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Roter Lampion

Roter Lampion

Titel: Roter Lampion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. C. Bergius
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daß er unmittelbar vor der Auflösung des Rätsels stand, das sich ihm gestellt hatte. Nur eine Kleinigkeit fehlte ihm noch, ein Geistesblitz, der alles erhellte. Aber wie sehr er sich auch anstrengte, ihm kam kein erlösender Gedanke. Im Gegenteil, seine Kombinationen wurden immer verwirrender, so daß er sich schließlich entschloß, alle Grübeleien über Bord zu werfen und mit Margit Holstein einen fröhlichen Abend zu verbringen.
    Sie nahm seine Einladung gerne an, doch in der Bar herrschte eine so ausgelassene Stimmung, daß beide keine Lust verspürten, sich dort aufzuhalten. Sie gingen deshalb ins Freie und waren überrascht von der kühlen Brise, die ihnen entgegenschlug. Der Himmel war sternklar, und auf dem träge sich wiegenden Meer spielten die Lichter der Schiffe, die am Morgen im Konvoi in den Suez-Kanal einfahren sollten.
    Margit Holstein legte den Kopf in den Nacken und schnupperte in die Luft. »Ich bilde mir ein, das Land zu riechen.«
    Gordon Cooper sah ihr hübsches Profil und legte seine Hände um ihr Gesicht.
    Ihre Augen schlossen sich.
    Da küßte er sie.
    Sie erwiderte seinen Kuß mit scheuer Verhaltenheit und trat dann schnell an die Reling, um zur Küste hinüberzuschauen, die von einer an ein Perlenband erinnernden Lichterkette gesäumt war.
    »Wo sind deine Gedanken?« fragte er sie nach einer Weile, da sie regungslos nach Ägypten hinüberblickte.
    »Bei Hatschepsut, einer faszinierenden ägyptischen Königin, deren Überreste nie gefunden wurden«, antwortete sie versonnen. »Ihr Geliebter war ein Architekt namens Senmut. Er schuf ihr Grabmal, und wenn ihr Nachfolger sie auch daraus verbannte, so gewann Senmut doch seine letzte Wette mit den Göttern. Noch heute, über dreieinhalb Jahrtausende hinweg, huldigt er seiner Geliebten in vier gemeißelten Bildern mit dem Vorrecht eines Königs.«
    »Der er nicht war«, warf Cooper ernüchternd ein.
    »Doch war!« widersprach Margit Holstein energisch. »Ein Mann ist immer das, was er an der Seite einer Frau wird. Umgekehrt gilt übrigens das gleiche.«
    »Das beruhigt mich.«
    Sie lächelte spöttisch und hakte sich bei ihm ein. »Hast du Angst gehabt, die Intelligenzbestie könnte wieder durchbrechen?«
    »Ein bißchen«, gestand er, den Verzagten spielend.
    Sie tippte mit ihrem Zeigefinger auf seine Nase. »Keine Sorge.
    Ich kenne dich ja inzwischen und weiß, daß dir gurrende Weibchen lieber sind.«
    »Das ist nicht wahr!« empörte er sich.
    Sie gab ihm einen Kuß und lief davon. »Fortsetzung morgen!«
     
     
    In der folgenden Nacht wälzte sich Gordon Cooper schlaflos auf seinem Lager. Es waren jedoch nicht Gedanken an Margit Holstein, die ihn nicht zur Ruhe kommen ließen. Auch Ivo Sorokin raubte ihm nicht den Schlaf; dafür lagen die Dinge bei ihm jetzt zu klar. Er besuchte Kairo, um Waffengeschäfte zu tätigen, die ihm zweifellos großen Nutzen, aber auch Feinde einbrachten. Den Israelis konnte es beispielsweise nicht gleichgültig sein, daß er Ägypten mit Waffen versorgte, und um seine Kontakte zu tarnen, reiste er nicht offiziell, sondern heimlich nach Kairo.
    Wenn Cooper sich über den unerwarteten ›Landgang‹ des Hongkonger Waffenhändlers im ersten Augenblick auch erregt hatte, so besaß Sorokins Abstecher doch nur allgemeines Interesse für ihn. Er gehörte zur Spionageabwehr und wußte sehr wohl, daß der Handel mit Waffen in keinem Land verboten ist. Was ihn in dieser Nacht nicht schlafen ließ, waren denn auch nicht Sorokins Geschäfte, sondern der zweite Paß des Chinesen Lim, der eindeutig bewies, daß seinem Inhaber nicht über den Weg zu trauen war.
    Entweder will er etwas vertuschen, das sich auf dem Flug nach London abgespielt hat beziehungsweise in den Tagen, in denen er sich in London aufhielt, oder es geschieht noch etwas, das für ihn den Besitz eines zweiten Passes notwendig macht, sagte sich Cooper, und er vermutete, daß der zur Zeit von Lim benutzte Paß von einer Sache fortlocken sollte, die sich bereits zugetragen hatte. Was aber mochte das sein?
    Diese Frage ließ Cooper erst wieder los, als er am nächsten Morgen plötzlich spürte, daß die Motoren der ›Bayern‹ liefen. Mit einem Satz war er aus dem Bett, denn die Einfahrt in den Suezkanal wollte er nicht verpassen. Doch zu spät: Port Said wurde gerade passiert, und als Cooper sich eilig frisch gemacht und angezogen hatte, erreichte er das Lidodeck in dem Augenblick, da der langgestreckte und voll von Schiffen liegende Hafen durchfahren war

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