Rote Sonne über Darkover - 5
dies meine Rettung sein.
Sonnenschein strömte durch die Buntglasfenster des Empfangsraums im Dalereuth-Turm und lag in farbigen Flecken auf dem Fußboden. Ariada Aillard wartete in nervöser Ungeduld. Ihr kastanienbraunes Haar lag in kunstvollen Zöpfen um ihren Kopf, und durch die Flechten wand sich eine Schnur von seltenen schwarzen Perlen. Sie trug immer noch den Schuppenmantel und streichelte ihn zärtlich. Das Kyrri, von dem sie hereingeführt worden war, hatte ihn ihr abnehmen wollen, aber als es ihn berührte, hatte es einen elektrischen Schlag bekommen. Sein Fell hatte sich gesträubt, und es war fast einen Fuß hoch in die Luft gesprungen.
Ariada hatte Mühe gehabt, nicht laut herauszulachen, aber das sensible Geschöpf hatte ihr Lachen trotzdem gespürt und sich davongeschlichen.
Ariada hatte für dieses Treffen die besten Sachen angelegt, die sie und ihre Schwestern besaßen. Das schwere Distelseidenkleid war seegrün gefärbt, und sie hatten alle abwechselnd an den mit Kupferdraht gestickten stilisierten Wellen gearbeitet, die den Saum umgaben. Die Ringe, die ihre Finger bedeckten, waren ebenfalls Gemeinschaftseigentum der sieben Schwestern. An ihrer Kehle flammte ihr Matrix-Kristall, von nichts anderem dort festgehalten als ihrem eigenen Laran. Kleinere Sternensteine funkelten an ihren Ohren.
Schließlich kehrte das Kyrri mit dem Bewahrer des Dalereuth-Turms zurück. Ariada verbeugte sich tief. Er war ein alter Mann mit trockener, durchscheinender Haut und tiefliegenden grauen Augen.
Soweit sie sich erinnerte, hatte es hier nie einen anderen Bewahrer gegeben. Dem Alter nach war er vermutlich der Onkel ihrer Großmutter. Wahrscheinlich wußte er allein das genau. Ariada wußte nichts anderes, als daß er uralt war.
Der Höflichkeit wurde Genüge getan. Er erkundigte sich nach ihrer Familie und sie sich nach seiner Gesundheit. Er wußte recht gut, daß Lord Aillard vor kurzem gestorben war und sein Leichnam sich jetzt auf dem Weg nach der Stadt Thendara und dann weiter zur Beerdigung nach Hali befand. Ariada drehte an ihren Ringen und trommelte im Geist mit den Fingerspitzen auf die Tischplatte.
»Ja, Kind«, meinte der alte Bewahrer, nachdem das Kyrri ein Tablett gebracht hatte, auf dem Gläser mit kühlem Apfelwein standen, »du mußt noch etwas anderes auf dem Herzen haben als das Verlangen, zu erfahren, wie es uns in Dalereuth geht, wenn du in all diesem Staat hergekommen bist. Ich nehme an, es hat mit der Wahl eines Gatten für dich und deine Schwestern zu tun und der Frage, wer den Hochsitz einnehmen soll. Arvel hat unrecht daran getan, dich so lange unverheiratet zu lassen.«
Bei diesen Worten loderte Ariadas Zorn von neuem auf und versuchte, sich ihrer Kontrolle zu entziehen. Sie schlug die flammenden grünen Augen nieder, faßte in ihren Ärmel und brachte ein hölzernes Rohr zum Vorschein. Ihm entnahm sie ein auf Pergament geschriebenes Dokument und reichte es dem Bewahrer.
Er entrollte es und begann zu lesen.
»Das kannst du nicht machen«, sprudelte er ein paar Sekunden später hervor. Seine Stimme hatte den freundlichen Ton verloren, in dem man mit einem Kind spricht, und klang jetzt kalt vor Ärger.
Seine Mutter war eine Aillard gewesen und sein Vater ein Alton mit dem damals neu in die Linie hineingezüchteten Laran, das durch den bloßen Gedanken töten kann. Ariada machte ihr Rückgrat steif und nahm sich vor, sich von ihm nicht ängstigen zu lassen.
»Ich kann es, Onkel, und ich werde es.« Sie zwang ihre Lippen zum Lächeln. »Wenn dieser fette grezilin, der auf dem Thron in Thendara sitzt, glaubt, er könne mich oder eine meiner Schwestern verheiraten, an wen es ihm gefällt, wird er feststellen, daß er im Irrtum ist. Ich kann und werde die Salzlieferungen an die anderen Domänen abschneiden, und Öl von den Fischen wird es auch keines mehr geben. Wie wird es den Leuten in Thendara und weiter nördlich gefallen, wenn ihre Häute mitten im Winter austrocknen und es kein Salz für ihr Fleisch gibt?«
»Aber dieses Dokument verlangt volle Mitgliedschaft im Rat und das Recht, die Aillard-Domäne in deinem eigenen Namen zu regieren, und du sollst es an die Tochter, die du gebären magst, weitervererben können! Dem wird König Ronalt niemals zustimmen. Höchstwahrscheinlich bedeutet das Krieg zwischen Aillard und dem übrigen Darkover. Du törichtes Mädchen, woher hast du die Idee, selbst regieren zu wollen?«
Sie konnte ihn weder geistig noch körperlich berühren, aber sie
Weitere Kostenlose Bücher