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Roter Drache

Roter Drache

Titel: Roter Drache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Harris
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als
Nachlaßverwalter auch ohne Durchsuchungsbefehl Zutritt dazu
habe. Und was sein Zimmer betrifft, bin ich mit einem Richter
befreundet, der mir diesbezüglich bestimmt unter die Arme
greifen wird. Sobald ich Näheres weiß, hören Sie wieder von
mir.«
Graham wandte sich wieder seiner Arbeit zu.
Wohlstand. Er würde auf jeden Fall die Wohlhabenheit der
Opfer in dem von der Polizei angeforderten Persönlichkeitsprofil hervorheben.
Graham fragte sich, ob Mrs. Leeds und Mrs. Jacobi wohl auch
in Tenniskleidung einkaufen gegangen waren. In manchen
Wohngegenden galt das als besonders schick. In anderen Wohngegenden wäre es jedoch sehr dumm gewesen, weil es in
doppelter Hinsicht provozierte - es hätte den Klassenhaß geschürt und zugleich sexuell herausfordernd gewirkt. Graham stellte sich die Frauen vor, wie sie in ihren kurzen
Tennisröckchen über knackig braunen Schenkeln ihre Einkaufswagen zwischen den Regalen entlangschoben, die kleinen Bälle
auf ihren Frotteesocken aufmunternd zwinkernd -und wie sie
dabei an dem grobschlächtigen Mann mit den Barrakudaaugen
vorbeischlenderten, der sich gerade eine Büchse Corned Beef
kaufte, um sie dann in seinem Wagen zum Mittagessen zu verzehren.
Wie viele Familien gab es, die drei Kinder hatten und ein
Haustier, und die nur durch ein lächerliches Türschloß vor dem
Drachen geschützt waren, während sie schliefen? Wenn Graham
sich potentielle Opfer vorstellte, sah er intelligente, erfolgreiche Menschen in schönen Häusern vor sich.
Doch die nächste Person, die dem Drachen gegenüberzutreten hatte, hatte weder Kinder noch ein Haustier, und ihrem Haus mangelte es an jeder Eleganz. Die nächste Person, die dem Drachen begegnen sollte, war Francis Dolarhyde.

37. K APITEL

    D as dumpfe Aufprallen der Gewichte auf dem Dachgeschoß boden hallte durch das ganze Haus.
    Dolarhyde trainierte mit einer nie gekannten Verbissenheit. Auch war er anders gekleidet als sonst; seine Tätowierung war unter einer weiten Trainingshose verborgen. Das dazugehörige Oberteil hing über dem Großen roten Drachen und der mit der Sonne bekleideten Frau. Der Kimono hing wie die abgestreifte Haut einer Schlange an der Wand. Er verdeckte den Spiegel.
    Dolarhyde trug keine Maske.
    Hoch. Einhundertfünfundzwanzig Kilo in einem Schwung vom Boden bis zu seiner Brust. Und jetzt über seinen Kopf.
»AN WEN DENKST DU?«
Vor Schrecken über die Stimme geriet er unter dem gewaltigen Gewicht der Hantel ins Wanken, ließ sie fast fallen. Runter. Die Scheiben setzten mit einem dumpfen Krachen auf dem Boden auf.
Seine mächtigen Arme an den Seiten herabhängend, drehte er sich herum und starrte in die Richtung, aus der die Stimme ertönt war.
»AN WEN DENKST DU?«
Die Stimme schien unter der Trainingsanzugjacke hervorzukommen, doch ihre Eindringlichkeit und Lautstärke schnürten ihm die Kehle zusammen.
»AN WEN DENKST DU?«
Er wußte, wer zu ihm sprach, und er hatte Angst. Von Anfang an waren er und der Drache eins gewesen. Er war das im Werden Begriffene und der Drache sein höheres Selbst. Ihre Körper, Stimmen, Willen waren eins.
Nicht so jetzt. Nicht seit der Begegnung mit Reba. Du darfst nicht an Reba denken.
»WER KOMMT NUR IN FRAGE?«
»Mrs.... erhman - Sherman.« Dolarhyde hatte Mühe, den Namen auszusprechen.
»SPRICH DEUTLICHER. ICH KANN DICH NICHT VERSTEHEN. AN WEN DENKST DU?«
Mit entschlossener Miene wandte Dolarhyde sich einer Hantelmaschine zu. Hoch. Über seinen Kopf. Und noch einmal.
»Mrs.... erhman naß im Wasser.«
»DU DENKST AN DEINE KLEINE FREUNDIN, NICHT WAHR? DU WILLST DOCH, DASS SIE DEINE KLEINE FREUNDIN IST, ODER NICHT?«
Die Hantel schlug mit dumpfem Knall auf den Boden.
»Ich chabe keine leine Fleundin. « Die Angst raubte ihm die Sprache. Er mußte mit der Oberlippe seine Nasenlöcher schließen.
»EINE SAUDUMME LÜGE.« Die Stimme des Drachen war deutlich und klar. Er hatte keinerlei Schwierigkeiten mit dem / s/. »DU VERNACHLÄSSIGST DAS WERDEN. BEREITE DICH AUF DIE SHERMANS VOR. WUCHTE DIE HANTEL HOCH.«
Dolarhydes Hände legten sich um den Griff der Hantel, und er strengte nun seinen Verstand ebenso sehr an wie seinen Körper. Verzweifelt versuchte er, an die Shermans zu denken. Er zwang sich, an Mrs. Shermans Gewicht in seinen Armen zu denken. Mrs. Sherman war als nächste dran. Keine andere als Mrs. Sherman. Im Dunkeln kämpfte er mit Mr. Sherman. Er drückte ihn so lange aufs Bett nieder, bis der Blutverlust sein Herz wie einen gefangenen Vogel erzittern ließ. Es war das

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