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Roter Hibiskus: Roman (German Edition)

Roter Hibiskus: Roman (German Edition)

Titel: Roter Hibiskus: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Scholes
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Die Hütten-Boys – jetzt in langen weißen Kaftans und mit roten Kappen – halfen ihm. Am anderen Ende von Maras Tisch saßen die beiden Nicks – der Kameramann und sein junger Assistent, beide in weißen Abendanzügen. Sie waren zu weit von Mara weg, um sie begrüßen zu können, also winkte sie nur. Carlton, Leonard und Peter näherten sich ihrem Tisch. Kefa rückte ihnen die Stühle zurecht, damit sie Platz nehmen konnten. Der Platz rechts von Mara war für Lillian reserviert. Daneben saßen die beiden Brüder, und Peter saß links von ihr. Mara warf ihm einen verstohlenen Blick zu und musterte seine feinen, gleichmäßigen Züge und seine ungewöhnlichen, blaugrünen Augen. Sie versuchte, nicht an ihre erste Begegnung zu denken. Mittlerweile konnte sie sich nicht mehr vorstellen, wie sie ihn für ein Mitglied der Crew hatte halten können. Plötzlich merkte sie, dass er sie ebenfalls ansah.
    »Ist mit Ihrem Zimmer alles in Ordnung?«, fragte sie.
    »Ja, danke«, erwiderte er. »Es ist ein großartiges Zimmer.«
    »Gut.« Fieberhaft überlegte Mara, was sie sonst noch sagen konnte – etwas Intelligentes, Einfühlsames. »Ist das Netz okay?«
    »Ja, es hängt sehr schön.« Peter verzog die Lippen zu der Andeutung eines Lächelns. »Ich schlafe gerne unter Moskitonetzen – es erinnert mich daran, wie wir in meiner Kindheit in unsere Hütte gefahren sind.«
    Mara blickte ihn interessiert an. Sie wollte ihn gerade fragen, wo die Hütte seiner Familie denn gewesen sei – im Busch oder am Meer –, als sie merkte, dass Leonard sich über den Tisch beugte und versuchte, Peters Aufmerksamkeit zu erregen.
    »Ich habe über diesen Satz in Szene siebenundvierzig nachgedacht«, sagte er. »Der über Maggie und den Telefonanruf. Du solltest ihn ganz entschieden aussprechen. Mach ihn stark.«
    Peter warf Mara einen entschuldigenden Blick zu, als er sich Leonard zuwandte. Auch Carlton hörte auf, an seiner Manschette zu zupfen, und richtete seine Aufmerksamkeit ebenfalls auf seinen Bruder. Mara hatte den Eindruck, dass dieses Szenario üblich war: Wenn der Regisseur redete, hörten alle zu.
    »Der Einsatz ist hoch«, sagte Leonard und unterstrich seine Worte mit einer Handbewegung. »Ich möchte ein ernsthaftes Streitgespräch zwischen dir und Maggie.«
    Peter nickte zustimmend und führte sein Wasserglas an die Lippen. Als er den Kopf hob, um einen Schluck zu trinken, betrachtete Mara unwillkürlich die Linie seines Kinns und seines Halses. Seine olivbraune Haut wirkte noch dunkler gegen sein weißes Leinenhemd; seine Augen waren von einem blasseren Grün. Sanfte Schatten betonten seine Wangenknochen und die Wölbung seiner Stirn. Er sah wieder wie ein Schauspieler aus – überlebensgroß.
    Eigentlich sollte sie ihn nicht so anstarren. Vielleicht spürte Peter ja ihren Blick, wie es angeblich auch bei Elefanten der Fall war. John brachte seinen Kunden immer bei, die Beute nur aus den Augenwinkeln zu beobachten – bis zu dem Moment, in dem sie bereit waren, zu zielen und zu schießen.
    Peter setzte sein Glas ab. Als er sich zu Mara umdrehte, blickte sie rasch weg und tat so, als schaute sie interessiert zu, wie Kefa Daudi zu dem leeren Stuhl neben dem rothaarigen Tonmann, Jamie, führte. Daudi hatte seinen braunen Anzug gegen ein einfach geschnittenes blaues Hemd mit Mao-Kragen eingetauscht, ein Stil, den der Präsident bevorzugte. Mara fragte sich, ob er es absichtlich gewählt hatte, um sich von den Europäern in ihren feinen Anzügen mit Krawatte abzuheben.
    Als schließlich alle saßen, herrschte einen Moment lang Stille – und dann kam Lillian herein. Sie trug ein rotes Abendkleid, das eine Schulter entblößte. An ihren Ohrläppchen und um den Hals funkelten Diamanten.
    Sie blieb mitten im Raum stehen. Plötzlich war sie der Mittelpunkt, der jedem anderen Dekorationsstück seinen Sinn verlieh. Die Blumen schienen nur für sie hingestellt, die Tische so angeordnet worden zu sein, dass jeder sie bei ihrem Eintreten sehen konnte. Sogar der Duft der afrikanischen Nacht schien nur sie zu begrüßen.
    Carlton stand auf, um Lillian den Stuhl zurechtzurücken. Alle anderen blieben sitzen – es war nicht wie in England, wo die Männer sofort aufsprangen, wenn eine Frau den Raum betrat, und dann so lange stehen blieben, bis sie sie bat, wieder Platz zu nehmen. Mit leiser Wehmut dachte Mara daran, wie liebenswert sie diese Angewohnheit bei John gefunden hatte. Wie schmeichelhaft es doch gewesen war, so zuvorkommend

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