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Rote Sonne über Darkover - 5

Rote Sonne über Darkover - 5

Titel: Rote Sonne über Darkover - 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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überzeugt, das ist erst der Anfang. Die Mauern sind gefallen, und es gibt keine Grenzen für das, was geschehen mag! Gesegnet seist du, Bruder Thomas, daß du Liebe hattest, wo ich keine hatte, nicht einmal für mich selbst.«
    Der alte Mann ging hinaus und schloß leise die schwere Krankenzimmertür. Auf dem Weg den Flur hinunter spürte er eine solche Leichtigkeit in seinem Schritt, daß er in Versuchung geriet, sich in Trab zu setzen. Ihm war so wohl zumute! Wieder fanden seine Finger den Lederbeutel, und er entdeckte, daß er sich auf die abendliche Ruheperiode freute. Denn er hatte den heftigen Wunsch, den kleinen Stein anzufassen, jetzt, da sein Herz von neuem mit Hoffnung und Freude angefüllt war.
    Am nächsten Tag kam Vater Altamir persönlich, um sich nach Bruder Andras Gesundheitszustand zu erkundigen. Der Abt trat äußerst würdevoll ein und nahm den Stuhl unter dem Fenster, mehrere Schritte von dem in Verbände gehüllten Invaliden entfernt.
    »Nun, Bruder Andra«, begann er steif, »man hat mir erzählt, du habest so einiges erlebt! Wir müssen unsere Herzen dankbar dafür, daß deine Verletzungen nicht noch schlimmer sind, zu dem heiligen Lastenträger erheben. Wie bist du auf die verrückte Idee gekommen, die heimtückischste aller Routen zu nehmen?«
    »Um die Wahrheit zu sagen, Vater, ich wollte meine Schande vor aller Welt verbergen. Ich nahm die Route, die sonst jeder gemieden hätte, damit ich nicht gesehen würde, wie ich die Stadt in Ungnade verließ. Das liegt jetzt alles hinter mir. Ich …«
    »Aber Bruder Andra, du weißt doch sicher, daß von Ungnade keine Rede sein konnte? Wir hatten nur den Eindruck, du würdest anderswo sehr viel glücklicher sein, außerhalb der strengen Begrenzungen unserer Art zu leben. Du hast uns doch gezeigt, nicht wahr, daß es nicht deine Art ist!«
    Andra überlegte erst einmal. Er erkannte, daß sich, was den Abt anging, nichts verändert hatte. Bald würde er ihm befehlen, auf der Hauptstraße nach Thendara zu bleiben! »Vater«, sagte er fest,
    »können wir über etwas anderes sprechen? Ich bin nicht mehr der gleiche Mensch, der hier voller Bitterkeit weggegangen ist. Ich bin verändert worden, und ich muß Euch erzählen, wie das geschehen ist.«
    »Was, Bruder, du willst mir doch nicht weismachen, du habest eine Vision gehabt? Hat die gesegnete Cassilda dich zu uns zurückgeschickt, voll von Bußfertigkeit und Demut?«
    Die Schärfe in den Worten des Vaters verletzte und erstaunte Andra. Offensichtlich war Vater Altamir nicht bereit, dem jungen Unruhestifter zu verzeihen. Trotzdem berichtete Andra dem Abt in allen Einzelheiten, was er erlebt hatte.
    Vater Altamirs Gesicht blieb ausdruckslos. Er verzichtete auf jede Unterbrechung oder Bemerkung. Als Andra fertig war, faltete der Ältere betont die Hände, preßte die Daumen zusammen und schwieg noch eine Weile. Dann beugte er sich auf seinem Stuhl abrupt vor.
    »Du legst diesen Traum, der auf deine Kopfverletzung folgte, also so aus, daß er eine religiöse Bedeutung hatte?«
    Er wurde ausgefragt, als habe er den Vater aufgesucht, um seinen Rat einzuholen. Aber es spielte keine Rolle. »Das ist keine Frage der Auslegung, Vater. Die Bedeutung war - und ist - vollkommen klar.«
    »Mag sein, mein Junge. Zumindest für dich. Du sagst, diese Lichter hätten dir befohlen, die Sternensteine anderer Menschen zu ergreifen, damit sie mit ihrem Laran nichts Böses mehr tun können?«
    Der Vater sprach mit ihm immer noch, als müsse er auf gewisse Phantastereien eingehen, wenn er das auch zu verbergen suchte.
    Andra empfand großes Mitleid für die Blindheit, der der Abt nicht entrinnen konnte. Seine Stellung als Vorgesetzter machte ihn so schwach! »Lieber Vater«, sagte er ruhig, »Ihr wißt, wie das ist. Wenn ich den Sternenstein eines anderen berühre, bringt ihm das Qualen oder sogar den Tod. Nein - ihre Herzen sind es, die ›ergriffen‹
    werden müssen. Aber nicht von mir, sondern von der Wahrheit und der Liebe, die bereits in ihnen wohnen!«
    Der Vater zögerte. In seinem Innern regte sich Unbehagen. Konnte tatsächlich etwas an dieser wilden Geschichte sein? Der Junge war so verändert, so ganz im Frieden mit sich selbst. Aber als Abt hatte er die Pflicht, die Kirche gegen Häretiker und Betrüger zu schützen.
    So schob er das vage Gefühl der Unsicherheit entschlossen von sich.
    »Anscheinend vergißt du, Bruder Andra, daß wir einen Vertrag haben, seit Jahrhunderten getreulich eingehalten, der uns den

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