Roter Hibiskus: Roman (German Edition)
eine weit ausholende Geste, die die Savanne unter ihnen, die Hügel, Hochebenen und Berge, die Flüsse und glitzernden Seen umfasste, die sich bis zum Horizont erstreckten. In der goldenen Morgendämmerung war die Landschaft wie eine Vision des Himmels. »Das ist der Rest von Afrika.« Stolz lag in Johns Stimme, als ob die Szene ihm gehören würde und er sie in ihrer Schönheit und detaillierten Ausführung als Geschenk für seine Braut ausgebreitet hätte.
Sie standen Seite an Seite, sprachen nicht, sondern schauten nur. Dann wandte John sich zu Mara. Sie sah, dass erneut Unsicherheit in seinen Augen stand. »Dass ich hier mit dir sein kann, ist beinahe zu schön, um wahr zu sein.«
Mara lächelte ihn an. »Du brauchst keine Angst zu haben. Ich liebe dich.«
Forschend blickte John sie an, und seine Augen füllten sich mit Tränen. »Verlass mich nicht, Mara«, sagte er. »Versprich mir, dass du mich nie verlässt.« Er streckte die Hand aus.
Mara blickte ihm in die Augen und legte ihre Hand in seine. »Ich werde dich nie verlassen. Du kannst mir vertrauen. Ich verspreche es.«
Als sie die Worte aussprach, kamen sie ihr feierlicher und bindender vor als alles, was sie auf dem Standesamt gesagt hatte. Sie gelobte John ewige Treue, und das Land war ihr Zeuge.
Der Rest von Afrika.
Seit jenem Tag waren erst drei Jahre vergangen, doch Mara kam es vor wie eine andere Ära. Sie konnte sich kaum noch daran erinnern, solch große Hoffnung und solchen unerschütterlichen Glauben an die Zukunft gehabt zu haben. Jetzt fühlte sie nur noch Schmerz, Wut und Versagen. Sie schloss die Augen und konzentrierte sich auf die kalte Stille der Höhle hinter ihr. Bewegungslos blieb sie stehen, ohne zu merken, wie die Zeit verging, bis schließlich das Brummen der Landrover in ihr Bewusstsein drang.
Das Geräusch wurde ständig lauter. Ein Gefühl der Erleichterung überfiel Mara, als sie daran dachte, dass es hier bald von Leuten wimmeln würde. Die stille Luft würde von ihren Stimmen erfüllt sein, überall würden glänzende Kisten und Taschen voller Ausrüstung herumstehen. Mara würde viel zu tun haben und Leonards Anweisungen folgen. Dann hätte sie keine Zeit mehr zum Nachdenken.
Sie eilte zu dem Durchgang zwischen den Felsen und begann, den Hügel hinunterzusteigen. Vorsichtig suchte sie sich ihren Weg zwischen Felsbrocken und Dornbüschen. Unterhalb von ihr, gar nicht weit weg, hielten die beiden Landrover mit den Zebrastreifen neben ihrem Wagen. Leonard stieg aus, gefolgt von Carlton und Rudi. Dann erschien Lillian. Sie hatte bereits Maggies Outfit an, trug aber einen rosa Sombrero und eine Sonnenbrille. Ihre Stimme war deutlich zu hören; sie beklagte sich bei Carlton, dass sie den Staub in ihren Haaren spüren könnte.
Mara richtete ihre Aufmerksamkeit auf den zweiten Landrover. An der hinteren Tür drängten sich Tomba, Jamie und Brendan. Der Ranger saß auf dem Fahrersitz. Mara blickte an ihm vorbei ins Wageninnere und suchte nach einer weiteren Gestalt in der vertrauten Khaki-Kleidung.
Dann öffnete sich die hintere Tür. Mara verlangsamte ihre Schritte, als Peter heraussprang und sich rasch umschaute. Er griff in den Landrover, holte Lukes Gewehr heraus und lehnte es vorsichtig gegen das Fahrzeug, dabei trank er einen Schluck Wasser aus seiner Feldflasche. Er legte den Kopf zurück und blickte blinzelnd zum Himmel. Dann wischte er sich den Mund mit dem Handrücken ab. Brendan sagte etwas, das Mara nicht verstehen konnte. Peter schüttelte den Kopf und lachte. Seine Zähne leuchteten weiß in seinem sonnenverbrannten Gesicht. Mara stand ganz still, den Fuß halb über einer Baumwurzel erhoben. Sein Lächeln hielt sie im Bann. Irgendwie erschien er ihr überlebensgroß – strahlender als die Menschen um ihn herum.
Er griff zum Gewehr und hängte es sich über die Schulter. Dann schirmte er seine Augen mit der Hand ab und blickte suchend zum Hügel. Mara hielt den Atem an, während sie darauf wartete, von ihm entdeckt zu werden.
Nach einem kurzen Moment winkte er. Dann ergriff er einen Kamerakoffer und eine Schultertasche und begann, auf sie zuzugehen.
Mara blieb an der Baumwurzel stehen. Peter marschierte schnell, den Oberkörper vorgebeugt. Als er sie anblickte, lief ihr ein Schauer über den Rücken. Es gelang ihr, zu nicken und eine freundliche Begrüßung zu murmeln, aber innerlich war sie völlig verwirrt. Obwohl man von hier aus die Höhle nicht sehen konnte, spürte sie sie im Rücken, als ob sie
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