Roter Lampion
schöne Augen machte, als er um ein Einzelzimmer bat. Eingedenk der Tatsache, daß man in kritischen Stunden nie genügend Freunde haben kann, flirtete Lee Akira eine Weile mit der aufdringlichen Senhora, dann begab er sich auf sein Zimmer, machte sich frisch und verließ das Hotel, vor dem er eine Weile wie unschlüssig stehenblieb, um schließlich in die Richtung zu gehen, in der das Restaurant ›Maria da Gloria‹ lag, das Lim Swee Long aufgesucht hatte, als Su-su und Gordon Cooper diesem gefolgt waren.
Das Lokal war weitläufig und von Angehörigen aller Rassen und Nationen besucht, so daß Lee Akira in Ruhe und ohne Aufsehen zu erregen Ausschau nach jenem kleinen, zierlichen Chinesen halten konnte, um dessentwillen er nach Macao gekommen war. Doch vergebens. Lim Swee Long, dessen stark vergrößertes Paßfoto er sich genau eingeprägt hatte, war nicht anwesend, und er begab sich nunmehr in jene in unmittelbarer Nähe des Hotels gelegene Straße, in welcher Gordon Cooper plötzlich mit Su-su davongelaufen war. Und hier hatte er ein geradezu sagenhaftes Glück. Er war kaum in die Straße eingebogen, da sah er den Gesuchten auf sich zukommen.
Lee Akira war so verwirrt, daß es ihm schwerfiel, zu tun, was er mit Gordon Cooper und Ivo Sorokin besprochen hatte. »Verzeihung«, sagte er, an den Chinesen herantretend. »Kennen Sie sich in Macao aus?«
»Hah, gewiß«, antwortete Lim Swee Long wiehernd lachend. »Ich wohne seit sechs Jahren hier. Kann ich etwas für Sie tun?«
Lee Akira blickte sich um, als befürchte er, gehört zu werden. Dann beugte er sich vor und flüsterte: »Ich bin in eine peinliche Lage geraten.«
»Hah, in die kommt jeder einmal«, erwiderte Lim Swee Long und beschrieb mit seinen schmalen Händen weite Kreise durch die Luft. »Der eine früher, der andere später!«
Lee Akira nickte heftig. »Da haben Sie recht! Sie ahnen gar nicht, wie recht Sie haben! Wenn ich nur wüßte…«
»Hah, was?« erkundigte sich der Chinese, als sein Gegenüber schwieg.
»Wie ich es am besten anstelle«, antwortete Lee Akira gedämpft. »Ich benötige einen Paß. Nicht daß Sie denken, ich hätte etwas verbrochen«, fügte er hastig hinzu. »Ich habe mein Land nur plötzlich verlassen müssen, und mir wurde gesagt, es gebe hier Lithographen, die jede Urkunde, auch Pässe, absolut echt nachmachen.«
»Hah, no problem!« entgegnete Lim Swee Long. Gleich darauf erhielten seine Augen jedoch einen mißtrauischen Ausdruck. »Wie sind Sie eigentlich hierhergekommen?«
»Mit dem Schnellboot.«
»Ohne Papiere?«
Lee Akira blickte erneut um sich. »Ich habe einem Beamten…« Er machte eine geldzählende Bewegung.
»Wieviel?«
»Hundert Hongkong-Dollar!«
Der Chinese spitzte die Lippen. »Eine beachtliche Summe!«
»Ich weiß, aber das ist mir egal. Hauptsache, ich bekomme einen Paß.«
»Hah, mit Geld ist die Beschaffung leicht möglich«, erwiderte Lim Swee Long. »Ich könnte alles für Sie regeln, wenn Sie zwei bis drei Tage Zeit haben und in der Lage sind, fünfhundert US-Dollar zu zahlen.«
»Das ist aber sehr viel«, entgegnete Lee Akira, wobei er sich den Nacken kratzte. »Doch was soll ich machen? Für mich stehen fünfzigtausend auf dem Spiel. Da darf ich nicht lange überlegen.«
»Hah, kommen Sie in meine Wohnung«, lud ihn der hellhörig gewordene Chinese ein. »Es ist gut, daß Sie an mich geraten sind. Für mich arbeiten mehrere Lithographen. In spätestens zwei Tagen haben Sie Ihren Paß!«
Lee Akira stellte sich erfreut und folgte Lim Swee Long in eine Wohnung, die spärlich eingerichtet war, an Sauberkeit aber nichts zu wünschen übrigließ. Der Fußboden blitzte, daß sich die Fenster darin spiegelten.
Während der Chinese mit wenigen Griffen grünen Jasmintee zubereitete, erkundigte er sich, woher sein Gast komme, welcher Nationalität er sei und welchen Beruf er ausübe.
Lee Akira erklärte ihm, er hätte plötzlich aus Yokohama flüchten müssen und sei mit dem nächstbesten Schiff als ›blinder Passagier‹ nach Manila und von dort auf gleiche Weise nach Hongkong gefahren, dessen Hafen er erst vor wenigen Stunden erreicht und sofort wieder verlassen habe, um schnellstens nach Macao zu gelangen. »Wenn es mir nicht möglich ist, bald nach Japan zurückzukehren, geht mir unter Umständen verloren, woran ich seit Jahren gearbeitet habe«, fügte er mit sorgenvoller Miene hinzu. »Ich bin Chemiker, und Sie werden wissen, daß Erfindungen von heute schon morgen veraltet sein
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