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Roter Drache

Roter Drache

Titel: Roter Drache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Harris
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hatten die Katze in ein Geschirrtuch gewickelt und sie mit einer Blume zwischen den Pfoten in einem Schuhkarton begraben.
Ein Haustierbegräbnis war für Kinder immer eine todernste Sache. Aus Scham, mit ihnen zu beten, ziehen die Eltern sich ins Haus zurück. Die Kinder, einander ansehend, entdecken neue Nerven an der Stelle, die der Verlust herausgerissen hat. Eines senkt den Kopf, die anderen folgen seinem Beispiel, wobei die Schaufel sie alle überragt. Danach eine Diskussion, ob die Katze bei Gott und Jesus im Himmel ist. Außerdem sind sie noch eine ganze Weile danach merkwürdig still.
Mit einem Mal durchströmte Graham unverbrüchliche Gewißheit, während er vor dem Loch im Boden stand und die Sonne auf seinen Nacken herabbrannte. So gewiß, wie der Mörder die Katze getötet hatte, hatte er auch die Kinder beobachtet, wie sie das Tier begruben. Dieses Schauspiel dürfte er sich unter keinen Umständen entgehen haben lassen.
Sicher wäre er nicht zweimal zu dem Haus hinausgefahren, um das eine Mal nur die Katze umzubringen und das andere Mal die Jacobis. Er kam hierher, um die Katze zu töten und dann zu warten, bis die Kinder sie fanden.
Es gab keine Möglichkeit festzustellen, wo genau die Kinder die Katze gefunden hatten. Die Polizei hatte niemanden ausfindig machen können, der nach zwölf Uhr mittags, etwa zehn Stunden vor ihrer Ermordung, noch mit den Jacobis gesprochen hatte.
Wie war der Mörder hierher gekommen, und wo hatte er gewartet?
Hinter dem Zaun begann sofort dichtes Buschwerk, das einen dreißig Meter breiten Streifen bis zum Waldrand ausfüllte. Graham fischte seinen zerknitterten Stadtplan aus der Hosentasche und entfaltete ihn über dem Zaun. Darauf war ein durchgehender Waldstreifen eingezeichnet, der in einer Breite von etwa einem halben Kilometer hinter dem Grundstück der Jacobis verlief. Dahinter erstreckte sich, parallel zu der Straße, die vor dem Haus der Jacobis entlanglief, eine zweite Straße, die den Wald von Süden her begrenzte.
Graham fuhr vom Haus zum Highway zurück und maß die Entfernung auf dem Kilometerzähler.
Nachdem er auf dem Highway ein Stück in Richtung Süden gefahren war, bog er in die Straße ein, die direkt am Wald hinter dem Haus der Jacobis entlanglief.
Diese Straße endete in einer Wohnsiedlung für sozial Schwache, die so neu war, daß sie auf Grahams Stadtplan nicht eingezeichnet war. Er stellte den Wagen auf einer Parkfläche ab. Die meisten Autos, die hier geparkt waren, waren alt und ungepflegt. Zwei waren aufgebockt.
Vor einem einzelnen Basketballkorb ohne Netz spielten ein paar schwarze Kinder auf einem Platz aus festgestampfter Erde Basketball. Graham ließ sich auf dem vorderen Kotflügel seines Wagens nieder, um ihnen eine Weile zuzusehen.
Eigentlich hätte er gern sein Jackett ausgezogen, aber die .44 Special und die Kamera an seinem Gürtel hätten nur unerwünschte Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Es war ihm immer peinlich, wenn die Leute auf seine Pistole starrten.
Die Mannschaft, die mit Hemden spielte, bestand aus acht Spielern; ihre Gegner - sie spielten mit nacktem Oberkörper waren sogar zu elft. Einen Schiedsrichter gab es nicht.
Ein kleiner Nackter, etwas unfair abgedrängt, stapfte wütend nach Hause davon, um wenig später, mit einem Keks gestärkt, wieder zurückzukehren und sich neuerlich ins Getümmel zu stürzen.
Das aufgeregte Geschrei und das Aufschlagen des Balls hob Grahams Stimmung merklich.
Ein Korb, ein Basketball. Dabei wurde ihm neuerlich bewußt, wie viele Dinge die Leeds’ besessen hatten. Und laut Aussagen der Polizei von Birmingham traf das auch auf die Jacobis zu. Boote, Sport- und Campingausrüstungen, Kameras, Jagdgewehre und Angeln. Das war noch etwas, was den beiden Familien gemeinsam war.
Und mit dem Gedanken an die Leeds’ und Jacobis, wie sie noch am Leben gewesen waren, kam auch der Gedanke, wie sie nachher ausgesehen hatten; und Graham konnte plötzlich den Basketball spielenden Kindern nicht mehr zusehen. Er holte tief Luft und ging über die Straße auf das dunkle Gehölz zu. Das Unterholz, am Rande des Kiefernbestands noch sehr dicht, lichtete sich, je tiefer Graham in den Schatten der Bäume eindrang, so daß er nach kurzem in der Kühle des Waldes gut vorankam. Die Luft war angenehm frisch und still. In den Bäumen vor ihm kündigten ein paar Eichelhäher sein Kommen an. Das Gelände senkte sich zu einem ausgetrockneten Bachbett, an dessen Rand ein paar Zypressen wuchsen. In dem trockenen, roten

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