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Roter Lampion

Roter Lampion

Titel: Roter Lampion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. C. Bergius
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wieso kommen Sie heute hierher? Ich habe Sie doch nicht gerufen.«
    Gordon Cooper überhörte die aggressive Bemerkung. »Ich sagte eben bereits zu Margit, daß es mir unbegreiflich ist, warum Mister Ah Boon Sie nicht verständigt hat. Er wollte Sie gestern abend anrufen.«
    »Gibt es denn etwas Besonderes?« fragte Ivo Sorokin mit plötzlich besorgter Miene.
    »Nicht daß ich wüßte«, antwortete Cooper gelassen, um die Nervosität des Waffenhändlers zu steigern.
    Der Erfolg blieb nicht aus, denn Sorokin schrie ihn unvermittelt an: »Weshalb sind Sie dann hierhergeflogen?«
    Gordon Cooper spielte den Beleidigten. »Ihr Ton läßt es mir ratsam erscheinen, meinen Dienst bei Ihnen baldmöglichst zu beenden.«
    »Warum schreist du ihn an?« wandte sich Margit Holstein augenblicklich an Ivo Sorokin. »Hat er dir etwas getan?«
    Cooper gelang es nur mit Mühe, seine Befriedigung zu verbergen. Es lief alles so, wie er es sich gewünscht hatte.
    »Es ist nicht seine, sondern meine Sache, zu bestimmen, wann und wohin geflogen wird!« antwortete Sorokin zornbebend.
    »Oh, pardon«, fiel Cooper hastig ein und erklärte kaltschnäuzig lügend: »Wenn Sie glauben, ich hätte in eigener Machtvollkommenheit gehandelt, dann täuschen Sie sich. Ich habe meine vorbereitende Arbeit beendet, und es ergaben sich für mich einige Fragen, mit denen ich mich an Mister Ah Boon wandte, der mir jedoch keine Antwort geben konnte und dringend empfahl, Sie aufzusuchen. Er selbst, so versicherte er mir, würde Sie verständigen.«
    »Wenn das der Sachverhalt ist, dann bitte ich um Entschuldigung«, lenkte Ivo Sorokin ein. »Ich glaubte, Sie wären… Na, Schwamm drüber. Haben Sie schon gegessen?«
    »Nein«, antwortete Cooper und rieb sich die Nase. »Ich möchte mich für meine Unbeherrschtheit ebenfalls entschuldigen.«
    Beide mußten plötzlich lachen, und Gordon Cooper wußte, daß es nun nicht sogleich zu einem Gespräch über geschäftliche Dinge kommen würde. Und das war es, was er hatte erreichen wollen.
    Er brauchte eine Unterhaltung in versöhnlicher Stimmung, um die Frage nach dem roten Lampion so unverfänglich stellen zu können, daß Ivo Sorokin nicht stutzig wurde, und er hatte während des hinter ihm liegenden vierstündigen Fluges genügend Zeit und Muße gehabt, sein Vorgehen in allen Teilen zu durchdenken. Dabei war ihm das Mondfest eingefallen, das er mit Su-su in Aberdeen auf einem der Restaurantboote erlebt hatte, und von diesem Abend erzählte er nun bei Tisch, um ein ausgiebiges Gespräch über das von allen Chinesen überaus geschätzte Fest in Gang zu bringen.
    Margit Holstein wartete sogleich mit einer Geschichte auf, derzufolge das Mondfest auf eine Königin zurückgeführt werde, die ihrem Gemahl das Elixier für Jugend und Unsterblichkeit gestohlen habe und zur Strafe dafür in den Mond verbannt sei, wo man sie seitdem bei klaren Vollmondnächten sehen könne.
    »Ich habe bis jetzt immer nur einen Mann im Mond gesehen«, warf Cooper lachend ein.
    »Weil man dir in der Kindheit die Geschichte vom Mann im Mond erzählt hat«, erwiderte Margit Holstein und fügte etwas dozierend hinzu: »Wir haben hier ein interessantes Beispiel für die Beeinflußbarkeit des Menschen. Die chinesischen Kinder sehen eine Frau im Mond, weil ihnen die Geschichte von der verbannten Königin erzählt wird.«
    »Das ist richtig«, stimmte Ivo Sorokin ihr zu. »Jenes mit üppigem Essen, viel Feuerwerk und zahllosen Lampions verbundene Mondfest wird in China aber nicht wegen der von dir erwähnten Königin, sondern zu Ehren des Mondgottes Yüeh Lao Yeh gefeiert, eines alten Mannes, dem die Fähigkeit zugesprochen wird, Liebende zusammenzuführen und sie für immer mit einem roten Faden zu verbinden.«
    »Warum gerade mit einem roten Faden?« erkundigte sich Gordon Cooper im Bestreben, das Thema unmerklich auf die ihn bewegende Frage hinzulenken.
    »Rot ist in China eine früher nur dem Kaiser vorbehalten gewesene Farbe«, antwortete Ivo Sorokin. »Kaiserliche Edikte wurden stets mit dem roten Pinsel unterzeichnet, wodurch die Farbe gewissermaßen zur erhabensten wurde.«
    »Jetzt ahne ich, warum die Schrifttafeln an den Geschäften meistens rot sind«, erwiderte Cooper.
    Sorokin nickte bestätigend. »Ganz bestimmt hängt das damit zusammen.«
    Gordon Cooper gab sich einen belustigten Anschein. »Haben Sie deshalb auch dem zwischen Ihnen und Mister Ah Boon vereinbarten Kennwort, das Sie mir seinerzeit anvertrauten, die rote Farbe

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