und ihm sage, dass ich schwanger bin.«
»Wie um alles in der Welt hast du es fertig gebracht, alleine schwanger zu werden?«
»Darum geht es nicht.«
»Hayley.« Er lehnte sich zurück und schob ihre Sonnenbrille ein Stück herunter, damit er ihr in die Augen sehen konnte. »Genau darum geht es. Bei Lily hast du das getan, was du für richtig gehalten hast und was deiner Meinung nach das Beste für den Vater und Lily gewesen ist. Egal, ob das richtig oder falsch gewesen ist - und ich persönlich halte es für
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