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Roter Lampion

Roter Lampion

Titel: Roter Lampion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. C. Bergius
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Chinas zu gewinnen.
    Aber nicht nur in geistiger Hinsicht tat sich Lim Swee Long hervor. Es war kaum glaublich, was er im Verlauf von drei Stunden alles vertilgte. Gebratene Fische, Reisknödel, Backwerk, Innereien, Süßigkeiten, Glasnudeln, süßsaures Schweinefleisch, glasierte Ente, Hammel, Huhn, Blumenkohl, Kürbis und Bambusspitzen wanderten vermittels seiner lustig klappernden Stäbchen wie am Fließband über seine Lippen, ohne daß er seinen Redefluß auch nur einmal in nennenswerter Weise unterbrach.
    Als letztes Gericht wurde eine Suppe mit gekochten Gänsefüßen gereicht, die so ausgezeichnet schmeckte, daß Lee Akira unumwunden erklärte: »Dies sind die besten Gänsefüße, die ich je gegessen habe!«
    »Hah, das glaube ich Ihnen gerne«, erwiderte Lim Swee Long und stimmte sein wieherndes Gelächter an. »Hier werden sie auch auf besondere Weise zubereitet. Der Koch nimmt die lebende Gans so fest unter den Arm, daß sie sich selbst bei größter Anstrengung nicht losreißen kann. Dann steckt er die Beine des Tieres in einen Kessel mit siedendem Wasser, was natürlich dazu führt, daß die Gans sich wie wild gebärdet und zu befreien versucht, wodurch ihr Blut in die Beine einschießt, die folglich anschwellen und zu einer einzigartigen Delikatesse werden.«
    Als Asiat empörte sich Lee Akira weniger über die Grausamkeit als über die Tatsache, das Schicksal der Gans während des Essens geschildert zu bekommen. Sein ästhetisches Empfinden war gestört, er ließ sich jedoch nichts anmerken, um nicht in den Verdacht zu geraten, vom westlichen Bazillus befallen zu sein.
    Seine veränderte Stimmung half ihm aber unverhofft, überzeugend die Rolle zu spielen, die er bald darauf zu übernehmen hatte. Denn alles, was Lim Swee Long über die geistige Entwicklung der Menschheit, über das Licht der Wahrheit und über das Streben, zur Harmonie mit dem All zu gelangen, gesagt hatte, endete in der durchaus plausibel klingenden Feststellung, daß der seit Jahrtausenden lebendige Geist Ostasiens untergehe, wenn Asiaten sich im Kampf gegen Rußland und Amerika nicht beistehen und über alles informieren würden, was dem Wohle der großen asiatischen Familie diene, deren Vater unzweifelhaft Mao Tse-tung sei.
    »Da gebe ich Ihnen nicht ganz recht«, entgegnete Lee Akira etwas aufsässig. »Wenn wir Ihre Schlußfolgerung auf meinen Fall beziehen, werden Sie zugeben müssen, daß Theorie und Praxis zwei verschiedene Dinge sind. Ich bin Asiat, stehe China also wesentlich näher als den Vereinigten Staaten. Ich bin aber auch Mensch, und als solcher interessiere ich mich in erster Linie für mein Wohlergehen. Ergo lege ich mein Wissen in die Hände derer, die mich am besten bezahlen: Ich gehe nach Amerika.«
    »Hah, dagegen ist nichts einzuwenden«, erwiderte Lim Swee Long lachend. »Ich würde genauso handeln, wenn ich an Ihrer Stelle wäre. Darüber hinaus würde ich aber versuchen, noch weitere Geschäfte zu machen, indem ich mein bereits vorhandenes Wissen nicht nur an die USA, sondern auch an die Volksrepublik China verkaufte. Auch würde ich einen Vertrag anstreben, der mir für jede wichtige Information auf dem Gebiet der Chemie eine bestimmte Summe zusichert.«
    »Die mir dann in chinesischer Währung nach Amerika überwiesen wird?« fragte Lee Akira mitleidig lächelnd.
    »Hah, Sie scheinen nicht zu wissen, daß China in der Lage ist, Ihnen jeden Betrag in New York, London oder Paris zur Verfügung zu stellen«, entgegnete der Chinese triumphierend.
    Lee Akira blickte vor sich hin, als stehe er vor einer schweren Entscheidung. »Gut und schön«, erwiderte er schließlich. »Irgendwann würde es aber herauskommen, wenn ich Post nach China schicke.«
    »Was überhaupt nicht erforderlich wäre«, beeilte sich Lim Swee Long zu versichern. »Werden wir doch einmal konkret. Erzählen Sie einem Bekannten von mir, der etwas von Chemie versteht, an welchem Problem Sie in letzter Zeit gearbeitet haben und welche Erfindung die amerikanische Interessengruppe von Ihnen erwerben will. Ich sage Ihnen dann klipp und klar, was wir für eine Kopie Ihrer Unterlagen zahlen können und auf welchem Wege es in Zukunft für Sie möglich wäre, uns Informationen zu übermitteln.«
    Lee Akira gab sich einen mürrischen Anschein. »Und warum soll ich als erster reden?«
    »Hah, weil theoretisch die Möglichkeit besteht, daß Sie ein Schwindler sind.«
    »Sie wollen mich examinieren lassen?«
    »Hah, wer denkt an so etwas!« entgegnete Lim

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