Roter Fluch - Wells, J: Roter Fluch - Mage in Black - Red-Headed Stepchild Trilogie 2
»Hör auf!« Rhea packte mich an den Armen und hielt mich fest. Für eine Magierin war sie überraschend stark.
Slade lächelte trotz des Blutes, das ihm jetzt über Mund und Kinn lief. »Schön zu sehen, dass du genauso kratzbürstig bist wie damals.«
Ich fauchte. »Kratzbürstig, meinst du? Wie wäre es mit stinksauer, Arschloch?«
Ich mochte keine Überraschungen, auch wenn Slades plötzliches Auftauchen keine Überraschung war – eher eine Handgranate, deren Zünder man gerade gezogen hatte.
»Jetzt sei nicht albern, Sabina. Ich bin doch nicht dein Feind.«
»Komisch. Da erinnere ich mich aber an etwas anderes.«
»Sabina.« Rheas warnender Tonfall machte mir deutlich, was sie von meinem Benehmen hielt.
Dann sah ich, wie Slade leise lächelte. Eines der ersten Dinge, die ich in der Ausbildung zum Auftragskiller gelernt hatte, war es, sich niemals von Gefühlen leiten zu lassen. Verdammt – Slade selbst hatte mich immer wieder an diese Lektion erinnert, als wir noch zusammengearbeitet hatten. Einem Gegner gegenüber die Nerven zu verlieren und auszurasten, war genauso gefährlich, wie ihm eine Waffe in die Hand zu geben und die Jacke aufzuknöpfen. Ich holte tief Luft und zwang meine Muskeln dazu, sich zu entspannen, meinen Kiefer, sich zu lockern, und mein Herz, langsamer zu schlagen.
Rhea spürte die Veränderung in meinem Körper und hielt mich nicht mehr ganz so fest, auch wenn sie mir weiterhin nicht von der Seite wich, falls sie erneut einschreiten
müsste. Giguhl blickte währenddessen wie ein Kind, dessen Mommy und Daddy sich gerade zum ersten Mal vor ihm streiten. Das traf mich. Er war zwar mein Dämon, aber offenbar war er von Slade angetan. Was war geschehen, als ich das Bewusstsein verloren hatte?
Slade schien nicht das geringste Interesse an Giguhl zu haben. Er setzte eine gönnerhafte Miene auf und lächelte mich an: »Braves Mädchen.«
Er wollte mich ärgern. Es gelang mir, den herablassenden Tonfall zu ignorieren. »Du schuldest mir noch zehntausend Dollar. Samt Zinsen und Inflationszuschlag.«
Er lachte. »Noch immer so witzig wie eh und je.«
Ich biss die Zähne zusammen. Wieder wollte er mich dazu bringen, die Nerven zu verlieren.
»Sabina, wir sind dem Schatten zu großem Dank verpflichtet«, mischte sich Rhea ein. »Er war damit einverstanden, den Kampf unentschieden enden zu lassen. Deine Schuld ist damit beglichen.«
»Hören Sie auf, ihn mit diesem lächerlichen Namen anzusprechen. Er heißt Slade.«
»Lass uns doch nicht über so etwas streiten, Sabina. Slade ist schon lange passé. Ich höre gar nicht mehr darauf. Hier …« Er machte ausladende Bewegung. »… bin ich der Schatten. Aber da du eine alte Freundin bist, kannst du mich natürlich Slade nennen.«
»Du musst mir keinen Gefallen tun, Arschloch. Wir sind keine Freunde.«
Slade lachte. »Du kannst doch nicht immer noch wütend auf mich sein.«
»Wütend? Weshalb?«, hakte Giguhl nach. »Könnte jemand mal erklären, worum es hier geht?«
»Nein«, fauchte ich.
»Klar«, antwortete Slade zur gleichen Zeit. »Sabina und ich haben früher einmal miteinander gearbeitet.«
Giguhl warf mir einen überraschten Blick zu. »Miteinander gearbeitet?«
Die Betonung des Wortes machte deutlich, dass er das nicht so recht glauben wollte. Manchmal war sogar auf Giguhls Bauchgefühl Verlass.
»Unter anderem«, erwiderte Slade mit einem Lächeln. Ich biss die Zähne zusammen, da ich keine Lust hatte, in Rheas Gegenwart darüber zu reden.
Giguhl warf mir einen neugierigen Blick zu. »Wir haben früher mal zusammengearbeitet«, erklärte ich ihm. »Aber Slade hat erst die ganzen Lorbeeren eingeheimst und sich dann auch noch mit dem Geld aus dem Staub gemacht.«
Ich spürte, wie der Vampir mich anstarrte. Was ich nicht erwähnt hatte, war nämlich die Tatsache, dass wir auch zusammen im Bett gelandet waren, ehe er mich hinterhältig aufs Kreuz gelegt und sitzengelassen hatte. Das erhitzte Funkeln in seinen Augen zeigte mir, dass ich nicht die Einzige war, die sich noch gut an die fleischlichen Details unserer früheren Beziehung erinnerte.
»Du weißt genau, warum ich gegangen bin, Sabina«, sagte er.
Ich schüttelte den Kopf. »Ich habe jetzt keine Lust, darüber zu reden. Die Geschichte ist lange vorbei.«
»Wenn du meinst.«
Sein ironisches Lächeln hätte mich am liebsten erneut zuschlagen lassen. Aber ich schämte mich für meinen Wutausbruch und die fehlende Selbstbeherrschung, die ich zuvor an den Tag gelegt
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