Rote Lilien
mir ein schäbiges Rattenloch von Wohnung suchen, einen einfältigen Trottel überreden, mir einen Job zu geben, für den ich viel zu dumm sei, aber ich würde doch nur das bleiben, was ich sei. Und dann hat sie auch noch einige sehr unhöfliche Dinge über dich, Roz, gesagt.«
»Oh, was denn?«
»Na ja. >Hinterhältige Dirne< war noch relativ harmlos.«
»Ich wollte schon immer mal >Dirne< genannt werden. Dieses Wort wird heute leider viel zu selten benutzt.«
»Das hat den Ausschlag gegeben. Ich dachte, vielleicht hat sie ein Recht darauf, mich undankbar zu nennen, weil ich das ja auch war.« Jane stemmte die Hände in die Hüften und schob das Kinn vor. »Und meine Wohnung ist kein schäbiges Rattenloch, sie ist wirklich hübsch, aber ihren Ansprüchen genügt sie natürlich nicht. Carrie - meine Chefin - kennt sie nicht, also hält sie sie vielleicht für einfältig, weil sie mir einen Job gegeben hat. Aber dass sie die Frechheit besitzt, dich zu beschimpfen, obwohl doch sie dich bestohlen hat, war zu viel.«
Jane straffte die Schultern und nickte energisch. »Und das habe ich ihr dann auch gesagt.«
»Du hast es ihr ins Gesicht gesagt.« Roz lachte und nahm Janes Gesicht in beide Hände. »Ich bin sehr stolz auf dich.«
»Ihr sind fast die Augen aus dem Kopf gefallen. Ich weiß auch nicht, wie es gekommen ist, ich rege mich eigentlich nicht so leicht auf, aber ich war so wütend. Ich habe ihr einfach alles gesagt, was ich kaum zu denken gewagt habe, als ich noch bei ihr gewohnt und sie von vorn bis hinten bedient habe. Dass sie boshaft und gemein sei, und niemand auch nur einen Funken Zuneigung für sie übrig habe. Dass sie eine Diebin und eine Lügnerin sei und Glück gehabt hätte, dass du nicht die Polizei gerufen hast.«
»Gut gemacht.« Hayley stieß sie mit dem Ellbogen an. »Das ist besser, als sie aus dem Fenster zu werfen.«
»Und ich war noch nicht fertig.«
»Erzähl weiter«, forderte Hayley sie auf. »Ich habe gesagt, ich würde eher auf die Straße gehen und betteln, bevor ich zu ihr zurückkomme und mich wieder von ihr schikanieren lasse. Und dann habe ich ihr gesagt, dass sie gehen soll.« Jane streckte den Arm aus und deutete auf einen imaginären Ausgang. »Ich hab so gemacht. Das war wahrscheinlich etwas zu dramatisch, aber ich war so wütend. Sie hat gesagt, ich würde es bereuen. Und dann hat sie, glaube ich, noch gesagt, ich würde diesen Tag verwünschen, aber das habe ich vor lauter Wut nicht mehr so richtig mitbekommen. Und dann ist sie gegangen.«
Sie atmete hörbar aus und fächelte sich Luft zu. »Jane, du bist ja eine wahre Heldin. Wer hätte das gedacht?«
»Das ist noch nicht alles. Sie hat versucht, mich feuern zu lassen.«
»Dieses Miststück!« Hayley runzelte die Stirn. »Wie wollte sie das denn anstellen?«
»Sie ist zu Carrie gegangen und hat zu ihr gesagt, ich sei ein liederliches Frauenzimmer, hätte eine Affäre mit einem verheirateten Mann gehabt und sie bestohlen, obwohl sie mich wie ihre eigene Tochter in ihr Haus aufgenommen habe. Sie sagte, es sei ihre christliche Pflicht, Carrie vor mir zu warnen.«
»Ich habe schon immer gedacht, dass es für Christen wie Clarise eine Extraabteilung in der Hölle gibt«, meinte Roz.
»Als Carrie mich in ihr Büro gerufen und gesagt hat, Clarise sei da gewesen und habe ihr so einiges über mich erzählt, war ich sicher, dass ich gefeuert werde. Stattdessen hat Carrie mich gefragt, wie ich es so lange bei diesem grässlichen alten Drachen ausgehalten habe so hat sie sie genannt, einen grässlichen alten Drachen. Und dann hat sie gemeint, ich hätte ihr einmal gesagt, dass ich viel Geduld und viel Kraft habe. Und da ich diese Eigenschaften tatsächlich hätte und auch bewiesen hätte, dass ich hart arbeiten kann und schnell lerne, wolle sie mir eine Gehaltserhöhung geben.«
»Carrie ist mir sehr sympathisch«, entschied Hayley. »Ich würde ihr gern einen ausgeben.«
»Es gibt doch nichts Schöneres als ein Happyend.« Es sei denn, dachte Hayley, mit einem Drink in der Hand im Schatten der Hollywoodschaukel zu sitzen, während Lily auf dem Rasen spielte. Und Harper neben sich zu haben. »Es ist immer ein Happyend, wenn Tante Rissy irgendwo rausgeworfen wird. Als ich noch ein Kind war, hat sie mich jedes Mal, wenn sie hier war, richtiggehend terrorisiert. Bevor Mutter ihr Hausverbot erteilt hat.«
»Weißt du, wie Clarise deine Mutter genannt hat? Jane hat es uns gesagt.«
»Nein.« Der entspannte Ausdruck
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