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Roter Engel

Roter Engel

Titel: Roter Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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ist doch nur noch, ob und wann man seine Leiche findet.«
    Das Geschrei oben im ersten Stock war verstummt. Die Schlacht hatte einen Sieger. Die Stille unterstrich aber den unangenehmen Aspekt, den ihre Unterhaltung genommen hatte.
    Die Treppe knarrte, und eine Frau trat ins Zimmer. Das zartweiße Gesicht unter dem roten Haarschopf wirkte im Licht des Wohnzimmers wie durchsichtig.
    »Meine Frau Greta«, sagte Brace. »Und das ist Dr. Toby Harper. Toby ist nur schnell wegen einiger dienstlicher Fragen vorbeigekommen.«
    »Dieses ganze Geschrei tut mir leid«, sagte Greta. »Unser tägliches Brot. Sag mir doch noch einmal, Robbie: Warum
haben
wir eigentlich Kinder?«
    »Um unsere tollen Erbanlagen weiterzugeben. Das Dumme ist nur, Liebes, sie haben
dein
Temperament geerbt.«
    Greta setzte sich zu ihrem Mann auf die Armlehne. »Zielstrebigkeit ist das. Nicht Temperament.«
    »Ja, gut, wie immer du es auch nennen magst. Jedenfalls tut es in den Ohren weh.« Er tätschelte seiner Frau das Knie. »Toby ist Ärztin in der Notaufnahme in Springer Hospital. Sie war es, die mir mein Gesicht zusammengenäht hat.«
    »Ach.« Greta nickte beifällig. »Das haben Sie sehr gut hingekriegt. Man wird die Narbe kaum sehen.« Plötzlich blickte sie mit einem Stirnrunzeln auf den Kaffeetisch. »Robbie, ich hoffe, du hast unserem Gast etwas zu trinken angeboten. Soll ich einen Tee aufsetzen?«
    »Nein, Liebes, ist schon gut«, sagte Robbie. »Hier sind wir so gut wie fertig.«
    Das ist wohl der Hinweis, daß ich gehen soll, dachte Toby und stand zögernd auf.
    Auch Robbie stand auf. Er gab seiner Frau einen schnellen Kuß und sagte: »Ich brauche nicht lange. Ich fahre nur schnell hinüber.« Dann wandte er sich zu Toby um, die ihn überrascht ansah. »Sie möchten doch diese Krankengeschichten sehen, nicht?« fragte er.
    »Ja, natürlich.«
    »Dann sehen wir uns drüben in Brant Hill.«

11
    »Ich wußte, daß Sie mich damit nicht in Ruhe lassen würden«, sagte Robbie, als er ihr die Tür zur Brant Hill Clinic aufschloß.
    »
Prüfen Sie dies nach, prüfen Sie das.
Meine Güte, mir wurde klar, daß ich Sie die verdammten Unterlagen besser selbst durchsehen lassen sollte, damit Sie nicht glauben, ich enthalte Ihnen etwas vor.« Sie gingen hinein, und die Tür fiel hinter ihnen zu.
    Das Echo schallte durch den leeren Eingangsbereich. Er ging nach rechts und schloß eine Tür mit dem Schild
Registratur
auf.
    Toby schaltete das Licht ein und stand überrascht vor sechs Reihen von Aktenschränken. »Alphabetisch?« fragte sie.
    »Ja. Buchstabe A ist hier, da drüben ist Z. Ich suche Slotkins Krankengeschichte heraus, Sie Parmenters.«
    Toby ging zu den P’s. »Ich kann gar nicht fassen, wie viele Unterlagen Sie haben. Hat Brant Hill denn so viele Patienten?«
    »Nein, das hier ist das Zentralregister für alle Orcurt-Health’s-Pflegeeinrichtungen.«
    »Heißt so der Konzern?«
    »Ja, und wir sind sein Flaggschiff.«
    »Wieviel Einrichtungen betreibt er denn?«
    »Ein Dutzend, glaube ich. Wir hängen alle verwaltungs-mäßig zusammen und überweisen uns die Patienten gegenseitig.«
    Toby stand vor dem Schrank für den Buchstaben P und ging die Akten durch. »Ich finde Parmenter nicht«, sagte sie.
    »Also, Slotkins habe ich hier.«
    »Na gut, und wo ist Parmenter?«
    Brace kam in ihren Gang. »Ach, das habe ich vergessen. Er ist ja verstorben, und darum hat man die Akte wahr-scheinlich bei den ›inaktiven‹ Mitgliedern eingeordnet.« Er ging zu einer Reihe Schränke am Ende des Raums. Einen Augenblick später schob er die Lade wieder zu. »Muß aussortiert worden sein. Ich finde sie nicht. Wie wäre es, wenn Sie sich erst einmal Harrys Unterlagen ansehen? Sehen Sie sie durch, bis Sie zufrieden sind und wissen, daß ich nichts übersehen habe.«
    Sie setzte sich an einen leeren Schreibtisch und klappte Harry Slotkins Akte auf. Sie war nicht chronologisch geführt, sondern nach Fällen geordnet. Auf dem ersten Blatt waren die aktuellen zusammengestellt. Dort stand nichts Ungewöhnliches.
    Gutartige Erweiterung der Prostata. Chronische Rücken-schmerzen. Leichte Hörschwäche als Folge einer Otosklerose, lauter Dinge, die das Alter so mit sich brachte.
    Sie nahm sich die frühere Krankengeschichte vor. Auch hier nur das Übliche:
    Blinddarmentfernung mit fünfunddreißig.
    Transurethrale Resektion der Prostata mit achtundsechzig.
    Staroperation mit siebzig. Harry Slotkin war im großen und ganzen ein gesunder Mann gewesen.
    Sie ging zu den

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