Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Roter Drache

Roter Drache

Titel: Roter Drache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Harris
Vom Netzwerk:
und hallte sehr stark. Von einer Stelle strahlte Wärme aus.
Das rhythmische Schlurfen mehrerer schwer beladener Fußpaare, und dann führte Dolarhyde sie zur Seite, bis Reba den gegabelten Druck einer Ecke spürte.
Er war jetzt im Raum; sie konnte es riechen.
Eine Stimme.
»So, jetzt hoch. Vorsichtig. Und jetzt runter. Können wir die Schlaufe drunterlassen, Dr. Warfield?«
»Ja, wickeln Sie das Kissen in eines der grünen Handtücher und legen Sie es ihm unter den Kopf. Ich werde Sie von John holen lassen, sobald wir fertig sind.«
Schritte, die sich aus dem Raum entfernten.
Reba wartete, daß Dolarhyde ihr etwas erklärte. Doch das tat er nicht.
»Er ist jetzt hier drinnen«, sagte sie deshalb.
»Zehn Männer haben ihn mit Gurten hereingetragen. Er ist ganz schön groß. Drei Meter lang. Dr. Warfield hört sich gerade seinen Herzschlag an. Jetzt schaut er unter ein Augenlid. Ah, jetzt kommt er auf uns zu.«
Ein Körper blockte die Geräusche des Raums etwas ab.
»Dr. Warfield, Reba McClane«, machte Dolarhyde die beiden miteinander bekannt.
Sie streckte ihre Hand aus, worauf sie von einer großen, weichen Männerhand ergriffen wurde.
»Vielen Dank, daß ich das miterleben darf«, erklärte Reba. »Das ist wirklich sehr nett von Ihnen.«
»Im Gegenteil, ich bin Ihnen zu Dank verpflichtet, daß Sie gekommen sind. Eine willkommene Abwechslung. Im übrigen sind wir Ihnen für das Filmmaterial zu größtem Dank verpflichtet.«
Dr. Warfields Stimme war die eines Mannes in mittleren Jahren - tief, kultiviert, schwarz. Virginia, tippte Reba.
»Wir warten, bis seine Atmung und sein Herzschlag kräftig und regelmäßig sind, bevor Dr. Hassler sich an die Arbeit macht. Er ist übrigens dort drüben, um sich seinen Kopfspiegel aufzusetzen. Im Vertrauen gesagt - er braucht das Ding nur, um seinem Toupet Halt zu verleihen. Darf ich Sie mit ihm bekanntmachen? Mr. Dolarhyde?«
»Gehen Sie schon mal voraus.«
Sie streckte ihre Hand nach Dolarhyde aus. Sie näherte sich langsam und behutsam und vollzog die Berührung ganz zart. Seine Handfläche hinterließ Schweiß auf ihren Fingerknöcheln.
Dr. Warfield legte ihre Hand auf seinen Arm, worauf sie sich langsam in Bewegung setzten.
»Er schläft jetzt ganz tief. Wissen Sie im groben über Tiger Bescheid...? Ich kann Ihnen das Tier beschreiben, soweit Sie das wünschen.« Unsicher, wie er sich ausdrücken sollte, blieb Warfield stehen.
»Ich kann mich an Bilder in verschiedenen Büchern erinnern, die ich als Kind gesehen habe. Und einmal habe ich in einem Zoo einen Puma gesehen.«
»Dieser Tiger ist eine Art Superpuma«, erklärte Dr. Warfield darauf. »Er hat einen umfangreicheren Brustkorb, einen massiveren Kopf und einen insgesamt kräftigeren Körperbau. Es handelt sich dabei um einen vier Jahre alten, männlichen bengalischen Königstiger. Er ist etwa drei Meter lang - von der Schnauze bis zur Schwanzspitze gemessen - und wiegt 815 Kilo. Er liegt unter der hellen Operationsbeleuchtung auf seiner rechten Seite.«
»Ich kann die Wärme der Lampen spüren.«
»Er ist orange und schwarz gestreift, wobei das Orange so grell ist, daß es sich mit der umgebenden Luft zu vermischen scheint.« Plötzlich wurde sich Dr. Warfield bewußt, es könnte vielleicht schmerzhaft für Reba sein, von Farben zu sprechen. Doch ein kurzer Blick in ihr Gesicht belehrte ihn eines besseren.
»Er ist jetzt knapp zwei Meter von Ihnen entfernt. Können Sie ihn riechen?«
»Ja.«
»Vielleicht hat Ihnen Mr. Dolarhyde erzählt, daß irgendein Dummkopf mit dem Spaten eines Gärtners durch die Gitterstäbe nach dem Tiger gestochert hat. Als das Tier danach geschnappt hat, hat es sich am Spatenblatt seinen linken oberen Reißzahn abgebrochen. Können wir, Dr. Hassler?«
»Alles bestens. Allerdings sollten wir lieber noch ein, zwei Minuten warten.«
Warfield stellte Reba dem Zahnarzt vor.
»Ich kann Ihnen sagen, meine Liebe, Sie sind die erste angenehme Überraschung, die mir Frank Warfield bereitet hat«, witzelte Hassler. »Wollen Sie das mal befühlen? Es ist ein Goldzahn - genauer, ein goldener Reißzahn.« Er legte ihn in Rebas Hand. »Ganz schön schwer, nicht wahr? Ich habe vor ein paar Tagen einen Abdruck des abgebrochenen Zahnstücks angefertigt, und heute bekommt er diese Krone aufgesetzt. Ich hätte den Zahn natürlich auch weiß machen können, aber so fand ich es irgendwie witziger. Dr. Warfield wird Ihnen sicher bestätigen, daß ich keine Gelegenheit ungenutzt lasse, mich aufzuspielen.

Weitere Kostenlose Bücher