Roter Drache
Lehmboden hatten sich die Spuren von Waschbären und Mäusen abgedrückt. Dazwischen befanden sich hin und wieder auch ein paar menschliche Fußabdrücke, die meistens von Kindern stammten. Da ihre Konturen ausnahmslos ziemlich verwaschen wirkten, waren sie einige Regenfälle alt.
Hinter dem Bachbett stieg das Gelände wieder leicht an; der Untergrund ging in sandigen Lehm über, auf dem zahlreiche Farne unter den Kiefern wuchsen. Graham stieg die Böschung hoch, bis er zwischen den Bäumen wieder Licht durchdringen sah.
Ein paar Meter weiter konnte er zwischen den Baumstämmen das obere Stockwerk des Jacobi-Hauses erkennen.
Dann mußte er sich erneut durch das dichte Unterholz vorkämpfen, das sich etwa mannshoch zwischen dem Waldrand und dem Gartenzaun der Jacobis erstreckte. Als Graham den Zaun erreicht hatte, blieb er stehen und sah in den Garten.
Der Mörder könnte seinen Wagen auf dem Parkplatz der Wohnsiedlung abgestellt haben und dann durch das Gehölz hierher gegangen sein. Er könnte die Katze in das Unterholz gelockt haben, um sie dort zu erwürgen, und dann den schlaffen Körper des toten Tiers in seiner Hand haltend, geduckt zum Zaun zurückzuschleichen. Graham konnte ganz deutlich vor sich sehen, wie die Katze reglos, ohne die Beine zur Landung zu spreizen, durch die Luft segelte und mit einem dumpfen Klatschen auf dem Rasen aufschlug.
Das hatte der Mörder mit Sicherheit bei Tageslicht getan. Nachts hätten die Kinder die Katze nicht gefunden und begraben.
Und er hatte gewartet, um zu sehen, wie sie das tote Tier entdeckten. Hatte er den ganzen Tag in der Hitze zwischen den Büschen ausgeharrt? Am Zaun wäre er durch die Latten zu sehen gewesen. Um von weiter hinten im Unterholz den Garten einsehen zu können, hätte er zwischen den Büschen stehen bleiben müssen, womit er Gefahr gelaufen wäre, vom Haus aus gesehen zu werden. Mit Sicherheit hatte er sich also in den kühlen Schatten unter den Bäumen zurückgezogen. Genau das tat nun auch Graham.
Die Polizei von Birmingham hatte natürlich das Gelände hinter dem Haus gründlich abgesucht. Graham konnte sehen, wo sich die Beamten durch das Unterholz vorgearbeitet hatten. Aber das war gewesen, bevor sie die Katze entdeckt hatten. Die Polizei hatte damals nach Spuren - verlorenen Gegenständen, Fußabdrücken und so weiter - gesucht, nicht nach einem Beobachtungsposten.
Er drang ein paar Meter in den Wald hinter dem Jacobi-Haus ein und ging dann in dem lichtbesprenkelten Schatten an der Baumgrenze entlang. Er befand sich dort bereits auf etwas erhöhtem Gelände, wo man einigermaßen in den Garten der Jacobis sehen konnte.
Er hatte schon mehr als eine Stunde den Wald durchstreift, als ihm ein kurzes Aufblitzen vom Boden in die Augen stach. Er mußte erst noch eine Weile suchen, bis er die Stelle wiederfand. Es war der Aufreißring einer Limonadendose, der unter dem Laub einer Ulme lag, einem der wenigen Laubbäume unter all den Kiefern.
Er hatte den Ring aus etwa zweieinhalb Metern Entfernung entdeckt, doch er näherte sich ihm fünf Minuten lang auch nicht einen Zentimeter; statt dessen ließ er seine Blicke aufmerksam über den Boden in der Nähe der Ulme gleiten. Dann ging er in die Hocke und fegte mit den Händen das Laub vor sich beiseite, um auf diesem freigelegten Pfad auf den Baumstamm zuzuwatscheln und so zu vermeiden, daß er etwaige Fußabdrükke zerstörte. Als er den Baumstamm erreicht hatte, säuberte er die gesamte Fläche um den Stamm von Laub. Keine Fußabdrücke hatten sich durch den Teppich aus abgefallenen Blättern in den Untergrund abgedrückt.
Neben dem Dosenring fand er außerdem das vertrocknete Kerngehäuse eines Apfels, das von Ameisen sauber abgenagt war. Die Kerne hatten Vögel herausgepickt. Darauf sah er sich für weitere zehn Minuten genauestens den Boden an, um sich schließlich mit dem Rücken gegen den Baumstamm zu setzen und seine schmerzenden Beine auszustrecken.
Ein Schwarm Mücken schwebte durch ein Band aus Sonnenlicht. Über die Unterseite eines Blatts wellte sich eine Raupe.
Auf dem Ast genau über seinem Kopf hing ein Stück getrockneten, roten Bachschlamms aus dem Teil zwischen Sohle und Absatz eines Schuhs.
Graham hängte sein Jackett an einen Zweig und kletterte vorsichtig auf der anderen Seite des Baums den Stamm hoch, wobei er immer wieder nach den Ästen über dem Stück getrockneten Schlamms Ausschau hielt. In zehn Metern Höhe hatte er in etwa hundertfünfzig Metern Entfernung das Haus der Jacobis
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