Rote Lilien
dann die Hände an die Schläfen.
»Aber jetzt habe ich keine Kraft mehr, um mir noch mehr Gedanken darüber zu machen.«
»Das brauchst du auch nicht. Beantworte mir nur eine Frage.« Als er hereinkommen wollte, stieß sie ihn zurück. »Ich habe dich nicht hereingebeten. Und ich halte es auch für keine gute Idee, dass du in mein Zimmer kommst, wenn ich so wenig anhabe.« Während er sich in aller Ruhe an den Türrahmen lehnte, schossen seine Augenbrauen in die Höhe. Als wäre er hier zu Hause, dachte sie. Was natürlich stimmte. Schließlich gehörte ihm Harper House. »Ich möchte dich darauf hinweisen, dass du jetzt seit etwa eineinhalb Jahren hier wohnst. Während dieser Zeit ist es mir irgendwie gelungen, mich so weit zu beherrschen, dass ich nicht über dich hergefallen bin. Ich glaube, ich werde es auch noch ein paar Minuten länger schaffen.«
»Du kommst dir wahnsinnig witzig vor, stimmt's?«
»Stinksauer dürfte eher hinkommen. Vor allem, wenn du jetzt auf hysterische Tussi machst und darauf bestehst, dass wir dieses Gespräch weiterhin zwischen Tür und Angel führen.«
Als die ersten dicken Tropfen vom Himmel fielen, zog er wieder die Augenbrauen hoch. Genau wie seine Mutter. Hayley seufzte. »Dann komm rein. Schließlich hat es keinen Sinn, wenn du wie ein begossener Pudel draußen rumstehst.«
»Ich bin dir unendlich dankbar.«
»Aber lass die Türen auf.« Energisch wies sie mit dem Finger auf die Balkontüren, um sich die Illusion zu verschaffen, dass sie die Situation unter Kontrolle hatte. »Du wirst nämlich auf keinen Fall hier bleiben.«
»In Ordnung.« Der Wind fegte herein, gefolgt von einem lauten Donnerschlag. Und er stand einfach nur da, die Daumen lässig in die Taschen seiner zerschlissenen Jeans gehakt ... Um ein Haar hätte sie zu sabbern angefangen, obwohl sie fuchsteufelswild auf ihn war. »Weißt du«, fing er an, »nachdem ich mich mehr oder weniger - eher weniger - beruhigt hatte und noch einmal über alles nachgedacht hatte, so wie du das auch getan hast, ist mir was Interessantes aufgefallen.«
»Willst du eine Rede halten oder eine Frage stellen?« Er legte den Kopf auf die Seite, was trotz Jeans, T-Shirt und nackter Füße sehr würdevoll aussah. »Seit du hier wohnst, teilst du fleißig Seitenhiebe auf mich aus. Es gibt Gründe dafür, warum ich das mehr oder weniger toleriert habe. Doch damit ist jetzt Schluss. Aber um auf das zurückzukommen, was ich sagen wollte - mir ist der zeitliche Zusammenhang aufgefallen. Du kommst zu mir, flirtest mit mir, ich flirte mit dir. Wir küssen uns, einmal, zweimal. Du willst es langsam angehen, so weit habe ich das schon verstanden. Als wir uns das nächste Mal sehen, sagst du, du hättest eigentlich gar kein Interesse an mir, es sei nur so ein spontaner Einfall gewesen, und faselst davon, dass wir Freunde bleiben sollen ... »Genau. Und wenn du mich jetzt fragen willst, ob ich meine Meinung geändert habe ... »Will ich nicht. Zwischen diesen beiden Ereignissen bekomme ich Besuch von unserem Hausgeist, der ganz spontan auf die Idee gekommen ist, Kleinholz aus meinem Haus zu machen. Genauer gesagt, aus meiner Küche - dem Schauplatz von Ereignis eins. Meine Frage lautet jetzt: Wie sehr hat dieser Vorfall dein Verhalten bei Ereignis zwei beeinflusst?«
»Ich weiß nicht, was du meinst.«
»Jetzt lügst du.« Hayley spürte beinahe, wie sich ein gequälter Ausdruck auf ihrem Gesicht ausbreitete. »Ich wünschte, du würdest gehen. Ich bin müde und habe Kopfschmerzen. Das ist ein harter Tag für mich gewesen.«
»Du hast einen Rückzieher gemacht, weil du gedacht hast, Amelia würde es nicht gern sehen, wenn wir zusammen sind. Sie war so sauer, dass sie sozusagen einen Warnschuss abgegeben hat.«
»Warum ich einen Rückzieher gemacht habe, ist meine Sache. Und das sollte genügen.«
»Wenn es wahr wäre, würde es auch genügen. Wenn es nur darum ginge. Ich dränge mich dir nicht auf. Ich dränge mich keiner Frau auf, die mich nicht haben will. Dazu bin ich viel zu stolz und viel zu gut erzogen.« Er hob das Kinn und machte noch einen Schritt auf sie zu. »Und aus genau diesen Gründen werde ich weder einem Kampf aus dem Weg gehen noch zulassen, dass sich jemand schützend vor mich stellt, wenn es ßrger gibt.« Er legte wieder den Kopf schief und wippte auf den Zehen.
»Also brauchst du nicht einmal im Traum daran zu denken, mir in dieser Sache in die Quere zu kommen, Hayley. Du brauchst nichts aufzugeben, nur
Weitere Kostenlose Bücher