Rote Lippen - jede Sünde wert
und hatte mehr Zeit, sich um die Vorbereitungen für Ericas Hochzeit zu kümmern. Andererseits fühlte sie sich irgendwie unbehaglich, dass eine andere Person als sie für den Kleinen sorgte, selbst wenn diese Person der vermeintlich leibliche Vater war. Sie war so sehr daran gewöhnt, sich ganz allein um den Neffen zu kümmern, dass ihr nicht gefiel, wenn jemand ihr diese Position streitig machte. Auf keinen Fall wollte sie sich aus Bradleys Leben herausdrängen lassen, und die Gefahr bestand, wenn jemand genauso gut wie sie für das Kind sorgen konnte.
Es war sogar sehr wahrscheinlich, dass Trevor ihr das Kind wegnahm, wenn die Testergebnisse ihn als Vater auswiesen – woran Haylie keine Sekunde zweifelte. Zumindest würde er es versuchen, da war sie ziemlich sicher. Warum war sie bloß nach Aspen gekommen? Damals war sie fest davon überzeugt gewesen, das Richtige zu tun, aber jetzt? Wenn sie daran dachte, eventuell das Sorgerecht für Bradley zu verlieren, wurde ihr ganz kalt vor Angst. Wenn sie doch nur die Uhr zurückdrehen könnte. Dann würde sie das Kind für sich behalten.
Inzwischen hatte Trevor Bradley von seinem dicken Schneeanzug befreit und setzte sich den Kleinen, der nur noch eine Cordhose und einen langärmligen Pulli trug, rittlings auf die Hüfte, als hätte er nie etwas anderes getan. „Haben Sie schon gegessen?“
Wortlos schüttelte Haylie den Kopf und hängte ihren dicken Mantel auf. Immer noch war sie mit den Gedanken bei der Möglichkeit, Bradley zu verlieren.
„Sie sehen müde aus. Wollen Sie nicht nach oben gehen und erst mal ein heißes Bad nehmen? Ich kann Bradley füttern und fertig machen. Und Sie können dann später entscheiden, worauf Sie Appetit haben.“
Der Mann konnte wirklich Gedanken lesen. Sie war tatsächlich müde und erschöpft von den vielen Terminen, die sie tagsüber wahrgenommen hatte. Zwar sollte sie irgendwann auch etwas essen, aber eigentlich sehnte sie sich nur nach einem langen heißen Schaumbad, um den Stress des Tages abzuspülen und sich zu entspannen.
Aber es passte ihr überhaupt nicht, dass er das wusste oder sie so leicht durchschaute. Irgendwie behagte es ihr auch nicht, wie sehr sie bereits von ihm abhängig war, obwohl ihr doch klar war, dass er ihr das Kind wegnehmen würde, wenn sich herausstellte, dass er der Vater war. Das Schlimmste war, dass ihr diese Abhängigkeit auch noch gefiel!
Zähneknirschend musste sie zugeben, dass sie es genoss, hier unter Trevors Dach zu wohnen. Wenn sie nach Hause kam, war er da, oder sie war da, wenn er abends die Tür öffnete. Und das war einfach ein gutes Gefühl. Sie unterhielt sich gern mit ihm und brauchte ihn nur anzusehen, und schon beschleunigte sich ihr Herzschlag. Und sein Duft, der noch lang im Raum hing, auch wenn Trevor bereits gegangen war! Außerdem freute sie sich, dass er ihr mit Bradley half, und zwar offensichtlich, weil ihm das Kind wichtig war. Bisher hatte sie alles machen müssen, was mit dem Baby zusammenhing, und war die Einzige gewesen, die den kleinen Jungen wirklich liebte.
Gleichzeitig verunsicherte sie seine Haltung dem Kleinen gegenüber. Denn je mehr er sich um Bradley kümmerte, desto besser kam er mit ihm zurecht. Wahrscheinlich würde er eines Tages davon überzeugt sein, auch allein für das Kind sorgen zu können, sodass er sie nicht mehr brauchte. Und wenn dann die Ergebnisse der Tests zeigten, dass er tatsächlich der Vater war, dann war sie eigentlich ziemlich überflüssig, oder? Bei dem Gedanken dröhnte ihr der Kopf, und sie presste einen Handballen gegen die Stirn.
Besorgt sah Trevor sie an. „Nur zu“, meinte er dann aufmunternd und ging zum Küchenschrank, wo sie die Babynahrung verstaut hatte. „Wir kommen schon zurecht, Bradley und ich.“
Ja, genau das ist das Problem . Mit gesenktem Kopf drehte sie sich auf dem Absatz um und ging schleppenden Schrittes die Treppe hinauf. Ein heißes Schaumbad, das würde ihr jetzt guttun, auch wenn es die Idee des Mannes war, der ihre kleine Welt vollkommen auf den Kopf gestellt hatte.
8. KAPITEL
Stolz, dass er Bradley das erste Mal ganz allein bettfertig gemacht hatte, betrat Trevor leise Haylies Zimmer. Vorsichtig legte er den Kleinen in das Kinderbett, das in der Ecke stand. Er achtete darauf, dass der Kleine auf dem Rücken lag, denn so hatte Haylie es ihm gezeigt, und zog die Spieluhr auf, die gleichzeitig ein Mobile mit bunten Tieren in Bewegung setzte.
Befriedigt richtete er sich auf. Er war ziemlich sicher,
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