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Roter Drache

Roter Drache

Titel: Roter Drache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Harris
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Lagerhausinventurliste. Dort
war alles verzeichnet, mit Ausnahme zweier kleiner, wertvoller
Gegenstände. Sie hätten eigentlich in dem Verzeichnis der Wertgegenstände stehen müssen, die Byron Metcalf in einem
Bankschließfach in Birmingham verwahrt und die er in einem
separaten Verzeichnis aufgeführt hatte.
Bis auf zwei waren dort auch alle Wertgegenstände aufgeführt. ›Kristallschale, 10 auf 8 cm, mit Deckel aus Sterlingsilber‹ stand
zwar in der Versicherungsaufstellung, aber nicht im Schließ
fach Verzeichnis. Und ein ›Bilderrahmen aus Sterlingsilber, 23
auf 28 cm, mit getriebenen Ranken und Blüten‹ fehlte ebenfalls
im Schließfach.
Gestohlen? Verlegt? Es handelte sich dabei um kleine Gegenstände, die sich leicht verstecken ließen. In der Regel wird
gestohlenes Silber unverzüglich eingeschmolzen. Seine Spur
würde sich also schwerlich zurückverfolgen lassen. Dagegen
waren Filmprojektoren mit einer Gerätenummer versehen, anhand deren sie eindeutig identifizierbar waren.
War der Mörder der Dieb?
Während Graham nun auf sein fleckiges Foto der Jacobis starrte, spürte er den belebenden Energiestoß eines neu hergestellten
Zusammenhangs. Doch wenn er dann die Antwort als Ganzes
betrachtete, erschien sie ihm schäbig, enttäuschend und unbedeutend.
Es gab im Geschworenenzimmer ein Telefon. Graham rief
die Mordkommission in Birmingham an und verlangte den
Leiter der Spätschicht.
»Wie ich sehe, haben Sie im Fall Jacobi ein Tagebuch der Einund Ausgänge geführt, nachdem das Haus plombiert wurde.« »Einen Augenblick«, erklärte der Schichtleiter. »Ich lasse gleich
mal jemanden nachsehen.«
Graham wußte, daß ein solches Verzeichnis existierte. Es zeugte von gewissenhaftem Vorgehen, jede Person zu registrieren,
die den Schauplatz eines Mordes betrat oder verließ, und er hatte
zufrieden zur Kenntnis genommen, daß man sich in Birmingham hierfür die Mühe gemacht hatte. Graham wartete fünf
Minuten, bis endlich wieder ein Polizist an den Apparat kam. »Sie interessieren sich also für die Ein- und Ausgänge. Was
genau wollen Sie wissen?«
»Niles Jacobi, der Sohn der Ermordeten - steht er auf der
Liste?«
»Mmm-hmmmm, jawoll. Am zwoten Juli, 19 Uhr. Er hatte
Erlaubnis, ein paar persönliche Dinge abzuholen.« »Haben Sie in Ihrer Liste vielleicht auch stehen, ob er einen
Koffer oder etwas ähnliches bei sich hatte?«
»Nee, leider nicht.«
Byron Metcalfs Stimme klang heiser und etwas außer Atem,
als er sich meldete. Graham fragte sich, was er wohl gerade gemacht hatte.
»Hoffentlich habe ich Sie nicht gestört.«
»Was kann ich für Sie tun, Will?«
»Könnten Sie mir vielleicht mit Niles Jacobi etwas weiterhel
fen?«
»Was hat der Bursche denn jetzt schon wieder ausgefressen?« »Ich vermute, daß er aus dem Haus der Jacobis ein paar Dinge mitgehen hat lassen - nach deren Ermordung.«
»Aha.«
»In Ihrem Verzeichnis über den Inhalt des Schließfachs fehlt
zum Beispiel ein silberner Bilderrahmen. Als ich in Birmingham war, habe ich mir aus Niles’ Zimmer im Internat ein loses
Foto der Familie mitgenommen. Es befand sich mal in einem
Rahmen - man kann nämlich noch seinen Abdruck am Rand
des Fotos erkennen.«
»Dieser kleine Mistfink. Ich habe ihm die Erlaubnis erteilt,
sich seine Sachen und ein paar Bücher, die er brauchte, aus dem
Haus zu holen«, schimpfte Metcalf.
»Niles hat eben kostspielige Freundschaften. Was mich jedoch mehr interessiert, sind ein Filmprojektor und eine
Filmkamera, die ebenfalls fehlen. Ich hätte gern gewußt, ob er
sie gestohlen hat. Vielleicht hat er das, vielleicht aber auch nicht,
was hieße, daß sie möglicherweise der Mörder entwendet hat.
In diesem Fall müßten wir unverzüglich an sämtliche Pfandleihen die Gerätenummer durchgeben. Außerdem müßten wir sie
auf die landesweite Dringlichkeitsliste gestohlener Gegenstände setzen. Der Rahmen ist inzwischen vermutlich sowieso längst
eingeschmolzen.«
»Dieses Bürschchen soll mich mal kennenlernen.« »Und noch etwas - falls tatsächlich Niles den Projektor gestohlen hat, hat er die Filme möglicherweise behalten. Die hätten
sich schließlich nicht zu Geld machen lassen. Ich brauche diese
Filme. Ich muß sie mir unbedingt ansehen. Falls Sie ihm also gleich die Tür einrennen, wird er nur alles abstreiten und die
Filme verschwinden lassen, falls er sie noch haben sollte.« »Gut«, versicherte ihm Metcalf. »Sein Rechtsanspruch auf
seinen Wagen fiel an den Gesamtbesitz zurück, weshalb ich

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