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Rote Lilien

Rote Lilien

Titel: Rote Lilien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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auszubreiten.«
    Er nahm den Baum und setzte ihn in das Loch. »Wie sieht das aus?«
    »Gut.«
    »Jetzt zieh das Sackleinen vom Hauptstamm ab, dann sehen wir, wie weit er vorher in der Erde gestanden hat. Allerdings werden wir das erst erkennen können, wenn du die Taschenlampe dort drüben einschaltest, weil es gleich stockdunkel wird. Ich habe eine Weile gebraucht, um alles zusammenzusuchen, was ich brauche.« Sie schaltete die Taschenlampe ein, ging in die Hocke und richtete das Licht auf den Ballen. »Gut so?«
    »Ja. Siehst du das hier?« Er tippte mit dem Finger auf eine Stelle unten am Stamm. »Bis hier war er vorher in der Erde, also hat das Loch die richtige Tiefe. Jetzt müssen wir nur noch ein paar Wurzeln abschneiden. Gibst du mir bitte die Schere da?« Sie nahm die Baumschere und drückte sie ihm in die Hand. »Wenn man ein Loch für einen Baum gräbt, hört sich das genauso an, als würde man ein Grab schaufeln.« Er sah sie an. »Hast du schon einmal gehört, wie jemand ein Grab ausgehoben hat?«
    »Ja. Im Kino.«
    »Aha. Wir werden das Loch jetzt mit Erde füllen, aber Schritt für Schritt, weil wir die Erde zwischendurch festklopfen müssen. Ich hab nur ein Paar Handschuhe mitgenommen. Hier, zieh sie an.«
    »Nein.« Sie wehrte ab, als er seine Handschuhe ausziehen wollte. »Ein bisschen Erde wird mich schon nicht umbringen. Mach ich es so richtig?«
    »Ja, so ist es gut. Einfach rein mit der Erde und dann festklopfen. Wenn das Loch voll ist, häufen wir noch etwas Erde um den Stamm herum an und formen dann eine Art Rand um die Baumscheibe.«
    »Die Erde fühlt sich so gut an.«
    »Ich weiߟ, was du meinst.« Als sie das Pflanzloch mit Erde gefüllt hatten, zog Harper sein Messer heraus, schnitt das Sackleinen am Stamm ab und richtete sich auf. »Wir müssen ihm Wasser geben. Das gießen wir hier in den Rand.« Er nahm einen der Eimer, die er mit Wasser gefüllt hatte, und nickte, als sie nach dem anderen griff. »Jetzt hast du einen Baum gepflanzt.«
    »Na ja, ich habe geholfen, einen Baum zu pflanzen.« Sie trat einen Schritt zurück und nahm seine Hand. »Er sieht sehr schön aus, Harper. Roz wird sich sicher freuen, dass du auf die Idee gekommen bist, einen Baum für sie zu pflanzen.«
    »Ich habe es auch für mich getan.« Er drückte ihre Hand und fing dann an, sein Werkzeug zusammenzusuchen.
    »Wahrscheinlich hätte ich bis zum nächsten Frühjahr warten sollen, aber ich wollte es jetzt machen. Es soll so eine Art Provokation für sie sein. Komm her und wirf ihn um, aber ich werde ihn wieder aufrichten.«
    »Du bist wütend auf sie.«
    »Ich bin kein Kind mehr, das sich mit Wiegenliedern einlullen lässt.
    Ich habe sie so gesehen, wie sie wirklich ist.« Hayley schüttelte den Kopf und fröstelte ein wenig in der kühlen Abendluft. »Ich glaube nicht, dass jemand von uns sie so gesehen hat, wie sie wirklich ist. Noch nicht.«

13. Kapitel
    Das Veredelungshaus war für Harper mehr als nur ein Arbeitsplatz. Für ihn war es auch Spielwiese, Zufluchtsort und Labor. Manchmal vergaߟ er völlig die Zeit, wenn er in der warmen, mit Musik erfüllten Luft arbeitete, experimentierte oder es einfach genoss, das einzige lebende Wesen zwischen den Pflanzen zu sein. Die meiste Zeit über war er lieber mit Pflanzen als mit Menschen zusammen. Er war sich zwar nicht ganz sicher, was das über ihn aussagte, machte sich aber nicht sonderlich viele Gedanken deshalb. Er hatte seine Passion im Leben gefunden und fühlte sich privilegiert, weil er sein Geld mit etwas verdienen konnte, das ihn durch und durch glücklich machte. Seine Brüder hatten erst weggehen müssen, um ihre Passion zu finden.
    Für ihn war es ein weiterer Glücksfall gewesen, dass er an dem Ort hatte bleiben können, den er über alles in der Welt liebte. Er hatte ein schönes Zuhause, seine Arbeit, seine Familie. Und immer hatte es auch Frauen gegeben, mit denen er sich gut verstanden hatte. Doch keine von ihnen hatte ihn dazu bringen können, daran zu denken, die nächste Sprosse auf der Leiter zu erklimmen, die für ihn nur vage »die Zukunft« war.
    Auch über Heirat und Familie hatte er sich nicht viele Gedanken gemacht. Seine Vorstellung davon war geprägt von dem, was er von der Ehe seiner Eltern wusste. Liebe, Hingabe, ReSpekt und dazu noch eine Freundschaft, die durch nichts zu erschüttern war. Er wusste, dass seine Mutter das alles ein zweites Mal gefunden hatte, bei Mitch. Es war nicht so, dass der Blitz zweimal an der gleichen

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