Roter Lampion
sich, weil er wußte, daß die Papiere nur von Lee Akira stammen konnten. Der aber ließ sich den ganzen Tag über verleugnen, und als am Abend endlich ein Telefongespräch mit ihm zustande kam, erklärte er kaltschnäuzig, er hätte die Aktien verkaufen müssen, um seine Wechselverbindlichkeiten einlösen zu können.«
»Und du bist trotz allem immer noch nicht davon überzeugt, daß die ›Albion-Tin-Works‹ zugrunde gewirtschaftet sind?«
»Ich kann es einfach nicht glauben«, antwortete Patrice MacDonald nach einigem Zögern. »Aber auf meine Meinung kommt es ja nicht mehr an. Die Auffassung der Bank ist jetzt entscheidend. Man hat mich vor die Alternative gestellt, das mir gewährte Darlehen bis übermorgen zwölf Uhr zurückzuzahlen, andernfalls die Aktien zum Verkauf angeboten werden.«
»Jetzt wollen wir erst einmal abwarten, welche Entscheidung Mister Sorokin trifft«, entgegnete Gordon Cooper in seiner Ratlosigkeit. »Er will dir die erforderliche Summe doch eventuell zur Verfügung stellen.«
»Darauf reflektiere ich nicht mehr«, entgegnete Patrice MacDonald wegwerfend.
»Und warum nicht?«
»Weil nach allem, was ich gehört habe, durchaus die Möglichkeit besteht, daß die ›Albion-Tin-Works‹ tatsächlich bankrott sind. Ich möchte nicht zum zweiten Mal in meinem Leben jemanden ins Verderben stürzen. Etwas anderes aber werde ich heute abend noch versuchen: Mister Sorokin davon zu überzeugen, daß er die ›A1-bion-Tin-Works‹ wieder auf die Beine bringen kann, wenn er sich schnell einundfünfzig Prozent der Aktien sichert. Mein Paket ist ja nun zum Spottpreis von der Bank zu kaufen, und die noch fehlenden Prozente erhält er zur Zeit günstig an der Börse.«
Cooper glaubte nicht richtig zu hören. Patrice MacDonald war auf dem besten Wege, sich selbst ins Unglück zu stürzen. »Was hast du davon, wenn Mister Sorokin deinen Vorschlag aufgreift?« ereiferte er sich. »Doch nichts!«
»Da bin ich anderer Meinung«, erwiderte sie verbissen. »Ich hätte sogar sehr viel davon. Nämlich die Gewißheit, Lee Akira gestürzt zu haben. Das würde meinen Verlust ausgleichen.«
Welch unerbittlicher Haß auf beiden Seiten, dachte Gordon Cooper entsetzt, und er wußte plötzlich, daß es keinen Sinn hatte, sich weiterhin einzuschalten. Ihm blieb nichts anderes übrig, als die Dinge ihren Weg nehmen zu lassen. Patrice MacDonald aber tat ihm so leid, daß er am nächsten Morgen, als Ivo Sorokin ihm den Auftrag erteilte, den Kauf der Aktien perfekt zu machen, nachdrücklich darum bat, doch zu überlegen, ob es aus optischen Gründen nicht zweckmäßig sei, Patrice MacDonald einen gewissen Gewinn zuzubilligen.
Es dauerte lange, bis Sorokin antwortete: »Ich weiß nicht, ob Ihr Vorschlag Ihrer Weichheit oder Ihrer Weisheit entspricht. Was immer es aber auch sein mag, ich akzeptiere ihn und erhöhe die Kaufsumme um hunderttausend Dollar. Davon kann Mistreß MacDonald eine ganze Weile leben.«
Cooper war es, als wehe eine frische Brise über ihn hinweg. Um so ratloser wurde er, als ihm Patrice MacDonald, der er Sorokins Angebot sogleich unterbreitete, entrüstet erklärte, daß sie Almosen ablehne.
»Almosen nennst du das?« empörte er sich.
»Allerdings!« antwortete sie und warf ihren Kopf in den Nacken. »Wenn Sorokin die Aktien nicht von mir, sondern von der Bank kaufte, brauchte er den Aufpreis bekanntlich nicht zu zahlen. Also gewährt er mir ein Almosen. Bestelle ihm deshalb einen herzlichen Gruß und sage ihm, ich hielte es für makaber, einem nach Luft ringenden Menschen ein Stück Torte in den Mund zu schieben.«
Gordon Cooper fiel es schwer, seine Meinung für sich zu behalten. Ihn ekelte plötzlich alles an. »Wie du willst«, erwiderte er im Bestreben, den Weg des geringsten Widerstandes zu wählen. »Des Menschen Wille ist sein Himmelreich. Beschwere dich hinterher aber nicht!«
»Daß ich das nicht tue, kann ich dir hoch und heilig versprechen«, entgegnete sie maliziös.
Das Gespräch war damit beendet, und Gordon Cooper begab sich mit Patrice MacDonald zur Bank, wo er den Abschluß des Kaufvertrages durch immer neue Beanstandungen in der Formulierung bis nach zwölf Uhr verzögerte, so daß er sich außerstande sah, noch am selben Tage die Börse aufzusuchen, um dort einer von Sorokin gegebenen Weisung entsprechend alle greifbaren Aktien der ›Albion-Tin-Works‹ aufzukaufen.
Cooper war sich im klaren darüber, daß er damit Sorokins Interessen entgegenarbeitete. Das war ihm aber
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