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Rote Spur

Rote Spur

Titel: Rote Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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ihre Schuld gewesen war, dass er diese Demütigung und die Todesangst erleiden musste. Das bedeutete allerdings, dass sie wenigstens so etwas wie ein Gewissen haben musste. Sie war keine eiskalte Verbrecherin. Aber eine sehr schlaue. Und eine gemeine dazu. Denn sie hatte versucht, mir die Schuld in die Schuhe zu schieben, indem sie mich anzüglich gefragt hatte, was die Angreifer wohl gesucht hatten. Und sie war sehr zufrieden damit gewesen, dass ich Diederik verdächtigte.
    Was hatte sie geschmuggelt? Wieder betrachtete ich das Stück Plastik in meiner Hand. Wie viele von diesen … Halterungen hatten auf den Nashörnern geklebt? Etwa fünfzehn pro Tier, also insgesamt dreißig. Jemand musste die Dinger entworfen, angefertigt und mit etwas so Wertvollem gefüllt haben, dass eine dreizehnköpfige Bande Hunderte von Kilometern durch die Nacht jagte, um die Fracht abzufangen.
    Wozu diese ganze Mühe, wenn man vorhatte, etwas aus einem gesetzlosen Land mit einer Grenze wie ein Sieb zu schmuggeln?
     
    Agatha räumte bei mir zu Hause auf. Sie musterte mein Gesicht mit einem langen, missbilligenden Blick. »Ich hab das von den Motorrad-Kerlen gehört. Ai, ai. Ich mag keine Prügeleien.«
    Bevor ich zu einer Erklärung ansetzen konnte, fügte sie hinzu: »Wir müssen die Tasche auspacken, um die Wäsche zu waschen.«
    Ich nickte wie ein zurechtgewiesenes Kind, ging ins Schlafzimmer, holte die Tasche, stellte sie auf das Bett und öffnete den Reißverschluss. Dann fing ich an auszupacken, in Gedanken bei den Nashörnern und dem rosafarbenen Plastik.
    Erst, als ich fertig war, wurde mir klar, dass meine Glock nicht in der Tasche war.
    In fieberhafter Eile durchwühlte ich die Kleidung. Als ich nach dem Überfall aufgeräumt hatte, hatte ich den Revolver in die Tasche gesteckt. Oder nicht? Ich dachte angestrengt nach, und meine Sorge wuchs. Wie war das nach dem nächtlichen Angriff |205| gewesen? Die Waffe hatte inmitten der verstreuten Kleider gelegen, im Scheinwerferlicht des Lkws. Halb im Tran hatte ich sie aufgehoben und auf eines meiner T-Shirts gelegt. Anschließend hatte ich das T-Shirt zusammen mit der Waffe in die Tasche gesteckt, ganz zuletzt, obenauf, damit ich die Waffe schnell greifen konnte. Ich war mir hundertprozentig sicher.
    Aber ich fand sie nicht.
    Ich holte tief Luft, räumte den Tascheninhalt auf eine Seite und sortierte ihn erneut, langsam und systematisch.
    Die Glock war weg.

36
    Die Kommunen können wirtschaftlich davon profitieren, wenn sie Arbeitsstellen für Spurenleser schaffen. Andererseits können Spurenleser mit mangelnder Schulbildung, die bisher als ungelernte Arbeitskräfte eingesetzt wurden, aufgrund ihrer hochspezialisierten Fachkenntnisse höher eingestuft werden.
    Die Kunst des Spurenlesens
     
    »Scheiße, Lemmer«, sagte Jeanette Louw mit besorgter Stimme am Telefon. »Heute Morgen war ein Artikel in der
Beeld
: In der Nähe des Lapalala-Wildreservats wurde die Leiche eines unbekannten Schwarzen am Straßenrand gefunden. Mit einer Schusswunde im Kopf.«
    »Auf der Glock sind meine Fingerabdrücke. Und das Blut des Mannes, seine DNS.«
    »Scheiße.«
    »Floh ist die Einzige, die die Glock geklaut haben kann. Wenn sie …«
    »Dann wirst du sie aufspüren müssen.«
     
    Ehrlichmanns Satellitentelefon blieb besetzt.
    Ich rief bei den Swanepoels an. Es klingelte lange, bis sich Vater Wickus meldete. »Swanepoel?«
    |206| Ich erklärte, wer ich war, und fragte, ob sie in den kommenden paar Tagen auf der Farm sein würden. »Wir sind immer hier. Gibt es Probleme?«
    »Nein, keineswegs. Ich wollte nur mal kurz vorbeischauen.«
    »Ach?« Er wartete darauf, dass ich ihm den Grund für meinen geplanten Besuch erklärte.
    »Habt ihr eine Landebahn auf der Farm?«
    »Ja, eine Art Buschflugplatz. Aber ohne Beleuchtung und so weiter.«
    »Ich werde den Piloten bitten, sich vorher zu melden.«
    »Wann kommst du?«
    »Hoffentlich morgen.«
    Er schwieg lange und sagte dann: »Na schön«, aber mit besorgter Stimme.
    Ich beließ es dabei.
    Dann rief ich Lotter an.
    »Und, wie war die Reise?«, fragte er.
    »Interessant«, antwortete ich. »Diederik Brand möchte, dass du mich noch einmal nach Musina bringst. Und von da aus nach Simbabwe.«
    »Bist du bereit, noch einmal in meiner Van Göbel zu fliegen?«, spottete er amüsiert.
    »Bereit« war nicht das richtige Wort, aber seine RV7 war nun mal die schnellste Möglichkeit, nach Simbabwe zu kommen. Außerdem wollte ich Lotter ein paar Fragen stellen.

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