Roter Lampion
zum Verlust ihres Vermögens führen.«
»Sie haben mich nicht aussprechen lassen«, entgegnete Ivo Sorokin eisig. »Ich erwarte von Ihnen überhaupt nicht, daß Sie Ratschläge erteilen. Ihr wirklicher Auftrag lautet, mich auf dem laufenden zu halten, das heißt, sich von Mistreß MacDonald erzählen zu lassen, was bei der Bank geredet wurde und dergleichen mehr. Ich spreche dann zu gegebener Zeit schon persönlich mit Mistreß MacDonald, und ich hoffe zuversichtlich, daß Ihnen dieser Auftrag keine Gewissensbisse bereitet.«
»Nein«, entgegnete Cooper steif. »Werde ich länger in Singapore bleiben müssen?«
»Richten Sie sich vorsorglich auf ein paar Tage ein«, antwortete Ivo Sorokin nach kurzer Überlegung.
»Und was machen Sie in der Zeit?« fragte Gordon Cooper etwas abfällig. »Sie sind dann ja allein.«
Ivo Sorokin schüttelte den Kopf. »Ich werde im Geiste in Singapore sein. Vergessen Sie nicht, daß ich eventuell im Handumdrehen anderthalb Millionen Dollar verdiene. Eine solche Chance bezahle ich gerne mit etwas Langeweile und Einsamkeit. Außerdem telefoniere ich ja abwechselnd mit Margit, mit Ihnen und mit Mistreß MacDonald. Mister Ah Boon ist übrigens begeistert von dem Plan, in die ›Albion-Tin-Works‹ einzusteigen. Er sieht neue Transaktionsmöglichkeiten auftauchen. Hinsichtlich des Flugzeuges hatte er allerdings eine merkwürdige Frage. Er wollte wissen, ob der Jet Commander von der ›Rockwell Standard‹ oder der ›North American‹ gebaut wird.«
Cooper konnte ein Lachen nicht unterdrücken. »Da hat Mister Ah Boon die Glocken läuten hören und weiß nicht, wo sie hängen. Die ›Rockwell Standard‹, die den Jet Commander konzipierte, hat sich kürzlich mit der ›North American‹ zusammengeschlossen und mußte, weil diese Firma ein noch schnelleres Reiseflugzeug baut, die Produktion des Commanders aufgeben, der nun von den ›Israel Aircraft Industries‹ hergestellt wird.«
»Wie bitte?« fragte Sorokin aufhorchend. »Die Maschine wird jetzt in Israel gebaut?«
»Ja.«
Sorokins von der Krankheit tiefliegende Augen wurden zu engen Schlitzen. Seine Stirn legte sich in Falten, und es war ihm anzusehen, daß in seinem Kopf etliche Überlegungen durcheinanderjagten. »Moment noch«, sagte er wie zu sich selbst und schaute angespannt auf einen Punkt, bis er plötzlich diabolisch zu Cooper hochblickte. »Wissen Sie, was wir tun? Wir bestellen bei den ›Israel Aircraft Industries‹ sofort einen zweiten Jet Commander. Damit schaffe ich mir ein Entree, wie ich es mir besser nicht wünschen kann. Waffengeschäfte mit Kairo werden die Russen über kurz oder lang blockieren; wir müssen deshalb unbedingt in Israel Fuß fassen. Dort dürfte in den nächsten Jahren noch viel geschossen werden. Syrien ist ohnehin schon unser Kunde.«
Wenn er nicht gelähmt wäre und ich keinen bestimmten Auftrag zu erfüllen hätte, würde ich ihm jetzt meine Meinung sagen, dachte Gordon Cooper erbost und erkundigte sich, was mit dem zweiten Flugzeug geschehen solle.
»Das wußte ich zunächst auch nicht«, antwortete Ivo Sorokin mit dem Ausdruck des gerissenen Geschäftsmannes. »Aber dann kam mir ein großartiger Gedanke. Wir liefern die Maschine an einen Geschäftsfreund in Rawalpindi, der gute Beziehungen zu Ayub Khan unterhält. Die Sache sieht dann ganz unverfänglich aus, und niemand wird behaupten können, der Jet Commander sei für China bestimmt.«
»Was er natürlich ist«, entgegnete Cooper mühsam beherrscht. Erstmalig erhielt er einen Beweis dafür, daß die ›British Chinese Ex- and Import Company‹ Geschäfte tätigte, die den Bestimmungen der westlichen Welt zuwiderliefen.
»Wir schlagen dadurch zwei Fliegen mit einer Klappe«, fuhr Sorokin in bester Laune fort. »Aufgeschlossenheit sowohl in Tel Aviv als auch in Peking. Ich sehe Perspektiven vor mir…« Sein Gesicht verzerrte sich jäh, und er schrie auf, als hätte er einen Schlag erhalten. Seine Hände verkrampften sich, und seine Lippen zuckten. Sekundenlang dauerte der Spuk, dann stammelte Sorokin aufseufzend: »Es wird alles gut. Ich werde eines Tages wieder gehen können.«
Geschäftliche Chancen bringen sein Blut in Wallung und scheinen ihm auch körperlich zu helfen, dachte Cooper beeindruckt und ratlos zugleich.
Ivo Sorokin betrachtete die farblos gewordenen Knöchel seiner Hand und sagte mit matter Stimme: »Am besten wird es sein, wenn Sie mich jetzt allein lassen. Professor Crabb riet mir, mich nach solchen Attacken
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