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Roter Engel

Roter Engel

Titel: Roter Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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wenn ich zu früh bin. Ich wollte sicher sein, daß ich Ihr Haus auch rechtzeitig finde.« Sie streckte die Hand aus. »Mein Name ist Jane Nolan.«
    »Treten Sie ein. Ich spreche gerade noch mit einem anderen Bewerber, aber …«
    »Ich kann mich ja mit ihr unterhalten«, mischte Vickie sich ein und kam dazu, um Jane die Hand zu schütteln. »Ich bin Dr. Harpers Schwester. Setzen wir uns doch in die Küche.« Vickie sah Toby an. »Inzwischen kannst du das Gespräch mit Mr. Dugan abschließen.« Flüsternd fügte sie hinzu: »Sieh nur zu, daß du ihn
los
wirst.«
    Wallace kannte das Urteil bereits, das auf ihn wartete. Als Toby ins Wohnzimmer zurückkam, saß er mit dem niedergeschlagenen Blick des Verlierers am Kaffeetisch. Sein Lebenslauf lag vor ihm, drei Seiten Chronik seines Arbeitslebens. Eine Chronik, die jetzt wohl sicher an ihrem Ende war.
    Sie redeten noch ein paar Worte, eher aus Höflichkeit. Notwendig war es nicht mehr. Sie würden sich nicht wiedersehen.
    Das wußten sie beide. Als er schließlich ihr Haus verließ, schloß Toby mit einem Gefühl der Erleichterung die Tür hinter ihm. Traurig für ihn, daß er nicht der Richtige gewesen war.
    Sie ging in die Küche.
    Vickie saß allein am Tisch und sah zur Hintertür. »Schau«, sagte sie.
    Im Garten stapfte Ellen über den gepflasterten Weg. Neben ihr ging Jane Nolan und nickte, wenn Ellen ihr eine Pflanze, dann eine Blume zeigte. Jane wirkte wie ein kleiner, flinker Vogel, der jeder Bewegung Ellens aufmerksam folgte. Ellen blieb stehen und runzelte die Stirn über etwas zu ihren Füßen. Sie bückte sich und hob es auf – eine Gartenkralle. Und jetzt drehte sie sie in ihren Händen, als suche sie nach dem Zweck dieses Geräts.
    »Und was haben Sie da gefunden?« fragte Jane.
    Ellen hielt die Kralle hoch. »Das hier? Eine Bürste.« Im selben Augenblick schien Ellen zu wissen, daß das der falsche Begriff war, und sie schüttelte den Kopf. »Nein, das ist keine Bürste. Es ist – also – es ist …«
    »Für die Blumen, nicht wahr?« half ihr Jane auf die Sprünge.
    »Eine Gartenkralle, um die Erde um die Blumen zu lockern.«
    »Ja.« Ellen strahlte. »Eine Kralle.«
    »Bringen wir sie dahin, wo sie nicht verlorengeht. Und dann tritt man auch nicht aus Versehen darauf.« Jane nahm die Gartenkralle und legte sie in die Schubkarre. Im Aufblicken sah sie Toby, lächelte und winkte. Dann nahm sie Ellen am Arm, und beide gingen den Weg weiter und verschwanden um die Hausecke.
    Toby hatte das Gefühl, als falle ihr eine unsichtbare Last von der Schulter. Sie sah ihre Schwester an. »Was meinst du?«
    »Ihre Unterlagen sehen gut aus. Sie hat drei hervorragende Zeugnisse von drei Pflegeheimen. Wir müssen sie nach Stunden und nicht pauschal bezahlen, weil sie auf Honorarbasis arbeitet. Aber ich würde sagen, das wäre es wert.«
    »Mom scheint sie zu mögen. Das ist das Wichtigste.«
    Vickie seufzte erleichtert. Mission erledigt. Vickie, die Tüchtige. »Na also«, sagte sie. »War ja gar nicht so schwer.«
    Ein neuer Tag. Ein neuer Dienst. Eine neue Leiche.
    Daniel Dvorak trat vom Seziertisch zurück und streifte die Handschuhe ab. »Wir sind soweit, Roy. Einstichwunde im linken oberen Quadranten, Milzriß mit massiver Blutung. Eindeutig durch Fremdeinwirkung. Sonst keine Besonderheiten.«
    Er warf die Handschuhe in den Abfallbehälter für kontaminierte Arbeitsmittel und sah Detective Sheehan an.
    Sheehan stand noch am Tisch, aber sein Blick war nicht auf den ausgeweideten Leichnam gerichtet. Nein, Sheehan starrte Dvoraks Assistent Lisa mit Glotzaugen an. Wirklich romantisch.
    Romeo und Julia treffen sich über einer Leiche.
    Dvorak schüttelte den Kopf, ging zum Becken und wusch sich die Hände. Im Spiegel beobachtete er den Fortgang dieser romantischen Begegnung. Detective Sheehan streckte sich ein wenig und zog den Bauch ein. Lisa lachte und warf ihre blonden Strähnen zurück. Auch in einem Leichenschauhaus verlangt die Natur ihre Rechte.
    Sogar dann, wenn der eine von beiden ein verheirateter Cop ist, mittleren Alters und übergewichtig.
    Wenn Sheehan den Verliebten spielen und in einem Paar blauer Augen versinken will, geht mich das nichts an, dachte Dvorak und trocknete sich in Ruhe die Hände ab. Aber warnen sollte ich ihn schon, daß er nicht der erste Cop wäre, dessen Hormone hier unten ein wenig verrückt spielen. Autopsien waren neuerdings überraschend beliebt, und das lag keineswegs an den Leichen.
    »Ich bin in meinem Büro«, sagte Dvorak

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