Roter Hibiskus: Roman (German Edition)
phantastischen Aussicht über die Savanne.« Ihr Blick glitt zu einem Gebiet an einem Steilhang. Sie kannte eine Stelle, die alles bot, was Leonard brauchte – aber sie hatte nicht die Absicht, sie zu erwähnen. Die Höhle war Johns geheimer Platz. Und sie barg zu viele Erinnerungen für sie.
Sie ließ ihren Finger über die Karte gleiten und hielt ab und zu inne, als ob eine Stelle vielversprechend sein könnte. Aber dann schüttelte sie den Kopf. »Es ist schwierig, genau so etwas zu finden.«
Carlton tauchte an ihrer anderen Schulter auf. »Wir müssen vielleicht einen Kompromiss eingehen. Wie wäre es mit einer Höhle ohne Aussicht? Wir können es uns nicht leisten, noch mehr Zeit zu vergeuden.«
»Das geht auf keinen Fall«, erwiderte Leonard empört.
»Wir brauchen beides. Es ist der Ort, an dem Maggie und Luke tatsächlich zusammenkommen – es ist eine Schlüsselszene. Das weißt du doch, Carlton!«
Mara merkte, dass Carlton erstarrte. Er hatte seinem Bruder bis jetzt noch nie widersprochen, aber sie spürte, dass es anscheinend nun so weit war. Sie senkte den Kopf und tat so, als betrachte sie eingehend die Landkarte.
»Ich sage dir, was ich weiß, Leonard.« Carlton klang ruhig, aber Mara spürte seine Anspannung. »Ich weiß, dass wir fast keine Zeit und kein Geld mehr haben. Und dass das vor allem daran liegt, dass du keine Kompromisse eingehen willst.« Er schwieg und holte tief Luft. Mara kannte die Reaktion – so machte sie es auch immer, wenn sie sich mit einem unvernünftigen Gast auseinandersetzen musste.
»Und ich weiß auch, dass wir in großen Schwierigkeiten stecken«, fuhr Carlton fort. »Schon in Sansibar sind die Bürgen der Produktion beinahe abgesprungen.«
Leonard wedelte abfällig mit der Hand. »Das würden sie nicht machen.«
»O doch! Ich wollte dir keine Sorgen bereiten, aber sie haben bereits einen Sachverständigen zum Set geschickt. Ich konnte ihn nur mit Mühe und Not überreden, dass er uns die zweite Staffel drehen ließ. Er wäre immer noch da und würde uns über die Schulter gucken – aber er weiß nicht genau, wo wir uns aufhalten.«
Leonard schlug Carlton auf den Rücken. »Du hast ihn überlistet! Gut gemacht!« Er schmunzelte.
»Da gibt es nichts zu lachen«, sagte Carlton. »Ich habe mein Bestes getan, um mit den Zahlen zu jonglieren, aber die Produktionsberichte sind ein Alptraum. Wenn ich Bürge wäre, würde ich hier auch alles dichtmachen.«
»Ach, komm«, sagte Leonard, »bei dir klingt immer alles viel schlimmer, als es ist.« Er beugte sich über die Karte und studierte sie intensiv. »Was ist mit dem Ranger?«, sagte er zu Mara. »Könnte er finden, was wir suchen?«
Plötzlich schlug Carlton mit der flachen Hand auf den Tisch. »Okay. Ich gebe auf.«
Leonard lächelte Mara triumphierend an. »Gut.«
»Wir greifen auf Plan B zurück«, fügte Carlton hinzu. »Der Film wird zu Hause zu Ende gedreht. Im Zoo von Los Angeles.«
Wieder lachte Leonard, aber als Carlton ihm nur einen finsteren Blick zuwarf, verzog er verwirrt das Gesicht. »Sag das noch mal.«
»Wir beenden den Film im Zoo von Los Angeles.«
»Du kannst doch einen solchen Film nicht im Zoo drehen!«
»Nein, natürlich nicht«, stimmte Carlton ihm ruhig zu.
»Aber das geht mich dann auch nichts mehr an. Dann haben nämlich die Bürgen die Produktion übernommen. Du weißt doch, wie so etwas läuft. Sie bestimmen einen neuen Produzenten. Und einen neuen Regisseur.«
Leonard bewegte stumm die Lippen, als er versuchte, die Worte seines Bruders aufzunehmen.
Carlton wandte sich an Mara. »Machen Sie sich keine Sorgen. Ich bezahle Sie natürlich für die Zeit, die wir gebucht haben.«
»Reisen Sie denn sofort ab?«, fragte Mara erschreckt.
Leonard legte ihr die Hand auf den Arm. »Natürlich nicht«, sagte er. »Carlton, sei vernünftig.«
»Sag du mir nicht, ich soll vernünftig sein!« Carlton explodierte. »Ich war mein ganzes Leben lang vernünftig!« Erregt begann er, auf und ab zu laufen. »Seit Mom und Dad gestorben sind, hat es ständig geheißen: ›Kümmere dich um deinen kleinen Bruder.‹ – ›Pass auf Leonard auf.‹ In der Filmakademie hat es geheißen, ›die Miller-Brüder – die großartige kreative Partnerschaft‹. Das sagen die Leute heute noch. Aber das stimmt so nicht, oder?« Er holte tief Luft und riss die Augen auf, als ob ihn seine eigenen Worte erstaunten. »Du machst die eigentliche Arbeit, das, was wichtig ist. Ich kann mich um die Probleme kümmern
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