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Roter Lampion

Roter Lampion

Titel: Roter Lampion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. C. Bergius
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die aus einem Seiteneingang herausstürzte und sich zu einer Reihe gruppierte.
    »Die Dienerschaft«, sagte Lo Sung und grinste abfällig.
    Außer einem vollbärtigen Inder mit einem mächtigen Turban auf dem Kopf, der sein noch nie geschnittenes Haar verbarg, trug das gesamte Personal schwarze Kalikohosen und weiße Leinenjacken.
    Lo Sung stieg aus dem Wagen. »Ich Ihnen vorstelle«, sagte er zu Gordon Cooper gewandt und ging auf die Dienerschaft zu, die ihre Hände vor der Brust faltete und sich verneigte. Damit wies er auf ein altes Weib, dessen pergamentfarbene Haut voller Runzeln war. »Dies ist Lao Tai-tai, die ›ehrwürdige ältere Dame‹, der untersteht das Gesinde.«
    Cooper reichte ihr die Hand.
    »Das nicht tun!« zischte Lo Sung erschrocken und fuhr nunmehr hastig und ohne Pausen einzulegen fort: »Dies der Koch Tong, seine Frau Po, die Zimmermädchen Wan und Sen, der Wäscher Tschin, die Gärtner Ho und Long, der Boy Tim – er hält in Ordnung Ihre Kleidung – und der indische Chauffeur Rajan, ein Sikh, wie Sie sehen. Sikh immer tragen Turban, weil verstecken müssen Haare«, fügte er lachend hinzu.
    Gordon Cooper ließ sich nicht davon abhalten, jedem die Hand zu geben, sein Versuch jedoch, ein paar Worte anzubringen, scheiterte in fast allen Fällen, da nur der Boy und der Chauffeur die englische Sprache verstanden. Sein entgegenkommendes Verhalten aber entsetzte die Chinesen. Er hatte sein Gesicht verloren. Ein Herr, der sich herabläßt, ist kein Herr. Doch konnte man von einem ›roten Teufel‹ etwas anderes erwarten? Gewiß, Mister Sorokin war ebenfalls kein Chinese; er war aber ein Herr und ein ›Taipan‹ dazu.
    Nur einer fand Gefallen an Gordon Cooper: der Inder Rajan. Er hatte in der britischen Kolonialarmee gedient.
    Etwa zur gleichen Zeit, da Cooper sich anschickte, Ivo Sorokins Haus zu betreten, landete Lee Akira mit seiner ›Cessna i82‹ auf dem Flugplatz von Ipoh, wo er auf eine kleine Holzhalle zurollte, vor der ein malaiischer Mechaniker stand, der ihn einwinkte und die Arme kreuzte, als die Maschine ihren Abstellplatz erreichte.
    »Ich habe eine Stunde länger als sonst gebraucht«, sagte ihm Lee Akira, als er aus der Kabine herauskletterte und seine Wildlederjacke auszog. »Ein Gewitter nach dem anderen mußte ich umfliegen.«
    Der Mechaniker wies auf sich ballende Wolkentürme. »Dreimal hat es heute schon geduscht!«
    »An der Maschine keine Beanstandungen«, stellte Lee Akira sachlich fest und streifte seinen Rollkragenpullover über den Kopf. »Gib mir die Reisetasche.«
    Der Malaie reichte sie ihm vom hinteren Sitz des Flugzeuges.
    Lee Akira öffnete sie und zog ein hellblaues Leinenhemd heraus. »Verdammt schwül hier«, knurrte er dabei vor sich hin und stellte die Tasche auf den Boden. »Konntest du die drei verständigen?«
    »Bis auf Go Cho Hong, der nicht zu Hause war. Seine Frau gibt ihm aber Bescheid. Sie sagte, er würde bestimmt bis fünf Uhr zurück sein.«
    Lee Akira schlüpfte in das Hemd und knöpfte seine Hose auf. »Hast du den Wagen getankt?«
    »Bis oben hin.«
    »Okay«, erwiderte Lee Akira und angelte sich seine Manschettenknöpfe aus der Reisetasche. »Fahr den Wagen schon hinaus.«
    »Bereits geschehen«, entgegnete der Malaie. »Er steht hinter der Halle im Schatten.«
    Lee Akira stopfte seinen Pullover in die Reisetasche und übergab diese zusammen mit seiner Wildlederjacke dem Flugzeugwart, »Verstaue das Zeug.«
    Wenige Minuten später jagte Lee Akira mit seinem Jaguar-Coupé in Richtung Ipoh davon. Er hielt sich in der Stadt jedoch nicht auf, sondern durchfuhr sie auf kürzestem Wege, um so schnell wie möglich zu den Zinnminen seines Unternehmens zu gelangen. Je weiter er kam, um so gegensätzlicher wurde das Bild der Landschaft. Aus den im Osten gelegenen Bergen traten eigenartige rote, grüne und weiße Felspartien hervor, die an chinesische Aquarelle erinnerten, die Gegend aber, die er durchraste, war eine ›Landschaftsleiche‹. Immer wieder passierte er trostlos aussehende Erdlöcher von etwa fünfhundert mal dreihundert Meter Ausdehnung und zwanzig bis vierzig Meter Tiefe, in denen Zinn abgebaut worden war.
    In der Nähe einer dieser Minen ließ Lee Akira seinen Wagen am Straßenrand stehen und ging durch verkümmertes Strauchwerk auf eine Bauhütte zu, neben der Gußrohre gestapelt waren. Doch noch bevor er die Hütte erreichte, wurde ihre Tür geöffnet, und drei sonntäglich gekleidete Männer erschienen, die ihm lachend

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