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Roter Hibiskus: Roman (German Edition)

Roter Hibiskus: Roman (German Edition)

Titel: Roter Hibiskus: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Scholes
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sondern läge neben ihr. Kleine Geräusche durchbrachen die Stille des Abends: das Murmeln von Stimmen, das Schlagen einer Tür, ein Husten, ein Lachen. Das waren nicht die üblichen Nachtgeräusche im Busch, sondern die Laute an einem Ort, der von vielen Menschen bewohnt war. Mara dachte daran, dass John und sie genau davon geträumt hatten – Raynor Lodge, erfüllt von Leben. Aber jetzt bedeutete es nichts mehr. Nichts bedeutete noch irgendetwas.
    Sie drehte den Kopf auf dem Kissen hin und her und versuchte, die Verspannungen in ihrem Nacken zu lösen. Die Erschöpfung, die sie heute Abend empfunden hatte, war verschwunden. Sie lag starr da, wach gehalten von ihren Gedanken. Jammernd und wütend kreisten sie in der Dunkelheit in ihrem Kopf wie hungrige Insekten auf der Jagd.

6
    Ein stetig klopfendes Geräusch drang langsam in Maras Bewusstsein und weckte sie schließlich aus ihren unruhigen Träumen. Sie hob den Kopf. Aus dem Garten erklang das Murmeln von Stimmen. Und von der anderen Seite der Schlafzimmerwand hörte sie das Klappern von Tellern, die in der Küche gespült wurden. Sie setzte sich auf und blickte zum Fenster. Das Licht war hell und stark. Die Morgendämmerung war schon angebrochen
    Mara warf die Decke zurück, zog den Rand des Netzes unter der Matratze hervor und sprang aus dem Bett. Sie griff nach ihrer Armbanduhr, die auf dem Nachttisch lag, und schaute entsetzt auf die winzigen Zeiger. Fast acht Uhr. Wie konnte sie verschlafen, obwohl sie das Haus voller Gäste hatte?
    Sie rannte ins angrenzende Badezimmer, drehte den Warm-wasserhahn auf und hielt die Hand darunter. Als warmes Wasser kam, stieß sie einen erleichterten Seufzer aus: Der Brennholz-Boy hatte seine Arbeit erledigt – auch ohne dass sie ihn überwacht hatte.
    Mara wusch sich rasch, zog ihre Arbeitskleidung an und schlüpfte leise aus dem Zimmer. Sie kam sich vor wie ein Eindringling. Der Tag hatte ohne sie begonnen, und jetzt musste sie einen Weg finden, um sich unbemerkt in die Aktivitäten um sie herum einzuschleusen. Der Gedanke, im Hauptraum all den Leuten gegenübertreten zu müssen, machte ihr Angst. Kein Laut war zu hören – hoffentlich saßen ihre Gäste nicht mürrisch schweigend im Esszimmer und warteten immer noch auf ihr Frühstück. Vielleicht hatten die Hütten-Boys vergessen, heißes Wasser in die Zimmer zu bringen. Und hoffentlich hatten sie den Gästen chai ans Bett serviert.
    Unsicher blieb sie an der Tür stehen. Wenn sie von hinten durch die Bar schlich, konnte sie vielleicht unbemerkt ins Esszimmer gelangen. Sie konnte sich hinter dem Bambusvorhang hinten im Zimmer verstecken und sich erst einmal alles anschauen. Schon wollte sie nach dem Türgriff greifen, als ihr Blick auf den Dielentisch fiel. Dort lag ihr Hut, auf der gleichen Stelle, wo sonst immer Johns Hut lag.
    Der Hut von Bwana Memsahib .
    Sie zögerte kurz, aber dann setzte sie ihn auf und drückte die Krempe in Form. Sie knöpfte die Brusttasche ihrer Bluse zu und steckte das Gürtelende in die Schlaufe an ihrem Hosenbund. Schließlich hob sie entschlossen das Kinn und legte ihr Gesicht in beschäftigte Falten – so sah jemand aus, der viel zu tun hat. Dann öffnete sie die Tür und trat ein.
    Es dauerte ein paar Sekunden, bis sie begriff, dass der Raum leer war. Nur eine einzige Person bewegte sich in der Stille. Mara erkannte Rudis blonde Locken; der Requisiteur beugte sich über ein paar Bücher, die auf einem der Tische lagen. Als sie auf ihn zutrat, wobei sie versuchte, ihre energischen, zielgerichteten Bewegungen beizubehalten, erregte etwas Buntes auf dem Sideboard ihre Aufmerksamkeit. Jemand hatte eine große Vase mit hellroten Blumen dort hingestellt. Die Zweige mit den großen Blütenkelchen waren von einem der Hibiskus-Sträucher an der Veranda abgeschnitten worden. Einen Moment lang genoss sie den Anblick, aber dann fiel ihr auf, dass der Platz um die Vase herum seltsam leer aussah. Sie blieb stehen – jemand hatte Alices Sammlung antiker Teller weggenommen. Als sie sich umblickte, entdeckte Mara auch noch andere Veränderungen. Auf der Bar lagen ein Stapel gefalteter weißer Tücher und ein Gewehr, das sie nicht kannte. Auch ein dreibeiniger Hocker mit einem Sitz aus Zebrafell gehörte nicht in die Lodge. Und der Bücherschrank war leer.
    »Hallo!« Rudi hob den Kopf und lächelte Mara an. »Sie sehen aber beschäftigt aus.«
    »Ja, nun – Sie aber auch«, antwortete Mara.
    Rudi blätterte in den Büchern.
    »Ich hoffe, es ist

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