Roter Lampion
Frage an Sie. Woher wußten Sie, daß Mister Hawker sich hier aufhält?«
»Von der Rotterdamer Polizei, die es von Ihrer Schwester erfahren hatte.«
»Ich verstehe. Herrgott, ich könnte dem Kerl den Hals umdrehen!«
»Reden Sie ihm lieber ins Gewissen«, empfahl ihm der Polizeihauptmann. »Mister Lo Sung ist inzwischen vielleicht so liebenswürdig, dem Personal eine beruhigende Erklärung zu geben und ihm zu versichern, daß wir nur unsere Pflicht getan und niemanden hier verdächtigt haben.«
Das schwammige Gesicht des Chinesen glänzte plötzlich wie eine Speckschwarte. »Hah, gerne, sehr gerne ich werde beruhigen alle.« Damit eilte er zum Gesinde hinüber.
Cooper stieg indessen zu Bill Hawker in den Wagen und setzte sich so, daß sein Rücken dem Haus zugewandt war. »Nun pack mal aus, Schwippschwägerlein«, begrüßte er seinen Kollegen. »Was hat die Polizei festgestellt?«
»Verbindungsmann ist der Boy Tim. In seinem Schrank befindet sich ein Empfangsgerät mit gekoppelter Tonbandanlage und Bändern bis zu drei Stunden. ›Du gerne Musik?‹ hat ihn der seinen Raum kontrollierende Beamte gefragt, worauf unser bis dahin zitternder Freund strahlend antwortete: ›Ja, Mister, sehr viel mächtig Musik.‹«
»Mit dem Ergebnis habe ich gerechnet«, erwiderte Cooper bedauernd. »Tim ist ja derjenige, der genau weiß, wann man kommt, geht, et cetera.«
»Und wie hat Lo Sung reagiert, als er hörte, daß die Durchsuchung der Personalräume negativ verlief?«
»Nicht ein Gesichtsmuskel hat gezuckt!«
Bill Hawker konnte seine Enttäuschung nicht verbergen. »Verdammter Mist!« fluchte er wütend. »Ich glaube, die Affen hier haben sich alle eisern in der Gewalt. Traue dem Kerl nicht!«
»Das tue ich schon nicht. Mich bedrückt es natürlich ebenso, daß unsere Aktion kein voller Erfolg geworden ist.«
»Werde nicht unverschämt!« erwiderte Hawker grob. »Dank meines Geistesblitzes weißt du jetzt, was du wissen wolltest, ohne daß der geringste Verdacht erweckt wurde. Außerdem besteht noch die Möglichkeit, daß die Polizei einen getarnten Safe findet, in dem beispielsweise eine Liste mit den Namen von Geheimagenten liegen könnte.«
»Daran glaubst du doch selber nicht«, entgegnete Cooper, und er hatte recht damit. Dennoch sollte Hawkers Hoffnung durch einen ganz merkwürdigen Umstand zum Teil in Erfüllung gehen.
Bei der Hausdurchsuchung fielen Captain Collins in Sorokins Bad zwei Klingelknöpfe auf, deren Bedeutung er sich nicht erklären konnte. Der eine war unmittelbar unter einer über dem Waschbecken befindlichen Glasplatte angebracht, und der zweite befand sich neben der Badezimmertür an einer ebenso unsinnigen Stelle, dort nämlich, wo die Tür in ihren Angeln hängt. Das ist ja eigenartig, dachte er und betätigte versuchshalber einmal den einen, dann den anderen Knopf. Ohne Erfolg. Es ging weder ein Licht an, noch erschien jemand vom Personal. Daraufhin klingelte er ›Sturm‹. Wieder geschah nichts. Ein drittes Mal versuchte er sein Glück, wobei er die gut anderthalb Meter auseinanderliegenden Knöpfe, die er gerade noch mit zwei Fingerspitzen erreichen konnte, absichtslos zu gleicher Zeit betätigte. Im selben Moment ertönte ein leises Geräusch, und dann sah er zu seiner Verwunderung, daß sich der über dem Waschbecken angebrachte Spiegel wie eine Tür öffnete und einen schweren Wandsafe freigab.
Nicht schlecht, dachte Captain Collins, als er sich alles genau angesehen hatte und den Spiegel wieder zurückschwenken ließ. Die Spannweite der Arme eines Chinesen reicht nicht aus, um beide Knöpfe zugleich bedienen zu können.
Nachdem er sich noch die Rückseite der Mauer angesehen und festgestellt hatte, daß der relativ große Tresor in einem ›blinden‹ Betonschornstein untergebracht und verankert war, begab er sich zu Gordon Cooper, der mit Lo Sung vor dem Haus stand und alles tat, um einen bedrückten Eindruck zu erwecken. »Ja, meine Herren«, sage er an beide gewandt, »die Aktion ist beendet, und ich kann Ihnen melden, daß wir nichts gefunden haben. Es steht somit zu befürchten, daß der Verhaftete das Geld daheim an einem geheimen Ort versteckt hat.«
Gordon Cooper rieb erregt seine Hände. »Ist es unter den gegebenen Umständen möglich, daß meine Schwester…« Er unterbrach sich und warf Lo Sung einen bittenden Blick zu. »Würden Sie Verständnis dafür haben, wenn ich eine familiäre Angelegenheit mit dem Captain allein bespreche?«
»Selbstverständlich!«
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