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Rote Sonne über Darkover - 5

Rote Sonne über Darkover - 5

Titel: Rote Sonne über Darkover - 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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jungen Mädchens, Gefühle, die sie bereits gelernt hatte, vor anderen ebenso wie vor sich selbst zu verbergen.
    Dann gab es eine letzte Veränderung, und wieder erschien er selbst im Bild. Aber das war jüngste Geschichte, und es rief einen zu vertrauten Schmerz hervor. Er sah die Unterredung, in der die versammelten Väter ihm vor etwa fünf Jahren mitgeteilt hatten, er werde nie Laran haben. Ihre Gesichter waren ernst und drückten tiefempfundene Sympathie mit ihm aus. Aber er sah jetzt, was er damals nicht hatte sehen können, daß sie insgeheim über seinen Mangel an Begabung froh waren. Seltsam, es war, als ob sie ihn gefürchtet hätten! Nur Vater Luxors Kummer wirkte echt. Und dann sah er, daß in diesem dunkelsten Augenblick seines Lebens Vater Luxors Stein, verborgen in seiner Hülle, in seiner Tiefe aufleuchtete.
    Der Stein freute sich über sein Versagen! Konnte es sein, daß er irgendwie vor den Türmen verschont worden war, weil sein Geschick außerhalb ihrer hohen Mauern lag?
    Luxors Bild sandte ihm einen fragenden Blick zu, stellte ihn vor eine Wahl. Es war klar: Er konnte sich weigern und mit all diesen anderen gehen, denen es nicht gelungen war, zu leben, und die sich dem Stück Tod in ihrem Innern ergeben hatten. Oder er konnte mit seiner einen einzigen Gabe versuchen, diese Kälte in seinem Herzen zu überwinden, die Kälte, durch die er sich von den anderen abgetrennt hatte und die, wie er jetzt erkannte, der Tod der Menschheit war. Es war nicht sein Versagen, sondern das der gesamten Rasse!
    Andra wollte nicht wählen; es kam ihm zu plump vor. Ein Sterbender bekehrt sich, wenn ihm das ewige Leben angeboten wird. Aber das sollte sein letzter richtig zynischer Gedanke sein, denn kaum war er in seinem Kopf aufgetaucht, da wich der Gedanke auch schon vor dem Licht zurück, das vor seinen Augen stetig zu einer flammenden bläulichen Sonne anwuchs. Andra hörte wieder den Gesang der Bruderlichter, und diesmal drang ihr Wort klar an seine Ohren. Sie sagten: »Feuer!« Bittend und befehlend sehnten sie sich danach, daß er … was tat? Die alte innere Flamme war Teil seines Körpers, den er verloren hatte. Was war damit gemeint? Aber der Chor bestand darauf, und die leuchtende blaue Sonne gab ihm eine neue Art von Flamme. Ihm wurde mit Liebe etwas befohlen, und er stimmte zu, daß er es versuchen wolle.
    Er konzentrierte sich, er setzte vollkommenes Vertrauen in die Lichter, in ihren Willkommensgruß und ihre Wärme und ihre Gelassenheit gegenüber dem Tod. Seine Zweifel lösten sich auf, und er umarmte die Flamme. Seine Abgesondertheit verschwand, und als sie eins geworden waren, regneten sie alle in bläulich-silbernem Licht auf einen leeren Körper hinunter, der verrenkt im Schnee lag.
    Das Herz dieses Körpers nahm ihren pulsierenden Gesang auf und pumpte neues Leben in die zerschlagene Hülle. Die atmenden Lungen schlossen sich dem feurigen Tanz an.
    Andra blinzelte und zuckte zusammen. Die Sonne schien sehr hell.
    Aber er war doch gestorben! Oder war es ein Traum gewesen? Er bewegte die Beine. Anscheinend funktionierten sie. Nur sein Knöchel protestierte noch schmerzhaft.
    Dann traf ihn mit voller Wucht die Erinnerung an das, was geschehen war. Die Vision, oder was es gewesen sein mochte, war seinem Gedächtnis in jeder Einzelheit eingeprägt. Vater Luxors Gesicht - selbst wie eine Sonne! Und die blaue Wärme, von mehr Liebe erfüllt, als er es in dieser kalten Welt für möglich gehalten hatte.
    Er versuchte sich aufzusetzen, und unerwartete Kraft durchströmte ihn. Sein Kopf hämmerte, und seine Stirn war von Blut verklebt. Neben ihm lag der gebrochene Stab, dessen Zauber verbraucht war, und er benutzte ihn, um sich in sitzende Stellung hochzustützen.
    Und dann, was er schon nicht mehr zu hoffen gewagt hatte, hörte er eine menschliche Stimme! Er rief heiser, und die Schritte kamen sofort zu ihm. Er sah die stumpfbraune Kutte und das besorgte Gesicht und streckte diesem wundervollen menschlichen Wesen voll Freude die Arme entgegen.

    Den Mönchen, die ihn kannten, fiel auf, wie sehr er sich verändert hatte. Schon in den Tagen auf dem Krankenlager hieß er allein durch seine Art jeden Eintretenden mit einem Segen willkommen.
    Anfangs kamen nur solche, die seine Wunden pflegten; die anderen wurden gebeten, seine Ruhe nicht zu stören. Aber die Neuigkeit von seinem Betragen erreichte seine Freunde schnell: Bruder Thomas war der erste, dem ein Besuch erlaubt wurde.
    »Na, mein Junge!« Er steckte

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