Rote Lilien
zusammen?«
»Das kommt darauf an. Ich meine, ich kenne sie schon eine Weile, aber gefunkt hat es erst vor Kurzem.«
»Oh, dann hätte ich mich ein bisschen beeilen sollen. Aber wir sind doch noch Freunde, oder? Gute Freunde.«
»Waren wir doch immer.«
»Ich schätze, das hat mir bei Justin - dem Fotografen - gefehlt. Wir haben es nie geschafft, Freunde zu werden, und als ich ihm den Laufpass gegeben habe, war erst recht nicht daran zu denken. Bei dir war das anders. Kürzlich habe ich zu einer Freundin von mir gesagt, dass nie wieder jemand so nett mit mir Schluss gemacht hat wie du.« Sie lachte und stellte sich wieder auf die Zehenspitzen, um ihm einen Kuss zu geben. »Du bist ein Schatz, Harper.« Dory trat einen Schritt zurück. Drei Sekunden später kam Hayley durch die Glastüren herein. »Störe ich? Kann ich Ihnen irgendwie helfen?«
»Nein, nein, das macht Harper schon.« Dory tätschelte ihm den Arm.
»Ich habe null Ahnung von Pflanzen, also hab ich mir gleich den Experten geschnappt.«
»Hayley, das ist Dory. Wir sind zusammen aufs College gegangen.«
»Ach, wirklich?« Auf Hayleys Gesicht erschien ein breites Lächeln. »Ich glaube nicht, dass ich Sie schon mal hier gesehen habe.«
»Ich bin auch lange nicht mehr hier gewesen. Ich bin gerade aus Miami wieder hergezogen. Neuer Job, neuer Anfang, Sie wissen ja, wie das ist.«
»O ja, ich weiß, wie das ist«, säuselte Hayley, die immer noch breit lächelte. »Ich wollte Harper besuchen und mich mit ihm über alte Zeiten unterhalten. Außerdem brauche ich noch ein paar Pflanzen für meine neue Wohnung. Harper, du musst unbedingt mal vorbeikommen Und sie dir ansehen. Kein Vergleich zu dem Loch, in dem ich zu Collegezeiten gewohnt habe.«
»Dazu braucht es nicht viel. Ich hoffe, du hast den Futon weggeworfen.«
»Ich hab ihn verbrannt. Harper hat das Ding gehasst«, sagte sie, an Hayley gewandt. »Er wollte mir sogar ein Bett kaufen, aber die Wohnung war so winzig nur ein Zimmer. Wenn drei Leute zu Besuch kamen, wurde es so eng, dass wir auf halbem Weg zu einer Orgie waren.«
»Ja, das waren schöne Zeiten«, sagte Harper, woraufhin Dory zu lachen begann. »Nicht wahr? Aber jetzt zeigst du mir besser, was ich brauche, sonst stehen wir noch den ganzen Tag hier herum und reden.«
»Dann lass ich euch mal allein.« Hayley drehte sich um und ging hinaus. Sie machte sich wieder an die Arbeit, sorgte aber dafür, dass sie nicht hinter der Kasse stand, als Dory die Pflanzen bezahlte, die Harper für sie ausgesucht hatte. Aber sie konnte Dorys Lachen hören - ihrer Meinung nach ein ausgesprochen durchdringendes Lachen -, während sie die Regale auf der anderen Seite des Verkaufsraums auffüllte.
Harper lehnte die ganze Zeit über an der Theke, wie sie mit einem Blick aus den Augenwinkeln feststellte. Und was für ein lässiges Lächeln auf seinen Lippen lag, während sie sich über gemeinsame Freunde und die guten alten Zeiten unterhielten. Und diese Dory konnte einfach nicht die Finger von ihm lassen. Wenn sie einmal nicht lachte oder ihr Haar zurückwarf, grabschte sie an ihm herum. Als Harper ihr auch noch den Wagen mit den Pflanzen zum Parkplatz schob, fing Hayley an zu kochen. Da fiel ihr ein, dass sie unbedingt die Regale vor den großen Fensterflächen überprüfen musste. Und wenn sie dabei zufällig einen Blick nach draußen warf, konnte ihr niemand einen Vorwurf daraus machen. Schließlich spionierte sie nicht, sie arbeitete.
Ein Blick genügte. Sie sah, wie Harper sich vorbeugte und seine Collegefreundin auf den Mund küsste. Mistkerl. Als sie davonfuhr, winkte er ihr auch noch hinterher. Und dann schlenderte er um das Verkaufsgebäude herum, als könnte er kein Wässerchen trüben. Als wäre er kein Abschaum, der sie nach Strich und Faden betrog. Und er hatte nicht einmal den Anstand, es hinter ihrem Rücken zu tun. Sollte er doch machen, was er wollte. Sie würde sich einfach nicht darum kümmern. Es war ihr egal. Es war ihr so was von egal. Und sie ging jetzt auch nicht nach draußen, um Harper den wohl verdienten Tritt in den Hintern zu geben. Sie ging nur nach draußen, um nachzusehen, ob ein Kunde ihre Hilfe brauchte. Denn dafür wurde sie schließlich bezahlt. Nicht fürs Flirten, nicht dafür, dass sie einen halben Tag hier herumstand und von alten Zeiten schwärmte. Und ganz gewiss nicht dafür, dass sie die Kunden zum Abschied küsste und ihnen nachwinkte. Sie war schon fast beim Veredelungshaus, als sie ihn draußen auf
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