Roter Lampion
könnte, wäre ich dankbar«, antwortete Sorokin nach kurzem Zögern. »Dazu vielleicht eine Flasche Röderer.«
Der ›Chief‹ drehte seine Augen nach oben. »Süperb! Darf ich in der Lounge servieren?«
»Bin ich dort telefonisch erreichbar? Ich muß ein Gespräch nach Hongkong anmelden.«
Der Chiefsteward machte eine bedauernde Geste. »Ferngespräche können nur von der Nachrichtenzentrale aus geführt werden. Ich kann die Anmeldung aber für Sie übernehmen und veranlassen, daß Sie über den Apparat des Barkeepers verständigt werden, wenn es soweit ist.«
»Bitte, tun Sie das«, erwiderte Sorokin und warf einen Blick auf seine Armbanduhr. »Wie lange dauert es für gewöhnlich, bis ein Gespräch nach Ostasien zustande kommt?«
»Mit ein bis zwei Stunden werden Sie rechnen müssen.«
»Das käme gut aus«, entgegnete Sorokin wie zu sich selber und trat an den Tisch der Rezeption, um die Nummer zu notieren, mit der er verbunden werden wollte. »In Hongkong ist es jetzt fünf Uhr morgens.« Damit übergab er seine Notiz und ließ sich seinen Kabinenschlüssel geben.
Gordon Cooper legte nun hastig die letzten Stufen zurück und erweckte den Anschein, als komme er gerade vom A-Deck. »Herzlich willkommen!« begrüßte er seinen Tischpartner. »Die Ohren müssen Ihnen geklungen haben, so habe ich geflucht, als ich hörte, daß Sie nach Kairo gefahren sind, ohne mich mitzunehmen. Die Stadt muß ja irrsinnig interessant sein.«
Ivo Sorokin machte einen nervösen Eindruck. »Ich habe leider nichts von Kairo gesehen, da ich Verhandlungen zu führen hatte.«
»Ach, Sie waren geschäftlich unterwegs?« erwiderte Cooper, den Erstaunten spielend, und fügte mit gedämpfter Stimme hinzu: »Sagen Sie das nur nicht Miß Holstein. Sie wäre entsetzt. Irgend etwas werden Sie ihr ja über die Cheopspyramide erzählen können.«
Sorokin, der im ersten Moment verblüfft gewesen war, lachte plötzlich herzhaft. »Sitzt Ihnen Ayer-Itam immer noch in den Knochen?«
Cooper war wie erstarrt. »Sie kennen den Tempel?«
»Nein. Aber Sie erwähnten ihn, als Sie mir Ihren Disput mit Miß Holstein schilderten.«
Er muß ein Hirn wie ein Computer haben, dachte Cooper nicht ganz ohne Neid und erwiderte: »Richtig, ich erinnere mich. Ich habe mich übrigens eben mit Miß Holstein zu einem Drink verabredet. Hätten Sie Lust, uns Gesellschaft zu leisten?«
»Herzlich gerne, wenn Sie sich bereit erklären, meine Gäste zu sein«, antwortete Sorokin zuvorkommend. »Wir treffen uns in der Lounge, sobald ich mich frisch gemacht habe.«
Wenige Minuten später suchte Cooper die mit dem Gesellschaftsraum verbundene Bar auf, in der sich an diesem Abend nur wenige Gäste aufhielten. Die Hitze des Tages war für die meisten zu anstrengend gewesen. Patrice MacDonald saß freilich wie immer auf ihrem angestammten Hocker und unterhielt sich mit dem Chinesen Lim, dessen feingliedrige Hände beim Sprechen nie zur Ruhe kamen.
»Have a drink?« fragte sie Cooper und wies auf den freien Platz neben sich.
»Thank you, Madam«, erwiderte er und blieb neben ihr stehen. »Ich erwarte Miß Holstein.«
Sie lächelte ihn an und erkundigte sich hintergründig, ob es stimme, daß Ivo Sorokin mit der Grandezza eines Spaniers übergestiegen sei.
»Die Formulierung ist treffend«, antwortete ihr Cooper. »Haben Sie nicht zugeschaut?«
»Oah no! Mister Lim hat es mir erzählt.«
Der Chinese deutete eine springende Bewegung an und rief: »Heja – hupp!« Dann lachte er schallend.
»Das sollten Sie Mister Sorokin vorführen«, entgegnete Gordon Cooper mit eisiger Miene. »Er wird gleich kommen.«
Die Augen des Chinesen wurden zu Schlitzen. Seine Haut schimmerte plötzlich kalkig-grün.
Cooper sah die jähe Veränderung und grübelte verwundert über ihre Ursache nach.
Patrice MacDonald zündete sich eine Zigarette an. »Wenn Sorokin so spät noch in die Bar kommt, dann ist das eine kleine Sensation.«
»Die nicht eintreten wird«, fügte Cooper trocken hinzu. »Denn Mister Sorokin geruht in der Lounge Platz zu nehmen, wo ihm ein kleines Nachtmahl serviert wird.«
Seine Landsmännin lachte. »Sie sind aber gut im Bilde!«
Gordon Cooper lachte nun ebenfalls. »Weil Mister Sorokin Miß Holstein und mich gebeten hat, ihm noch für ein halbes Stündchen Gesellschaft zu leisten.«
Der Chinese warf einen Blick auf die Baruhr, die halb elf anzeigte. »Geben Sie mir einen Whisky«, wandte er sich an den Keeper.
Der schaute ihn fassungslos an. »Einen
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