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Roter Drache

Roter Drache

Titel: Roter Drache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Harris
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administrative Entscheidungen war in keiner Weise durch Mitgefühl getrübt; er sagte
ihm, Graham in Ruhe zu lassen.

33. K APITEL

    B is zehn Uhr abends hatte Dolarhyde bis zur Erschöpfung mit den Hanteln trai-niert, seine Filme angesehen und sich selbst Befriedigung zu verschaffen versucht. Dennoch war er noch von einer unstillbaren Unruhe erfüllt.
    Heftige Erregung plinkerte wie ein kaltes Medaillon gegen seine Brust, wenn er an Reba McClane dachte. Er hätte nicht an Reba McClane denken sollen.
    In seinem Fernsehsessel ausgestreckt, sein Oberkörper vom Training gerötet und aufgepumpt, sah er sich im Fernsehen die Nachrichten an, um sich über den Stand der polizeilichen Ermittlungen im Fall Freddy Lounds zu informieren.
    Eine Einstellung vom Begräbnis zeigte Graham, der inmitten des Geseires des Chors neben dem Sarg stand. Graham war eher zierlich. Ihm das Rückgrat zu brechen, würde kein Problem darstellen. Das war besser, als ihn umzubringen. Lieber brach er ihm das Rückgrat und drehte es sicherheitshalber noch einmal herum. Dann konnten sie ihn ja zu den Ermittlungen für den nächsten Fall im Rollstuhl ankarren. Es bestand kein Grund zur Eile. Sollte Graham seine Angst ruhig auskosten.
    Dolarhyde fühlte sich nun ständig von einem ruhigen, aber steten Gefühl der Macht durchströmt. Anläßlich einer Pressekonferenz haute die Polizei von Chicago zwar kräftig aufs Blech. Doch der Tenor hinter ihren Bekundungen, wie sehr sie sich anstrengten, besagte doch nur: keine Fortschritte im Fall Freddy Lounds. Unter den, hinter einer Phalanx von Mikrofonen verschanzten Polizeisprechern befand sich auch Jack Crawford, den Dolarhyde von einem Foto im Tattler kannte.
    Ein Sprecher des Tattler - er war von zwei Leibwächtern flankiert - erklärte: »Dieser ebenso brutale wie sinnlose Akt wird die Stimme des Tattler nur noch lauter ertönen lassen.«
    Dolarhyde schnaubte verächtlich. Schon möglich. Freddy hatte er mit Sicherheit das Maul gestopft. Die Presse nannte ihn inzwischen ›den Drachen‹. Seine Taten waren, ›was die Polizei bis dahin als die ‘Zahnschwuchtelmorde’ bezeichnet hatte‹.
    Wenn das kein Fortschritt war.
Dann folgten nur noch lokale Nachrichten. Irgendein naseweiser Lümmel berichtete aus dem Zoo. Ganz offensichtlich schickten sie den Kerl überallhin, nur um ihn in der Redaktion loszuwerden.
Dolarhyde hatte bereits die Hand nach der Fernbedienung ausgestreckt, als er auf dem Bildschirm einen Mann erscheinen sah, mit dem er erst vor wenigen Stunden telefoniert hatte Zoodirektor Dr. Frank Warfield, der sich über Dolarhydes Angebot, das neue Infrarotmaterial zu testen, höchst erfreut gezeigt hatte.
Dr. Warfield und ein Zahnarzt behandelten gerade einen Tiger mit einem abgebrochenen Zahn. Dolarhyde hätte gern den Tiger gesehen, aber der Reporter stand im Weg. Endlich trat er zur Seite.
In seinem Fernsehsessel weit zurückgelehnt, so daß sein Blick über seinen mächtigen Brustkorb hinweg auf den Bildschirm fiel, sah Dolarhyde den riesigen Tiger bewußtlos auf einem massiven Operationstisch liegen.
Sie arbeiteten gerade an dem abgebrochenen Zahnstumpf, um ihm dann in einigen Tagen eine Krone zu verpassen, berichtete der Dämlack. Dolarhyde sah genau zu, wie die beiden Männer ruhig an dem bedrohlichen Gebiß inmitten des furchterregend gestreiften Gesichts des Tigers arbeiteten.
»Darf ich Ihr Gesicht berühren?« hatte Reba McClane ihn gebeten.Er wollte Reba McClane etwas sagen. Wenn sie nur die leiseste Ahnung gehabt hätte, was sie da fast getan hätte. Wenn sie nur einen Funken seiner Glorie hätte spüren können. Doch das und gleichzeitig am Leben bleiben, war unmöglich. Aber sie mußte am Leben bleiben; schließlich war er mit ihr gesehen worden. Und außerdem lebte sie in zu großer Nähe seines Zuhauses.
Er hatte seine Gefühle Lecter mitzuteilen versucht. Doch Lecter hatte ihn hintergangen.
Trotzdem war er immer noch bereit, seine Gefühle mit jemand anderem zu teilen. Er hätte sie gern ein wenig mit ihr geteilt, und zwar auf eine Weise, daß sie am Leben bleiben konnte.

34. K APITEL

    I ch weiß, daß es sich dabei um eine politische Angelegenheit handelt, und du weißt, daß es so ist, und außerdem läuft es sowieso ziemlich genau auf das hinaus, was du machst, Will.« Crawford und Graham gingen am späten Nachmittag die State Street Mall hinunter auf das FBI-Gebäude zu. »Tu einfach, was du sowieso tust; schreib die Parallelen raus - den Rest erledige dann ich.«
    Die

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