Roter Lampion
los ist.«
»Es besteht überhaupt kein Grund zur Nervosität«, erklärte Lee Akira und steckte sich eine weitere Mandel in den Mund. »Erstens werdet ihr einen Darlehensvertrag abgeschlossen haben, der euch berechtigt, die sicherheitsübereigneten Aktien im Falle eines eintretenden Kursverlustes zu verkaufen, und zweitens stehen die ›Albion-Tin-Works‹ so gut, daß im letzten Geschäftsjahr fünfzehn Prozent Dividende ausgeschüttet werden konnte. Mir geht es heute nur darum, Land zu kaufen. Aber ich verstehe, daß ihr euch nicht bei den Aktionären und beim Unternehmen engagieren dürft. Das könnte ins Auge gehen, und darum wollen wir das Thema beenden.«
»Und was wirst du nun tun?«
»Den Betrieb mit eigenen Mitteln modernisieren und vorerst keine Felder kaufen. Mir bleibt ja nichts anderes übrig.«
»Ich würde genauso handeln«, erwiderte Aidah Rahman erleichtert und ahnte nicht, daß Lee Akira sein Ziel erreicht hatte.
Nach einem Flug von fast vier Stunden, auf dem Süd Vietnam vom Mekong-Delta bis in die Höhe von Binh Dinh über eine Stunde lang in 9000 Meter Höhe überflogen wurde und die Passagiere mit gemischten Gefühlen auf das leidgeprüfte Land hinabblickten, das wie ein pastellfarbenes Relief unter ihnen dahinzog, tauchte voraus die nach der ›Weihnachts-Bucht‹ benannte britische Kronkolonie ›Hong Kong‹ auf, deren wie Pilze aus der Erde schießende Wolkenkratzer gleich protzenden Kapitalisten an der Grenze des kommunistischen China stehen. Imposant und schockierend zugleich wächst ein Mischmasch von Millionärsvillen und Elendsbaracken den Hang zum Peak hinauf, der wie von der Räude befallen anmutet und nur noch im oberen Teil Platz für Pinien, Kampfer- und Banjanbäume bietet.
Mit Erstaunen gewahrte Cooper, daß Hongkong über keinen Flugplatz im eigentlichen Sinne des Wortes verfügt, sondern nur über eine Start- und Landepiste, die auf der Kowloonseite weit in die Bucht hineingebaut ist und trotz ihrer Länge nur schwer angeflogen werden kann, weil bei der zumeist herrschenden Windrichtung ein mit Hochhäusern bespickter Berg überflogen werden muß. Als Pilot konnte Gordon Cooper die Landemanöver der malaiischen Besatzung beurteilen, was zur Folge hatte, daß er völlig verkrampft in seinem Sessel saß.
Wenn ich das öfters mitmachen muß, werde ich krank, dachte Cooper mehr im Unterbewußtsein als in Wirklichkeit, als die ›Britannia‹ zum Abstellplatz gerollt wurde, von wo aus die Passagiere unter überdachten Gängen zur Abfertigungshalle gelangten.
»Mister Cooper! Mister Cooper!« rief plötzlich jemand mit merkwürdig spitzer und abgehackt klingender Stimme.
Gordon Cooper blickte in die Richtung, aus der der Ruf kam, und sah einen mittelgroßen Chinesen, an dem alles schwammig zu sein schien, obwohl er nicht korpulent war.
»Mister Cooper! Mister Cooper!« rief der Fremde erneut.
Gordon Cooper winkte notgedrungen zu dem Chinesen hinüber, dessen Gesicht wie eine Speckschwarte glänzte.
»Herzlich willkommen, Mister Cooper! Herzlich willkommen!«
Daß der Kerl nicht warten kann, bis ich die Abfertigung passiert habe, dachte Cooper peinlich berührt, lächelte aber zu dem Rufer hinüber, der Ah Boons Neffe sein mußte, von dem Ivo Sorokin ihm gesagt hatte: ›Er ist wie Schlamm: man kann ihn nicht greifen. Dennoch müssen Sie sich gut mit ihm stellen. Er ist Ah Boons vergötterter Liebling.‹
Mit gemischten Gefühlen reichte Cooper dem Chinesen die Hand, als die Abfertigungsprozedur endlich erledigt war und er zur Kofferausgabe gehen konnte. »Mister Lo Sung, wie ich vermute«, sagte er dabei und unterdrückte den Widerwillen, der in ihm aufstieg, als er eine Hand fühlte, die weich wie warmer Teig war.
Der Chinese strahlte. »Ja, ich Lo Sung, und nochmals Sie herzlich begrüße im Namen von Onkel Ah Boon, der sich freut, Sie zu empfangen morgen. Neun Uhr, er bittet. Jetzt ich Sie bringe nach Stanley zu Haus von Mister Sorokin. Dann wir fahren gut essen in Aberdeen und Schluß. Schlafen bis morgen. Einverstanden?«
»Mit allem!« erwiderte Gordon Cooper, obwohl ihm vor den nächsten Stunden graute. »Ich bin Ihnen sehr dankbar dafür, daß Sie sich so um mich kümmern.«
Lo Sung fuhr mit einem Tuch über seine schwammigen Wangen. »Entschuldigen Sie. Wir gleich bekommen Abkühlung. Spätestens in fünf Minuten. Fast man kann stellen die Uhr danach. Darum ich schnell hole Wagen vom Parkplatz und fahre vor. Sie dann kommen, wenn erhalten Koffer.
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