Roter Hibiskus: Roman (German Edition)
»Mein Name ist Mara.«
»Mara«, wiederholte Lillian. »Was für ein hübscher Name! Ich habe ihn noch nie gehört.« Sie warf ihr einen interessierten Blick zu.
Mara lächelte geschmeichelt, als hätte sie den Namen selbst ausgesucht.
Lillian legte ihr die Hand auf den Arm. »Ich bin so froh, dass ich hier bin«, gestand sie ihr. »Ich hasse kleine Flugzeuge, müssen Sie wissen. Ich habe Höhenangst.«
»Ach, Sie Ärmste«, erwiderte Mara. Lillians freundliche Art berührte sie – damit hatte sie nicht gerechnet. »Wollen Sie nicht erst einmal in die Lodge kommen und eine Tasse Tee trinken?«
»Das ist sehr lieb von Ihnen«, sagte Lillian. »Aber ich trinke keinen Tee. Auch keinen Kaffee.«
»Nun, dann trink doch eine Limonade«, warf Carlton ein. »Du musst in dieser Hitze viel trinken.«
Lillian schien ihn gar nicht zu hören. Sie wandte sich zu dem kleinen Mädchen mit den Blumen, bückte sich, um den Strauß entgegenzunehmen, und legte dem Kind eine Hand auf die krausen Haare. Dabei blickte sie ihm direkt in die Augen, und Mara stellte fest, dass es der gleiche intensive Blick war, den sie gerade noch ihr zugedacht hatte. Vielleicht benehmen sich ja berühmte Leute so, überlegte sie. Sie mussten wahrscheinlich ihre Aufmerksamkeit in kleine Portionen aufteilen.
Auf dem Weg zur Lodge – der Ranger blieb mit dem Gewehr immer in der Nähe – beugte Lillian sich erneut zu Mara. Ein Hauch von blumigem Parfüm stieg ihr in die Nase: ein leichter, unschuldiger Duft.
»Was ich wirklich gerne hätte«, sagte sie, »ist ein Gin Tonic mit Eis.«
Mara unterdrückte den Impuls, auf ihre Uhr zu blicken; es war bestimmt noch nicht später als drei. »Natürlich«, erwiderte sie vertraulich. »Ich lasse ihn vom Haus-Boy in Ihr Zimmer bringen.«
»Danke«, erwiderte Lillian. »Sie sind ein Engel.«
Mara ließ Lillian den Vortritt in die Rundhütte. Die Schauspielerin drehte sich langsam im Kreis, die Lippen zu einem Lächeln verzogen. Sie hatte es aufgesetzt, als sie unter den Elefantenstoßzähnen hindurchgegangen waren, und seitdem saß es dort wie festgefroren, auch als sie die braune Rasenfläche überquert hatten und an dem halb ausgehobenen Swimmingpool vorbeigekommen waren. Mara beobachtete dieses Lächeln, als Lillian ihre Umgebung musterte. Carlton stand bewegungslos in der offenen Tür und hielt den Atem an. Die Stille schien sich auszudehnen, bis die Luft vor Spannung prickelte. Aber plötzlich sagte Lillian: »Ich liebe es – es ist wundervoll!«
Mara entspannte sich und hielt ihre kleine Rede als Gastgeberin. »Ich bin sicher, dass Sie sich hier wohl fühlen werden. Es ist eines unserer besten Zimmer. Wie Sie sehen können, ist der Fußboden aus Lehm.« Sie zeigte auf den Boden, der erst kürzlich mit einem glänzenden Film von Bienenwachs und Kochöl versiegelt worden war. »Das ist viel besser als die Holzböden in den Blechhütten, weil sich darunter keine Tiere ansiedeln können. Sie müssen nur auf die weißen Ameisen aufpassen. Sie fressen alles auf, was auf dem Boden steht, deshalb bewahren Sie bitte alle Ihre Sachen auf dem Kofferständer oder dem freien Bett auf. Natürlich können Sie sie auch in die Schubladen einräumen.« Sie wies auf die Frisierkommode, die aus ihrem Schlafzimmer hierhergebracht worden war.
Mara bemerkte, dass Lillian mit verwirrtem Stirnrunzeln die kleinen Töpfchen betrachtete, in denen jedes Bein der beiden Betten stand. »Sie enthalten Kerosin«, erklärte sie. »Das hält Wanzen oder Käfer davon ab, ins Bett zu krabbeln, wenn das Moskitonetz nicht darüber hängt.«
Sie wies auf die Stelle, wo Bwana Stimu aus einer Lampe eine Steckdose gebastelt hatte. »Das ist für Ihren Haartrockner«, erklärte sie. »Seien Sie unbesorgt wegen des Drahts. Er ist nicht gefährlich.«
Carlton trat in den Raum, als er das hörte. »Was ist gefährlich?«, wollte er wissen. Stirnrunzelnd betrachtete er den Erdungsdraht. »Fass ihn nicht an«, wies er Lillian an. »Ich hole Brendan, damit er sich das ansieht.«
»Das ist wirklich nicht nötig«, erwiderte Mara empört, weil jemand die Fähigkeiten von Bwana Stimu in Frage stellte. »Ich werde unseren eigenen Stromexperten bitten, später vorbeizukommen und es Ihnen zu erklären, wenn der Generator läuft.« Sie durchquerte das Zimmer und beugte sich in den Toilettenanbau. Es roch nach dem frisch geschnittenen Gras, mit dem die Hütten-Boys den Blecheimer ausgekleidet hatten, der unter dem hölzernen Toilettensitz stand.
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