Rote Lilien
war nie wichtig - jedenfalls nicht so -, und jetzt hänge ich sozusagen in der Luft.« David nahm den Teller mit seinem Sandwich und setzte sich ihm gegenüber an den Tisch. »Junger Freund, es ist gut, dass du zu mir gekommen bist, denn ich bin der Meister.«
»Ich weiß. Vielleicht sollte ich einfach mal abends mit einer Flasche in der Hand rübergehen und an ihre Balkontür klopfen. Sozusagen der Frontalangriff.«
»Das ist aus gutem Grund ein Klassiker geworden.«
»Aber sie macht sich solche Sorgen wegen Amelia. Sie will jede Art von, ähm, du weißt schon, Begegnung im Haus vermeiden. Zumindest habe ich sie so verstanden.«
»Ist >Begegnung< ein Codewort für >wilder Sex«
»Ich wusste, dass du viel zu klug für meine kleinen Tricks bist. Weiter. Ich könnte sie und Lily bei mir zum Essen einladen, und wenn die Kleine schläft - ein bisschen Wein, ein bisschen Musik.« Er zuckte mit den Achseln und fühlte sich, als würde er sich im Kreis drehen. »Es gibt einen Grund dafür, warum gute Hotels Zimmerservice und ein >Bitte nicht stören< Schild haben.«
»Zimmerservice?«
»Tu mir den Gefallen und denk mit, Harp. Du lädst sie zum Essen ein - zu einem schicken Essen. Wie wäre es mit dem Peabody? Das hat hübsche Zimmer, einen guten Service, hervorragendes Essen und Zimmerservice.« Harper kaute auf seinem Sandwich herum und spielte das Ganze in Gedanken durch. »Ich lade sie zum Essen ein - in ein Hotelzimmer? Findest du nicht, dass das ein wenig ... Das ist brillant«, beschloss er nach einem Moment. »Genau das finde ich auch. Wein, Kerzen, Musik, das ganze Drumherum, in der intimen Atmosphäre einer Hotelsuite. Und am nächsten Morgen bringst du ihr das Frühstück ans Bett.« Harper leckte sich Chutney von den Fingern. »Ich brauche aber eine Suite mit zwei Schlafzimmern. Wegen Lily.«
»Deine Mutter, Mitch und ich würden uns freuen, wenn wir eine Nacht auf dieses bezaubernde Kind aufpassen könnten. Und um deine oder meine bewundernswerte Voraussicht zu beweisen, werde ich eine kleine Reisetasche für Hayley packen. Du musst nur noch die Suite reservieren, ihre Sachen hinbringen und das Abendessen arrangieren. Dann bringst du sie ins Hotel und eroberst sie im Sturm.«
»Das ist eine geniale Idee. Warum ist mir das nicht selbst eingefallen? Aber das beweist nur, dass ich wegen ihr nicht mehr klar denken kann. Ich muss wieder zur Arbeit, und dann werde ich Stella überreden, den Dienstplan zu ändern, damit ich die Sache durchziehen kann. Danke, David.«
»Keine Ursache. Für die wahre Liebe - oder zumindest leidenschaftlichen Hotelsex - tue ich doch fast alles.«
Hayley trug ihr rotes Kleid. Es war das schönste von ihren Kleidern, und es passte wirklich perfekt. Doch sie wünschte, sie hätte Zeit gehabt, in die Stadt zu fahren und etwas Neues zu kaufen. Alle anderen Verabredungen mit ihm waren nicht so förmlich gewesen. Er hatte sie in diesem Kleid schon gesehen. Tatsache war, dass er sie schon in allem, was sie besaß, gesehen hatte. Aber die Schuhe waren toll. Die Jimmy Choos, die Roz ausrangiert und ihr geschenkt hatte, waren vermutlich dreimal so teuer gewesen wie das Kleid. Und jeden Penny wert, dachte Hayley, als sie sich vor dem Standspiegel drehte. Mit den Schuhen sahen ihre Beine plötzlich nicht mehr mager, sondern sexy aus. Vielleicht sollte sie ihr Haar hochstecken. Hayley machte einen Schmollmund, hob ihr Haar im Nacken hoch und drehte den Kopf hin und her, um die Wirkung zu testen. »Was meinst du?«, fragte sie Lily, die auf dem Boden saß und Spielzeug in Hayleys älteste Handtasche stopfte. »Hoch oder runter? Ich glaube, wenn ich es ein wenig zerzaust aussehen lasse, würde ich das mit dem Hochstecken schon hinbekommen. Dann könnte ich auch diese tollen Ohrringe tragen. Versuchen wir-s mal.« Wenn ein Mann sagte, er wolle sie zu einem ganz besonderen Essen einladen, dachte sie, während sie sich mit den Haarklemmen abmühte, war sie es ihm schuldig, in puncto Aussehen alle Register zu ziehen. Das galt auch für die Unterwäsche.
Wenigstens die war neu - sie hatte sie vor kurzem mit dem Gedanken gekauft, dass er sie vielleicht darin sehen würde. Vielleicht sogar schon heute - wenn sie den Abend etwas verlängern konnten. Sie musste nur Amelia aus ihren Gedanken verdrängen. Verdrängen, dass Harpers Mutter im anderen Flügel schlief. Dass ihre eigene Tochter nebenan schlief. Warum zum Teufel musste alles so kompliziert sein? Sie wollte ihn. Sie waren
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