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Roter Lampion

Roter Lampion

Titel: Roter Lampion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. C. Bergius
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wird die Armut natürlich anwachsen, aber gibt es Regierungen, die sich mehr für die Not des Volkes als für Waffen interessieren?«
    »Ihr Zynismus setzt mich in Verwunderung«, entgegnete Gordon Cooper.
    »Mit Zynismus hat das nichts zu tun«, widersprach Ivo Sorokin. »Es ist nun einmal eine Tatsache, daß sich die Welt um die Armen nicht kümmert, um Reiche aber bemüht. Soll ich diese Realität ignorieren? Mir werden die Aufträge nicht erteilt, weil man mir etwas zu verdienen geben will, sondern weil man Waffen nötig hat und weiß, daß ich notfalls auch eine halbe Milliarde Dollar in Bewegung setzen kann.«
    Cooper kniff die Augen zusammen. »Eine halbe Milliarde? Wie bewerkstelligt man so etwas?«
    Sorokin wechselte den Arm unter seinem Kopf. »Ich deutete in unserem ersten Gespräch bereits an, daß Finanzierungsangelegenheiten Sache meines Kompagnons Ah Boon sind. Er unterhält gute Verbindungen zur ›Bank of China‹.«
    Die Erwähnung des als Pekings verlängerter Arm bekannten Hongkonger Bankhauses ließ Cooper aufhorchen. Wurden die schier unglaublichen Beträge den Herren Sorokin und Ah Boon womöglich zur Verfügung gestellt, weil sich hinter ihrer Firma, der ›British Chinese Ex- and Import Company‹ eine Agentenzentrale befand? Cooper schob den Gedanken beiseite und erwiderte leichthin: »Ich bin gespannt, Mister Ah Boon kennenzulernen.«
    »Sie müssen das Ah kurz aussprechen, weil es sonst eine andere Bedeutung bekommt«, korrigierte ihn Sorokin und fügte erklärend hinzu: »Ah vor seinem Namen zu führen, ist nach chinesischen Begriffen eine Schande, denn Ah wird normalerweise vor den einsilbigen Namen eines niedrigen Dienstboten gesetzt. Als Mister Boon, dem früher ein bekanntes Schanghaier Exporthaus gehörte, nach Hongkong auswanderte und sich dort zunächst kümmerlich sein Geld verdienen mußte, rief man ihn Ah Boon, obwohl man wußte, wer er war. Chinesen können sehr herzlos sein. In jenen Tagen schwor er sich, das schändliche Ah beizubehalten und zu einer Art Auszeichnung zu erheben.«
    »Großartig!« entfuhr es Gordon Cooper.
    »Er ist wirklich ein großartiger Mann, wenn wir das Wort nicht auf seine Figur beziehen«, erwiderte Ivo Sorokin. »Mister Ah Boon ist nämlich klein und dünn wie eine Spindel. Na, Sie werden ihn ja nun kennenlernen. Haben Sie Ihren Flug schon gebucht?«
    »Ja, für Sonntag den Elften. Ich hoffe bis dahin die Unterlagen von Cogswell & Harris zu haben. Die deutsche Mexer AG hat bereits gekabelt, via Liechtenstein jede Menge liefern zu können.«
    »Well, dann erledigen Sie die Sache im besprochenen Sinne und sorgen Sie dafür, daß Mister Ah Boon den Betrag einplant. Übrigens wollte ich Sie noch bitten, meinem Kompagnon das Kennwort ›Roter Lampion‹ nicht zu nennen«, fuhr Sorokin nach kurzem Zögern fort. »Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie es vergessen würden.«
    »Wie Sie wünschen«, erwiderte Gordon Cooper.
    »Ich habe Mister Ah Boon inzwischen ja mehrfach telefonisch gesprochen und ihm ausführlich von Ihnen berichtet«, fügte Ivo Sorokin wie zu seiner Entschuldigung hinzu. »Das Kennwort war nur für den Notfall vereinbart.«
    Natürlich, dachte Cooper und wunderte sich darüber, daß Sorokin so viele Worte über diese Sache verlor.
    Wie auf dem Schiff, so nahm Cooper auch im Krankenhaus den Lunch gemeinsam mit Sorokin ein, der trotz seiner körperlichen und seelischen Belastung Stunde für Stunde konzentriert arbeitete und Gordon Cooper systematisch mit den Aufgaben vertraut machte, die er übernehmen und an seiner Stelle erledigen sollte. Und Cooper war ein gelehriger Schüler. Darüber hinaus hatte er den Ehrgeiz, Ivo Sorokin schnellstens zu entlasten und Ah Boons Gunst durch möglichst umfassende Sachkenntnis zu gewinnen. Der chinesische Kompagnon schien ihm die gefährlichste Hürde zu sein, die er noch zu nehmen hatte.
    Daß die Geschäfte der ›British Chinese Ex- and Import Company‹ korrekt und den bestehenden Bestimmungen gemäß abgewickelt wurden, war für ihn schon nach wenigen Tagen erkennbar gewesen. In dieser Hinsicht hatte er auch nichts anderes erwartet, und die für ihn außerordentlich günstige Entwicklung der Dinge hätte ihn eigentlich in eine Hochstimmung versetzen müssen. Wenn dies nicht der Fall war, so lag es an seinem Erlebnis mit Margit Holstein, das ihm mehr zusetzte, als er es wahrhaben wollte. Dabei war er nicht etwa eifersüchtig. Im Gegenteil, er gönnte Ivo Sorokin von ganzem Herzen, daß Margit Holstein

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