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Roter Hibiskus: Roman (German Edition)

Roter Hibiskus: Roman (German Edition)

Titel: Roter Hibiskus: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Scholes
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hast recht«, sagte sie zu Menelik.
    Der Mann spuckte ganz leicht, als er sich wieder seinen Reinigungsarbeiten widmete. Mara verstand seinen Ärger. Es würde Stunden dauern, bis die Küche wieder sauber war. Sie schüttelte den Kopf. »Ist so etwas schon einmal vorgekommen?«
    Zuerst schien Menelik ihre Frage nicht gehört zu haben. Er wischte den Deckel eines Blechgefäßes, das Mehl enthielt, ab. »Nur einmal«, sagte er schließlich.
    Irgendetwas an seinem Verhalten zwang Mara dazu, weiterzufragen. »Wer war es damals?«
    Menelik schwieg einen Moment lang. »Es war die erste Memsahib.«
    Es dauerte ein paar Sekunden, bis Mara verstand, was er gesagt hatte. Dann riss sie die Augen auf. »Du meinst Alice?«
    »Ja«, bestätigte Menelik. »Sie hat zugegeben, dass sie es war. Aber sie hat sich nicht entschuldigt.«
    Mara versuchte, nicht zu erfreut zu wirken, weil Alice die Kritik des alten Kochs auf sich gezogen hatte.
    »Du hast viel zu viel zu tun, um hier sauber zu machen«, erklärte sie großzügig. »Ich schicke dir die Hütten-Boys, damit sie dir helfen.«
    Menelik dankte ihr mit einem Nicken. Dann ließ er das Küchenhandtuch auf den Tisch fallen. »Sie sollen schnell kommen. Ich muss das Frühstück vorbereiten, und in so einer Küche kann man nicht kochen. Sogar die Luft ist schmutzig.«
    Angewidert zog er die Nase kraus, trat zum Ofen und öffnete die Tür. Mit einer Zange holte er ein glühendes Stück Holzkohle heraus und legte es in die kleine Metallschale an der Hintertür. Er nahm die Ledertasche, die an einem Nagel an der Wand hing, kramte darin herum und beförderte einen Klumpen Weihrauch zutage. Interessiert sah Mara zu, wie er ihn auf die Holzkohle legte. Das Harz begann zu knistern und zerschmolz in goldenen Blasen. Ein dünner Faden duftender Rauch stieg auf. Mara schloss die Augen, als sie ihn einatmete. In Meneliks Küche hatte es schon häufiger nach Weihrauch gerochen – es war ein äthiopischer Brauch, Weihrauch zu verbrennen, wenn man Kaffee servierte –, aber das Aroma beschwor in ihr immer noch Bilder von Kamelkarawanen, Palmenoasen und mysteriösen Gestalten in wallenden Gewändern herauf.
    Vorsichtig trug Menelik die Schale in der Küche herum, damit der Duft des Weihrauchs den Geruch nach verbranntem Kerosin überdeckte. Sein Gesicht war ernst, als ob der Gestank und der Ruß eine Verletzung seines Territoriums darstellten, die nicht nur physisch war. Als er fertig war, stellte er die Schale auf den Tisch. Dann nahm er Lillians Glas und trug es zum Spülbecken, bevor er sich die Hände wusch.
    Er reinigte einen Teil der Tischplatte und begann, Dosenschinken klein zu hacken. Wahrscheinlich wollte er ihn in ein Omelett nach englischer Art geben. Es war zwar kein echter Ersatz für Bacon, aber der Bacon hier wurde aus Kenia importiert, wo die Schweine manchmal mit Bandwürmern infiziert waren. Wenn man davon aß, riskierte man Zysten im Gehirn.
    Mara blieb in der Küche stehen. Da das Thema schon einmal angeschnitten worden war, konnte sie der Versuchung nicht widerstehen, weitere Fragen über ihre Vorgängerin zu stellen. »Wie war Alice denn so? Was für ein Mensch war sie?«
    Menelik antwortete nicht sofort. Er schien seine Worte sorgfältig abzuwägen. Sein Blick wurde kalt, und er kräuselte die Mundwinkel. »Sie war … eine kali- Memsahib.« Mara starrte ihn an. Das Wort kali konnte vieles bedeuten, und nicht nur etwas Negatives – kali- Medizin war stark und effektiv, ein kali- Lehrer war streng und verlangte Respekt; Essen konnte kali sein, wenn es mit Chili gewürzt war. Wenn man mit dem Wort jedoch eine Person beschrieb, dann bedeutete es in den meisten Fällen hart, kalt und wenig fürsorglich. Für eine kali- Memsahib wollte niemand arbeiten.
    Mara blickte auf ihre Hände. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte.
    »Du bist nicht wie sie«, fuhr Menelik fort. Seine Stimme klang überrascht, als wäre ihm dieser Gedanke gerade erst gekommen. »Du bist eine freundliche Memsahib. Du bist gut.«
    Mara hob den Kopf. Sie versuchte erst gar nicht, ihr Erstaunen über seine Worte zu verbergen. Sie wusste, dass sie seine Komplimente mit Würde entgegennehmen musste. Lächelnd blickte sie ihn an.
    Und der alte Mann erwiderte ihr Lächeln.

    Mara entfaltete eine Karte und breitete sie auf dem Esstisch aus.
    Leonard blickte ihr über die Schulter. »Sie wissen, wonach ich suche, nicht wahr?«
    »Nach einer Höhle oder einem Felsüberhang«, wiederholte Mara gehorsam. »Mit einer

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