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Rote Lilien

Rote Lilien

Titel: Rote Lilien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Stelle eingeschlagen hatte, es war eher eine glänzend gelungene Veredelung, aus der eine neue, gesunde Pflanze entstanden war. Und alles, was weniger stark, weniger wichtig war, war für ihn weder die Zeit noch das Risiko wert. Also hatte er die Freundschaft mit den Frauen, die es in seinem Leben gegeben hatte, in vollen Zügen genossen und keine von ihnen als seine Auserwählte gesehen. Bis Hayley gekommen war. Und jetzt hatte sich so vieles in seiner Welt geändert, während anderes wiederum gleich geblieben war.
    Für die Pflanzen hatte er heute Chopin ausgesucht. Er selbst hörte P.O.D. über seine Kopfhörer. Das Gewächshaus wirkte nicht gerade aufgeräumt mit den vielen Pflanzen in verschiedenen Wachstumsphasen, den Eimern mit Kies oder Holzschnitzeln und dem Durcheinander aus Veredelungsband und Bindfaden,Wäscheklammern und Etiketten. Reste von Sackleinwand, übereinander gestapelte Töpfe, Säcke mit Erde, Knäuel aus Gummibändern und Bindfaden, Schalen mit Messern und Scheren taten ihr ߟbriges, um diesen Eindruck noch zu verstärken. Doch er wusste, wo das, was er brauchte, zu finden war. Es gab zwar Zeiten, in denen er keine zwei zueinander passenden Socken in seinem Schlafzimmer finden konnte, aber das Werkzeug, das er brauchte, hatte er innerhalb von Sekunden in der Hand. Er ging weiter und hob wie jeden Morgen die Abdeckung der Kästen hoch, in denen seine Pflanzen untergebracht waren. Ein paar Minuten bei geöffneter Klappe lieߟ die Feuchtigkeit verschwinden, die manchmal auf den Schösslingen kondensierte. Pilzbefall war eine ständige Gefahr. Doch zu viel Luft wiederum konnte die frisch okulierten Augen austrocknen. Während er seinen Schützlingen Luft verschaffte, überprüfte er gleichzeitig die Fortschritte, die die Schösslinge machten, und suchte nach Anzeichen für eine Krankheit oder Fäulnis. Vor allem die Kamelie, die er im Winter durch Spaltveredelung vermehrt hatte, machte ihm viel Freude. Bis die Schösslinge das erste Mal blühten, würde es zwar noch ein, zwei Jahre dauern, aber er glaubte, dass das Warten sich lohnen würde. Seine Arbeit erforderte viel Einsatz, aber auch Geduld und unerschütterliche Zuversicht. Harper machte sich Notizen, die er später in seinen Computer eingeben wollte. Die mit Glasglocken abgedeckten Astrophytum-Stecklinge waren ein ganzes Stück gewachsen, und die gepfropften Clematis sahen kräftig und gesund aus. Er machte noch einmal seine Runde und schloss dabei die Deckel der Pflanzkästen. Später wollte er noch einmal zum Teich, um nach den Kreuzungen von Wasserlilien und Irissen zu sehen. Es war ein kleines Experiment, das sich hoffentlich lohnen würde. Außerdem hatte er dann eine Entschuldigung, kurz in den Teich zu springen und sich abzukühlen. Doch vorher musste er sich noch um einige andere Versuchspflanzen kümmern. Er sammelte die Werkzeuge zusammen, die er brauchen würde, und wählte einen kräftigen Schössling von einem im Container gezogenen Wandelröschen aus. Mit einem schrägen Schnitt kappte er die Spitze und suchte sich ein passendes Edelreis von einem Schneeball aus. Unterlage und Reis waren sich vom Umfang her so ähnlich, dass die Kambien genau aufeinander lagen. Harper fixierte die beiden Stücke mit einem Gummiband und versiegelte die Veredelungsstelle mit Wachs. Dann setzte er den Schössling in eine Anzuchtschale, bedeckte die Wurzeln und die Veredelungsstelle mit feuchter Erde - die Mischung seiner Mutter - und schrieb ein Etikett.
    Nachdem er mehrere Schösslinge auf diese Weise veredelt hatte, deckte er die Schale ab und gab den Versuchsablauf in den Computer ein. Bevor er sich mit den nächsten Versuchspflanzen beschäftigte, schaltete er die Musik auf Michelle Brand um und holte sich eine Cola aus seiner Kühltasche. Als er fertig war, war auch das Album von Michelle zu Ende. Er nahm eine Tasche mit Werkzeugen und Material, lieߟ seine Kopfhörer auf dem Arbeitstisch liegen und verlieߟ das Gewächshaus, um nach den Freilandpflanzen und den Wasserpflanzen zu sehen. Draußen liefen einige Kunden herum, die zwischen den heruntergesetzten Pflanzen unter den Sonnensegeln stöberten oder einen Blick in die öffentlich zugänglichen Gewächshäuser warfen. Er wusste, dass ihn gleich jemand ansprechen würde, wenn er nicht schnell genug das Weite suchte. Er hatte nichts dagegen, sich mit den Kunden über Pflanzen zu unterhalten oder ihnen zu zeigen, wo sie etwas Bestimmtes fanden. Aber es war ihm lieber, wenn er sich

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