Roter Hibiskus: Roman (German Edition)
aufbauten. Erst wenn alles erledigt war, konnte sie sich zu ihren Gästen ins Esszimmer setzen und frühstücken. Und dort würde auch er sein, auf seinem Platz an ihrem Tisch. Direkt neben ihr. Er würde aufblicken, wenn sie einträte, und sein Gesicht würde sich bei ihrem Anblick aufhellen.
Tief atmete sie die frische Morgenluft ein, schloss kurz die Augen und lächelte. Dann blickte sie sich suchend nach Dudu um. Hatte er die Schuhe geputzt, die sie ihm gestern gegeben hatte, und hatte er sie wieder vor die Rondavels gestellt? Ihre zweite Mission war, Menelik zu bitten, Reis zu kochen – nicht weil jemand Hunger darauf hatte, sondern weil sie das Kochwasser brauchte.
Nach dem gestrigen Drehtag war Rudi zu ihr gekommen und hatte sich bei ihr beklagt, dass die Krempe von Maggies Hut herunterhing.
»Das passiert immer«, hatte Mara ihm erklärt. »Sie werden steif, wenn man sie wäscht, und nach einer gewissen Zeit hängen sie herunter.« Sie drehte den Hut in der Hand. Sie filmten jetzt seit zehn Tagen, und in dieser Zeit war er fast ständig getragen worden, entweder von ihr oder von Lillian, und die übrige Zeit hatte er in einem Sack mit den anderen Garderobesachen gesteckt, die alle schmutzig und verschwitzt waren. Kein Wunder, dass die Krempe herunterhing.
»Nun, das ist aber nicht gut für die Continuity!«, hatte Rudi gesagt. »Stell dir nur vor, was passiert, wenn unterschiedliche Tage zusammengeschnitten werden. Dann haben wir auf einmal eine Krempe, die rauf und runter geht wie die Landeklappen an einem Flugzeug!«
Mara hatte über den Scherz gelächelt, aber sie hatte begriffen, worum es ihm ging. Wie ein Film entstand, erstaunte sie immer noch. Grobe Täuschungen – wie Mara, die so tat, als sei sie Lillian – verkraftete die Kamera anscheinend besser als winzige Unzulänglichkeiten. Leonard erklärte ihr, dass alles eine Frage der Einstellung wäre, es ginge um Entfernung, Linsen und Beleuchtung. Aber trotzdem blieb es für sie ein Mysterium – eine magische Welt, in der die üblichen Regeln nicht galten.
Rudi hatte Mara Maggies Hut in die Hand gedrückt und sie gefragt, ob sie dafür sorgen könnte, dass die Krempe in Reiswasser eingeweicht und beim Trocknen flachgedrückt wurde. Mara hatte zugestimmt, weil sie wusste, wie viel Arbeit Rudi hatte. Aber jetzt, als sie zur Küche lief, tat es ihr beinahe leid. Es war immer so schwierig, Menelik alles zu erklären. Viel einfacher wäre es, sie wäre so wie Bina – sie würde sich nicht mit Erklärungen aufhalten, sondern einfach nur Befehle geben.
Als Mara fast an der Küchentür angelangt war, wurde diese so heftig aufgerissen, dass sie an die Wand schlug. Dudu erschien mit einem schmutzigen Küchenhandtuch in der Hand. Als er es an der Wand neben der Tür ausschüttelte, wirbelte schwarzer Ruß in die Luft.
Als er Mara sah, hielt er den schmutzigen Lappen hoch, damit sie ihn sehen konnte. »Haribika kabisa!« Alles ist sehr schmutzig. Er wies auf die Küche. »Bwana ist sehr böse.«
Mara eilte in die Küche und blieb abrupt stehen. Alles war voll mit schwarzem Ruß, und ein starker Geruch nach verbranntem Kerosin erfüllte die Luft. Menelik wischte gerade die Regale in der Speisekammer mit einem Schwamm ab.
Als er Mara sah, presste er die Lippen zusammen, als ob er sich nicht traute, etwas zu sagen.
»Was ist passiert?« Mara blickte zum Kühlschrank, der die Ursache von all dem Ruß zu sein schien; an der Wand darüber war ein dicker schwarzer Fleck.
»Jemand ist in die Küche gekommen und hat den Kühlschrank eingeschaltet«, erklärte Menelik. »Sie hat das spät in der Nacht getan, als ich geschlafen habe. Die Flamme hat viel zu hoch gebrannt und viele Stunden lang Rauch gemacht.«
»Sie?«, fragte Mara. »Weißt du denn, wer es war?«
Menelik rieb weiter mit dem Schwamm über das Regalbrett. »Die andere Memsahib war gestern Abend nach dem Essen hier. Sie hat sich beklagt, ihr Tonic wäre nicht kalt genug. Ich habe ihr gesagt, wir könnten die Getränke nicht sehr kalt machen, weil unser Kühlschrank nicht groß genug ist. Ich habe ihr Eiswürfel aus abgekochtem Wasser angeboten. Aber damit war sie nicht zufrieden. Deshalb glaube ich, sie war es.«
Mara wollte ihm gerade erwidern, dass er dafür kaum Beweise hatte, aber dann sah sie auf dem Tisch einen leeren Eisbehälter, in dem Kefa Gin Tonic servierte. Darin lag noch eine Scheibe Zitrone, und ihre Schale wies eindeutig Lippenstiftspuren auf.
Mara nickte. »Ich glaube, du
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