Roter Hibiskus: Roman (German Edition)
ganz schön scharf! Ich kam mir vor wie in Mexiko!«
Mara zog die Augenbrauen hoch. Sie war leicht verwirrt. Menelik bereitete immer nur englische Omeletts zu – leicht, locker und fade. Und wenn das Frühstück schon serviert worden war, warum gab es dann kein Anzeichen dafür?
»Ich habe das tansanische Omelett bestellt«, sagte Rudi. »Als ich das gesehen habe, was sie für Daudi gebracht haben, musste ich es einfach probieren. Voll mit grünen Chilis! Phantastisch!«
»Das freut mich«, sagte Mara. Sie bemühte sich, ihre Überraschung zu verbergen. Tansanisches Omelett? Chilis? Geschäftsmäßig verschränkte sie die Arme, um die Fassung zu wahren. »Wo finde ich denn Carlton?«
»Als ich ihn das letzte Mal gesehen habe, hat er gerade sein Frühstück beendet.«
»In seinem Zimmer?«, fragte Mara.
Rudi schüttelte so heftig den Kopf, dass ihm die Locken ums Gesicht flogen. »Draußen, wo wir alle gefrühstückt haben. Ich konnte hier drinnen niemanden brauchen – sie können doch nicht mitten an meinem Set essen!«
»Nein, natürlich nicht«, stimmte Mara zu. Dann ging sie auf die Veranda hinaus.
Auf dem Rasen standen unter einem großen, an den Seiten offenen Zelt Klapptische mit weißen Tischdecken. Das Sonnendach befand sich noch im Bau: zwei der Somalier waren gerade dabei, Heringe in den Boden zu hämmern. Die meisten Stühle waren schon aufgestellt. Auf den Tischen lagen achtlos hingeworfene Servietten, und Krümel und rote Marmeladenflecken zeugten davon, dass hier gerade noch Gedecke gestanden hatten. Eine Krähe schoss herunter auf ein kleines Eckchen Toast, aber noch bevor sie die Chance hatte, auf dem Tisch zu landen, verjagte sie der Küchen-Boy mit einer Fliegenklappe aus einem Zebraschweif.
» Jambo, Bwana Memsahib«, sang er.
» Jambo, Dudu«, rief Mara dem Jungen nach, der hinter dem Vogel herrannte. Wild schwenkte er die Arme und sah dabei selbst aus wie ein Vogel – oder wie ein fliegendes Insekt. Bei seinem Anblick musste sie unwillkürlich lächeln.
Carlton saß ganz hinten an einem Tisch. Sogar im Schatten des Zeltes leuchtete sein Hawaiihemd bunt und fröhlich. Mara ging auf ihn zu, als Kefa aus der Küche kam. Sie blieb abrupt stehen, und ihr Magen krampfte sich nervös zusammen.
»Hier sind Sie«, sagte Kefa. Er trug ein Tablett mit einer winzigen Tasse dampfenden schwarzen Kaffees. Auch ein Brötchen lag dabei und eine perfekte Butterlocke. »Menelik hat mich geschickt, um nach Ihnen zu suchen. Sie haben viel zu tun, aber Sie müssen etwas essen.«
Mara blickte Kefa in die Augen. Er wusste, dass sie verschlafen hatte, da war sie sich ganz sicher. Um diese Uhrzeit würde sie wohl kaum auf die Jagd gehen. Aber das war die Art der Afrikaner – ein höflicher Mensch ließ dem anderen immer Raum, um seine Würde zu wahren. Demütig und dankbar senkte sie den Blick.
»Du hast das Frühstück serviert«, stellte sie fest. Kefa nickte zustimmend. »Gibt es Probleme?« Sie verwendete das Swahili-Wort shauri – ein umfassender Ausdruck, der alles abdeckte, von der kleinsten Schwierigkeit bis hin zur kompletten Katastrophe.
»Nein, keine Probleme. Alle sind zufrieden.«
In Kefas Augen lag nicht die geringste Spur von Vorwurf, und doch hatte Mara ein schlechtes Gewissen, weil sie ihn – und Menelik – an diesem ersten Morgen mit der Filmcrew alleingelassen hatte. Sie öffnete schon den Mund, um zu sagen, wie leid es ihr täte, aber dann fiel ihr der Rat ein, den Bina ihr damals nach ihrer Ankunft hier gegeben hatte.
Entschuldige dich niemals bei deinen Bediensteten. Sie werden dich dafür nicht respektieren. Sie werden nur aufsässig.
»Du hast deine Sache sehr gut gemacht«, sagte Mara.
Kefa lächelte. »Danke, Bwana Memsahib.«
»Und …« Mara suchte nach den richtigen Worten. »Es tut mir leid, dass ich geschlafen und meine Pflichten versäumt habe.«
Kefa nickte ernst. Er hielt ihr das Tablett hin.
Aber Mara nahm es nicht sofort entgegen, sondern fügte hinzu: »Pole sana.« Ich bin sehr traurig.
Kefa erwiderte nichts. Er verbeugte sich und reichte ihr das Tablett. Aber Mara sah ihm an, wie überrascht er von ihren Worten war. Überrascht und erfreut, hoffte sie, aber sicher konnte sie sich nicht sein.
Mara trug ihr Tablett zu Carlton. Beim Gehen blickte sie sehnsüchtig auf die Tasse Kaffee. Es war nicht der Filter-kaffee, den Menelik den Amerikanern servierte. Er hatte ihr einen richtigen äthiopischen Kaffee gemacht. Er hatte trotz der Hektik während der
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