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Roter Lampion

Roter Lampion

Titel: Roter Lampion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. C. Bergius
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eine Ironie des Schicksals, so glich das nachfolgende Geschehen einer Aufführung des Kabuki-Theaters, bei dem die Akteure über verdeckte Brücken die Bühne betreten, dort eine kurze Zeit mit finsteren Mienen agieren, um plötzlich auf geheimnisvolle Weise wieder zu verschwinden und anderen Akteuren Platz zu machen.
    Die zwischen Gordon Cooper und Lim Swee Long liegende geringe Distanz war dem Schicksal allem Anschein nach noch zu groß, denn es lenkte die Schritte des Chinesen, der infolge des überstürzten Abrufes noch nicht zu Abend gegessen hatte, in dasselbe Restaurant, in dem Cooper mit Su-su saß. Und vergleichbar mit den Akteuren des Kabuki-Theaters, wählten Lo Sung und Lim Swee Long den nicht überschaubaren Weg über den seitlich gelegenen Hoteleingang, anstatt die einladende Freitreppe zu benutzen, die normalerweise jeder Gast wählt, der das exklusive Restaurant aufsuchen will.
    Was folgte, war beängstigend. In dem Augenblick, da die beiden Chinesen den geräumigen Speisesaal durchschritten hatten und auf die überdachte Terrasse hinaustreten wollten, ergriff Lim Swee Long seinen Begleiter jäh beim Ärmel und zog ihn zurück.
    »Dort sitzt die Frau, die in Macao vor meinem Haus stand«, flüsterte er erregt.
    »Täuschst du dich nicht?«
    »Hah, sie trägt sogar dasselbe Kleid.«
    Lo Sung lugte vorsichtig um die Ecke, hinter der er mit seinem Begleiter stehengeblieben war. »Unmöglich!« sagte er im nächsten Moment und lachte befreit. »Das ist Su-su, die in meinen Diensten steht.«
    Lim Swee Long stutzte und schaute nochmals zu der Frau hinüber, die ihm aufgefallen war. »Und wenn sie hundertmal Su-su heißt und tausendmal in deinen Diensten steht, sie hat in Macao einen mich betreffenden Auftrag auszuführen gehabt«, zischte er mühsam beherrscht. »Ich täusche mich nicht, zumal ihr Kleid mit den großen blauen Punkten und der Kragenschleife nicht zu verwechseln ist.«
    »Und weißt du, mit wem sie dort sitzt?« entgegnete Lo Sung hämisch. »Mit Mister Cooper, auf den ich sie vorsorglich angesetzt habe. Du mußt ihn vom Schiff her kennen. Nach Sorokins Unfall wurde er dessen Privatsekretär.«
    Lim Swee Longs Augen wurden starr und glichen zwei kreisrunden schwarzen Punkten auf einer weißen Fläche. »Hah, mir geht ein Licht auf«, keuchte er und zog Lo Sung mit sich fort. »Cooper muß der Mann sein, vor dem Lefevre mich warnte, als er mir nach Penang schrieb, er vermute auf Grund gewisser Anfragen, die während seiner Schiffsreise in Paris gestellt worden seien, daß sich ein Agent des Secret Service an Bord der ›Bayern‹ befinde. Du weißt, ich habe das Schiff daraufhin sofort verlassen und bin über Bangkok zurückgekehrt.«
    »Also jetzt siehst du Gespenster«, erwiderte Lo Sung aufsässig, als Lim Swee Long auf den Hotelausgang zuging. »Außerdem möchte ich wissen, wieso du gerade jetzt darauf kommst, daß Cooper der Betreffende gewesen sein muß.«
    »Hah, das ist schnell gesagt«, antwortete Lim Swee Long mit vor Erregung hoher Stimme. »Ich weiß, daß ich mich bezüglich der Frau, die da oben sitzt, nicht täusche. Sie stand vor meinem Haus, und der junge Mann, der mich über sie informierte, berichtete von einem Europäer, der ihr in einem gewissen Abstand gefolgt sei. Dieser Europäer muß Augen wie ein Luchs gehabt haben und schnell wie ein Windhund gewesen sein, denn als ich auf die Straße kam, war die Frau spurlos verschwunden. Hah, und nun komme ich zu meiner Schlußfolgerung: Wenn die auf der Terrasse sitzende Frau von dir den Auftrag erhielt, Cooper zu beschatten, dann war er derjenige, der ihr folgte und der im entscheidenden Moment nicht wie ein Normalbürger, sondern wie ein Agent reagierte. Verstehst du, worauf ich hinaus will? Wenn sich auf dem Schiff ein Angehöriger des Secret Service befand, dann muß es Cooper gewesen sein!«
    Lo Sung drückte seine Finger gegeneinander, daß sie knackten. »Su-su erstattet mir täglich Bericht, und ich weiß, daß sie mit Cooper in Macao war. Von einem besonderen Vorkommnis hat sie aber nichts gemeldet.«
    »Hah, weil sie umgedreht wurde!« rief Lim Swee Long verächtlich. »Sie steht nicht mehr in unseren, sondern in britischen Diensten, hah!«
    »Du hältst es für möglich, daß…?«
    »Hah, natürlich!« unterbrach ihn Lim Swee Long aufgebracht. »Für mich ist alles klar. Alles! Du selbst hast mir eben bestätigt, daß Mister Cooper tatsächlich mit dieser Su-su in Macao gewesen ist, und ich frage dich: Was willst du

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